25. April 2024

Asienbesuche und Wahlen

Am 4. Juli begann Raúl Castro die erste Asienreise seiner Amtszeit und flog zuerst nach China und dann nach Vietnam, um die bilateralen Beziehungen zu verbessern und Handelsverträge zu erneuern. Aus ökonomischer Hinsicht war insbesondere der Besuch in China für Kuba sehr lohnenswert. Die Chinesen stellten einen „free of interest“ Kredit zur Modernisierung des kubanischen Gesundheitswesens zur Verfügung. Außerdem soll die Kooperationen im Gesundheitswesen, dem Finanzsektor sowie in technologischen Bereichen ausgeweitet werden.

Die Beziehungen beider Länder sind traditionell gut, da Kuba bereits 1960 die VR China als erstes Land in Lateinamerika überhaupt anerkannte. Zwar trübte das innige kubanisch-sowjetische Verhältnis die Beziehungen zu China während des Kalten Krieges etwas ein, dies hat sich allerdings sehr schnell in den 1990er Jahren wieder geändert. Heute ist China nach Venezuela Kubas zweitwichtigester Handelspartner, das jährliche Handelsvolumen beträgt 1,8 Milliarden US$. Auch mit Blick auf die aktuellen Reformen in Kuba könnte die Delegation einiges an Wissen mitbringen, immerhin unterhielt sich Raúl nicht nur mit seinem Amtskollegen Hu Jintao, sondern traf sich ebenfalls mit dem Premierminister Wen Jiabao, Vizepräsident Xi Jinping sowie Vize-Premier Li Keqiang. Dass dort über die wirtschaftlichen Probleme in Kuba sowie die chinesischen Reformen gesprochen wurde, kann als wahrscheinlich gelten.

In Vietnam, wo die Delegation am Samstag eintraf, wurden keine Wirtschaftsverträge unterzeichnet, allerdings in Hanoi noch einmal die guten Handelsbeziehungen und das steigende Exportvolumen kubanischer Medikamente hervorgehoben. Auch zu Vietnam herrscht ein gutes Verhältnis, denn die während des Vietnamkrieges von Kuba geleistete Solidarität wurde nicht vergessen. Vietnam ist derzeit Kubas größter Reislieferant, das Handelsvolumen beider Länder betrug 269 Mio US$ im Jahr 2010. Die vietnamesischen Medien würdigten den Besuch als einen „signifikanten Meilenstein“. Der Besuch endete mit einer Kranzniederlegung für Ho Chi Minh, den Raúl Castro noch persönlich kannte.

Einen Tag nach Reiseantritt der Delegation, am 5. Juli, hat der Staatsrat Kubas die alle zweieinhalb Jahre stattfindenden Wahlen für die Municipios und Provinzparlamente auf den 21. Oktober dieses Jahres gelegt. Parlamentspräsident Ricardo Alarcon beteuerte auch einen Tag darauf, dass das politische System Kubas die größte Errungenschaft der Revolution sei. Zensus und Wahlen werden also demnächst in Kuba anstehen, allerdings erfolgt im Juli noch eine Sitzung des Parlaments, bei der neue Gesetze verabschiedet werden. Es könnte ein „heißer Herbst“ für Kuba werden, denn die Anzeichen für weitere Veränderungen verdichten sich.

Kaum bemerkt wurde beispielsweise die Wiedereinführung der 2008 in Folge der Hurricanes ausgesetzten Importzölle auf Lebensmittel. Eine neue Einfuhrgebühr auf Artikel für den Privatgebrauch im Wert von über 50 CUC soll im September in Kraft treten. Bisher haben die im Juni wiedereingeführten Importzölle auf Lebensmittel zu einer Knappheit an Nachschub für viele private Restaurants geführt. Viele Gewürze und andere Lebensmittel müssen aus Florida importiert werden und sind von nun an nicht mehr erschwinglich. Dies könnte sich im September noch verschärfen, denn viele Privatbetriebe sind auf allerlei Konsumgüter und Geräte angewiesen.

Diese Gesetze allerdings sollen die Binnenproduktion ankurbeln und Importe verringern, insbesondere die Landwirtschaft soll zu mehr Ernährungssouveränität beitragen. Und zudem verhindern sie massenhafte Importe von westlichen Luxusgütern, die derzeit noch in so manchem der neuen Privatgeschäfte unter der Hand verkauft werden. In der aktuellen Arte-Reportage vom 7. Juli wird dieses Thema dargestellt: Eine Privatunternehmerin hatte als Cafeteriabetreiberin keinen Erfolg und arbeitet nun offiziell als Schneiderin. Tatsächlich verkauft sie allerdings in ihrer Wohnung westliche Kleidung die sie von einem Vermittler erhält, für den allein sie 25 CUC Gebühr bezahlt. Dem massenhaften auftreten solcher Schiebereien und krimineller Tendenzen im Privatsektor soll mit der neuen Importgesetzgebung sicherlich auch ein Riegel vorgeschoben werden.

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