19. März 2024

Corona-Update für Kuba (10): „Neue Normalität“ in Havanna

Nach zwei Monaten des Lockdowns kehrt Havanna im Oktober zurück in eine „Neue Normalität“. In den vergangenen Wochen haben die Fallzahlen der Hauptstadt wieder einstelliges Niveau erreicht. Jetzt geht es darum, eine Koexistenz mit dem Virus zu finden, ohne die Kontrolle zu verlieren, forderte Präsident Miguel Díaz-Canel. Seit Samstag verkehren in Havanna wieder Busse und Taxis, die nächtliche Ausgangssperre ist aufgehoben. Restaurants und Kinos haben mit halber Bestuhlung geöffnet, vom Rest des Landes bleibt die Stadt jedoch isoliert. Die meisten Neuinfektionen ereignen sich inzwischen in der Provinz Ciego de Ávila. Zwei Ausbrüche in Krankenhäusern haben dort seit Anfang September die Fallzahlen in die Höhe schnellen lassen.

Covid-19 Fälle auf Kuba vom 11. März bis einschließlich 1. Oktober: Akkumuliert (beige), aktive Fälle (rot) und tägliche Neuinfektionen (blau), (Quelle: Covid19-Dashboard Cuba)
  • Bis zum 1. Oktober wurden auf Kuba insgesamt 5718 Personen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet (+48 zum Vortag, darunter 27 in Ciego de Ávila und 13 in Havanna), 122 Personen sind an den Folgen des Virus gestorben. 6408 Personen befinden sich zur Gesundheitsüberwachung in medizinischen Einrichtungen, 5078 gelten als genesen. Die Anzahl der aktiven Fälle liegt damit bei 516 (siehe Grafik oben), und wieder etwas unter dem Stand von Mitte September (576). Am stärksten betroffen ist die Hauptstadt Havanna mit rund 60 Prozent aller bisher diagnostizierten Erkrankungen (3268 Fälle), gefolgt von Ciego de Ávila (632 Fälle) und Artemisa (373 Fälle). Innerhalb Havannas wurden im Stadtteil Arroyo Naranjo mit 337 Fällen die meisten Infizierten gemeldet, gefolgt von La Lisa (302 Fälle) und Habana del Este (287 Fälle).
  • Die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests beträgt rund 7500 pro Tag, die positiv-Rate lag zuletzt bei rund 0,7  Prozent. Am 9. September wurden aufgrund eines Ausbruchs in zwei Krankenhäusern der Provinz Ciego de Ávila ein lokaler Lockdown verhängt. Nach Ende des bis zum 30. September verlängerten Lockdown in Havanna wurden ab dem 1. Oktober in der Hauptstadt wieder viele Einschränkungen aufgehoben. Die Anzahl der aktiven Übertragungsereignisse hat sich dort von zeitweise mehr als 15 auf 5 reduziert. Im Rest des Landes gilt weiterhin Phase III im Lockerungs-Fahrplan, allerdings bleibt der Fernverkehr zwischen den Provinzen eingestellt. Der internationale Tourismus ist weiterhin auf die Hotels in den Cayos beschränkt, so lange sich nicht alle Landesteile mindestens in Phase II befinden.

Lockerung des Lockdowns in Havanna

Ausbruchsereignisse in Havanna zwischen dem 15. und dem 30. September (Quelle: Cubadebate)

Wie Havannas Gouverneur Reinaldo García Zapata erklärte, habe sich die Disziplin der Bevölkerung bei den Hygienemaßnahmen erhöht, was sich in einem Rückgang der Fallzahlen bemerkbar machte. Auch gingen die kritischen und schweren Verläufe seit August deutlich zurück, die Pandemie sei wieder unter Kontrolle. Der zuletzt am 15. September um zwei Wochen verlängerte Lockdown wird entsprechend angepasst, viele Maßnahmen entfallen. Wie die Behörden betonten, seien die Entscheidungen dabei ausschließlich nach epidemiologischen Kriterien getroffen worden und sollen ständig evaluiert werden. „Wir müssen in der Lage sein, in eine neue Normalität des Zusammenlebens mit der Krankheit überzugehen“, gab Präsident Miguel Díaz-Canel am Donnerstag als Ziel aus. Wie die Lokalzeitung „Tribuna“ berichtet, zeigten sich manche Habaneros besorgt über Schritte wie die Öffnung der Strände, andere freuten sich über die Rückkehr zu mehr Normalität und appellierten an das Verantwortungsbewusstsein der Bürger. Offiziell bleibt Havanna im Lockdown (das Drei-Phasen-Schema zur Normalität kommt noch nicht zur Anwendung), allerdings entsprechen viele Maßnahmen den von Juli bis Mitte August in Kraft gewesenen Lockerungen:

  • Was bleibt – Havanna unter Quarantäne: Das Betreten oder Verlassen der Stadt bedarf weiterhin einer Ausnahmegenehmigung, was wie gehabt an 12 Checkpoints entlang der Stadtgrenzen kontrolliert wird. Der Fernverkehr ist weiterhin (landesweit) eingestellt, private und öffentliche Feiern sowie andere Massenveranstaltungen (z.B. Konzerte oder größere Sportereignisse) bleiben untersagt. Auch der neue Bußgeldkatalog bei Verstößen gegen die Hygieneregeln bleibt in Kraft. Bisher sind rund 16.000 Bußgelder in Havanna verhängt worden.
  • Ende der Ausgangssperre: Die nächtliche Ausgangssperre zwischen 19 und 5 Uhr Morgens entfällt, ebenso wie die bisherige Regel, nach der nur im Stadtteil des Hauptwohnsitzes eingekauft werden darf. Autos und Fußgänger können sich zu jeder Zeit wieder frei durch alle Stadtteile bewegen.
  • Neue Stehplatzmarkierungen in den Bussen Havannas (Quelle: Mitrans)

    ÖPNV und Taxis verkehren wieder: Ab dem 3. Oktober wird das staatliche Busnetz auf allen Linien in Betrieb gehen, dabei soll die gesamte Flotte mit über 600 Fahrzeugen mobilisiert werden. Die Busse sollen zu 80 Prozent belegt werden, d.h. mit allen Sitzplätzen und einer limitierten Kapazität an Stehplätzen. Letztere werden mit entsprechenden Bodenmarkierungen angezeigt. Genossenschaftliche Routentaxis („Gazellas“) und private Taxifahrer dürfen ebenfalls wieder die Arbeit aufnehmen. Treibstoff soll wieder regulär verkauft werden.

  • Einzelhandel mit gewohnten Öffnungszeiten: Einzelhandel und Supermärkte, welche bisher um 16 Uhr schließen mussten, kehren nun wieder zu den üblichen Öffnungszeiten zurück. Dies gilt auch für private Betriebe. Auch die großen Einkaufszentren „Carlos III“ und „Cuatro Caminos“ sollen in den kommenden Tagen wieder ihre Pforten öffnen, allerdings mit Limits bei der Kundenzahl.
  • Geschäfte und Strände: Gastronomie und andere Serviceeinrichtungen (Kinos, Museen, Freizeitparks, etc.) können wieder öffnen, allerdings mit einer Obergrenze von 50 Prozent der vorgesehenen Kundenanzahl. Auch Strände und Schwimmbäder haben wieder offen, dürfen jedoch nur 30 Prozent der möglichen Besucher gleichzeitig empfangen. Ausgenommen sind Bars und Diskotheken, die weiterhin geschlossen bleiben.
  • Beginn des Schuljahres: Ab dem 15. Oktober sollen in allen Bildungseinrichtungen schrittweise entsprechende Hygienebedingungen geschaffen werden, mit denen die Schulen und Universitäten der Hauptstadt das Semester ab dem 2. November fortsetzen können.

Weitere Entwicklungen:

  • Ciego de Ávila vor dem „Peak“: nach den Ausbrüchen in einem Krankenhaus in der gleichnamigen Hauptstadt sowie in einer Klinik in Morón steht die Provinz Ciego de Ávila seit dem 9. September unter Quarantäne. Die Mehrzahl der neu gemeldeten Corona-Fälle stammt inzwischen aus dieser Provinz, während die Tendenz in Havanna weiterhin rückläufig ist. Vor kurzem wurde ein Expertenteam in die zentralkubanische Region entsandt, um die Erarbeitung und Umsetzung von Hygienemaßnahmen vor Ort zu unterstützen. Jene Epidemiologen gehen inzwischen davon aus, dass der Gipfel bei den Neuinfektionen demnächst erreicht wird und die Situation in den kommenden 10 bis 15 Tagen unter Kontrolle gebracht werden kann.
Der Onlinelieferservice „TuEnvio“ wurde über neue Lagerhäuser von den Supermärkten entkoppelt (Quelle: Granma)
  • „TuEnvio“ bekommt eigene Infrastruktur: Der Onlinehandel über die Plattform „TuEnvio.cu“ wurde unter neuem Dach mitsamt eigenen Lagerflächen runderneuert, was die Supermärkte entlasten und den Service effizienter machen soll. Über die Seite lassen sich Lebensmittel gegen eine Gebühr nach Hause liefern. Seit Beginn der Pandemie hatte die Plattform aufgrund der starken Nachfrage häufig mit Überlastung und Ausfällen zu kämpfen, was zu Beschränkungen bei den Bestellmengen geführt hat. Sie zählt inzwischen mehr als eine halbe Millionen Kunden. Zur Verstärkung sollen jetzt auch private Lieferanten unter Vertrag genommen werden. Nach dem Neustart will der im November 2019 gestartete Service des staatlichen Einzelhandelskonzerns „CIMEX“ in Havanna mindestens 2000 Bestellungen pro Tag abfertigen.
  • Neues Labor in Ciego: Als erstes von drei entsprechenden Vorhaben wurde am Freitag in der Provinzhauptstadt Ciego de Ávila ein neues Labor eingeweiht, in welchem PCR-Tests durchgeführt werden können. In Holguín und Matanzas befinden sich zwei weitere medizinische Labore im Bau.
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3 Gedanken zu “Corona-Update für Kuba (10): „Neue Normalität“ in Havanna

  1. Angesichts der Tatsache, daß die kubanische Regierung plant, den CUC abzuschaffen, sollte darüber Klarheit hergestellt werden, daß man diese Währung auch in der Zukunft entweder normal verwenden, oder seriös eintauschen kann….ansonsten wäre das eine illegale Enteignung!

    1. Sie haben in Statements immer weider bekräftigt, dass Ersparnisse (sowohl in Cash als auch auf dem Konto) sicher sind. D.h. man kann mit Vorsicht davon ausgehen, dass es eine ausreichende Umtauschfrist zum alten Wechselkurs geben wird und die Konten automatisch umgewandelt werden.

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