18. April 2024

Parlamentssitzung in Kuba am 23. Juli – Veränderungen auf dem Weg?

Die letzte Sitzung des kubanischen Parlaments, Dezember 2011.

Am 23. Juli findet in Havanna die 9. Sitzung in der 7. Legislaturperiode (2008-2013) des kubanischen Parlaments statt, kündigte heute Ricardo Alarcon, der Präsident des kubanischen Parlaments an. Dieser kam wohl gerade von einem Treffen in Luanda mit Joao Manuel Gonalves Louren, seinem angolanischen Amtskollegen zurück. Dort wurden Fragen der bilateralen Verhältnisse beider Länder diskutiert, die eine lange Tradition haben und auf die Unterstützung des angolanischen Unabhängigkeitskampfes durch Kuba in den 1970er Jahren zurückgehen. Alarcon hob die „exzellenten“ Beziehungen beider Länder hervor. Das Treffen kam durch eine Einladung der Angolaner vom November 2011 zustande.

Übrigens stand während des Treffens auch ein Besuch der Anlagen der angolanischen Ölfirma SONANGOL auf dem Programm, was, wie bereits berichtet wurde, angesichts der angolanischen Beteiligung an den Tiefseebohrungen vor Kubas Küste nicht ganz uninteressant für die Kubaner sein dürfte. Doch das ganze Treffen wäre nicht halb so spannend, hätte Alarcon nicht einige Themen der kommenden Parlamentssitzung vorweggenommen. Dort soll über die Aktualisierung des kubanischen Wirtschaftsmodells, die Energiesituation, Gesundheit, Bildung sowie über Außenpolitik und andere Dinge beraten werden, wie bereits in der offiziellen Meldung zu lesen war. Auch andere neue Meldungen lassen vermuten, dass die Fortführung der wirtschaftichen Reformen wieder auf der Agenda steht.

Neulich erst wurde veröffentlicht, dass derzeit etwa 387.000 Kubaner im Privatsektor beschäftigt sind, mit 25.000 Zuwachs allein in diesem Jahr bis Juni. Bis Ende des Jahres sollen es Mindestens 500.000 werden. Das wäre allerdings bei der bisherigen Wachstumgsgeschwindigkeit nicht erreichbar, da die Zahl der selbständigen seit Ende April nur um magere 1.200 gestiegen ist. Selbst wenn es noch einmal 25.000 in der zweiten Jahreshälfte würden, gelänge es nicht, die Zahl von 500.000 zu erreichen.

Neue Maßnahmen müssen also her, um die Ziele zu erreichen. Das berüchtigte Genossenschaftsgesetz, welches die Bildung kleinerer und mittlerer Genossenschaften ermöglichen soll und sich bereits seit geraumer Zeit in der Erprobung befindet, könnte bevorstehen, denn es soll nach Angaben des kubanischen Ökonomen Everleny Pérez noch dieses Jahr verabschiedet werden. Passend zu den aktuellen Ereignissen fand in Havanna auch ein Kongress über Rechnungswesen statt, bei dem Probleme in der Buchhaltung mit Blick auf die kubanische Wirtschaft und wohl auch auf die kommende Parlamentssitzung diskutiert wurden, bei der sich die Abgeordneten schon im Vorfeld in thematischen Arbeitsgruppen beraten werden.

Alarcon verriet immerhin etwas und sagte den Angolanern, dass neue steuerliche Stimulanzen für die Privaten geschaffen werden sollen, ein neues Gesetz hierzu „will be passed soon“. Es dürfte also spannend bleiben, was auf der Sitzung nun wirklich konkret verabschiedet wird, aber etwas wird definitiv kommen. Raúl wird vorher allerdings noch China und Vietnam einen Besuch abstatten, der auch mit Hinblick auf die Parlamentssitzung interessant sein könnte. Es ist Raúls erster Besuch in China seit seiner Amtseinführung 2008 und ist daher nicht unwichtig für beide Länder. China ist Kubas zweitgrößter Handelspartner nach Venezuela, der jährliche Handel beträgt 1,8 Milliarden US$ (2010). Einige Analysten vermuten auch, dass Raúl sich Ratschläge für die Reformen in Kuba einholt. Immerhin hat der vietnamesische Generalsekretär Nguyen Phu Trong bei einem Treffen mit Fidel Castro im April dieses Jahres schon einmal von den Schwierigkeiten Vietnams bei diesem Prozess berichtet. Was nun konkret von vietnamesischen oder chinesischen Ideen übernommen wird ist allerdings fraglich, zumal die Ziele und Voraussetzungen beider Länder doch stark von denen Kubas abweichen.

Die Sitzung der Nationalversammlung wird zeigen, welchen Schritt Kuba als nächstes geht, insbesondere ein neues Genossenschaftsgesetz wäre ein realistisches Etappenziel.

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