28. März 2024

Der Kampf gegen Korruption und Schlendrian

Ministerrat-10-05-2013
Sitzung des kubanischen Ministerrats am 10. Mai 2013 in Havanna (Foto: Granma).

Vergangenen Freitag trat in Havanna der kubanische Ministerrat zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr zusammen, bei der es vor allem um Probleme wie Korruption, Misswirtschaft und die Notwendigkeit der sparsamen Ausnutzung der vorhandenen volkswirtschaftlichen Ressourcen ging, wie Präsident Raúl Castro zu Beginn betonte: „Das Sparen ist die Haupteinahmequelle, welche unserer Wirtschaft zu Verfügung steht.“, wird er in der Granma zitiert.

Abermals betonte Raúl die Notwendigkeit von Arbeitsdisziplin und guter fachlicher Ausbildung. Durch die oben genannten Probleme würden Verluste in Millionenhöhe entstehen, welche sich vor allem beim Investitionsprozess und in allen Sektoren der Wirtschaft bemerkbar machten. Der Minister für Planung, Adel Y. Rodríguez, kündigte die Vereinheitlichung der gesetzlichen Vorschriften für Investitionen an, was zu mehr Effizienz beitragen soll. Derzeit ist vor allem die Gesetzeslage für Joint-Ventures mit ausländischen Firmen inkohärent in mehreren Gesetzen geregelt, die mehrheitlich aus der Mitte der 1990er Jahre stammen. In Zukunft soll es einen integralen Investitionsplan geben.

Auch der Zustand des Anlagevermögens in der Industrie wurde analysiert: Bereits vor 1990 war die Metallindustrie der Insel unterfinanziert, heute ist ihr Zustand aufgrund fehlender Wartung und veralteter Ausrüstung weitaus problematischer. Aus einer Erhebung von 58.000 Betriebsmitteln in mehr als 2.000 verschiedenen Betrieben geht hervor, dass die Mehrzahl von ihnen in schlechtem Zustand und veraltet sind, lediglich 30% werden genutzt. Zudem ist die Computerisierung und Entwicklung in vielen Firmen wenig fortgeschritten. Der desaströse Zustand der herstellenden Industrie in Kuba ist vor allem auch deshalb problematisch, weil heute Produkte importiert werden müssen, die früher noch im Land selbst hergestellt wurden. Für diese Importe wurden im Zeitraum 2001-2010 bereits 680 Millionen US$ ausgegeben. „Die Lösung kann nicht sein, Produkte die wir selbst herstellen können im Ausland zu suchen.“, sagte Raúl Castro während der Sitzung.

Deshalb wurde die bessere Ausnutzung und Reorganisation des vorhandenen Maschinenparks in die Wege geleitet, außerdem werden Möglichkeiten für die Zusammenarbeit und Verknüpfung von staatlichen und nicht-staatlichen Betrieben erarbeitet, auch um durch lokale Produktion die Kosten zu senken. Durch einige Neuerungen die in Richtung Priorisierung von Zuteilungen weisen, soll die weitere Verkleinerung des Maschinenparks verhindert werden. Auch wurde die Überprüfung und Überarbeitung von Gesetzen und Vorschriften angekündigt, die die Sanktionierung von Regelverstößen und Korruption im staatlichen und nicht-staatlichen Sektor betreffen. Grob gesagt wird hier juristisches Feintuning am bisher gültigen betrieben, um in der Konzeption nicht bedachte praktische Unzulänglichkeiten zu überwinden. Zum Beispiel müssen jetzt staatliche Immobilien vor der Vermietung an Privatgeschäfte registriert werden, damit auch die anderen Maßnahmen wie die Baukredite greifen können.

Marino Murillo, Vorsitzender der Kommission zur Umsetzung der Leitlinien des VI. Parteitags, berichtete auf der Sitzung von „seinem“ Projekt, die Landwirtschaft in den neugeschaffenen Provinzen Artemisa und Mayabeque sowie der Stadt Havanna voranzutreiben. Hierfür wurden verschiedene Anbauprodukte für die Vermarktung an Dritte freigegeben, bisher war die staatliche Agentur „Acopio“ der fast ausschließliche Abnehmer.
Durch die freie Vermarktung entfallen nun staatliche Zwischenhändler, was den Absatz und die Effizienz steigern soll. Auch über die Einrichtung eines Großhandels für landwirtschaftliche Produkte in Havannas Stadtteil „Boyeros“ wurde berichtet, dort sind nun erstmals solche Produkte für staatliche und nicht-staatliche Gewerbetreibende erhältlich.

Der Finanzprüferin Gledys Bejerano zu Folge funktioniert die interne Kontrolle nun „ohne Zweifel in den letzten Jahren besser“. Dennoch machen die Schulden von Betrieben dem kubanischen Staatshaushalt noch immer zu Schaffen. Im kleinen Stil gibt es jedoch noch allerlei Probleme, die auf der Sitzung zur Sprache kamen: So wird beispielsweise an vielen staatlichen Tankstellen und anderen Einrichtungen Benzin abgezweigt und illegal für 60% des offiziellen Preises weiterverkauft. Dieses Problem ist keineswegs neu, es wurde bereits im 2005 erschienen Gespräch Fidel Castros mit Ignacio Ramonet erwähnt. Dieser wollte es mithilfe von Sozialarbeitern und stärkeren Kontrollen lösen. Letzteres wird vom zuständigen Minister auch heute gefordert, ebenso wie die Modernisierung der Ausrüstung und Abgabestationen. Jedoch könnte das Problem dahinter größer als geschildert sein, immerhin kursieren seit einigen Tagen Gerüchte um die Verhaftung einiger Verantwortlicher der staatlichen Tankstellenkette CUPET.

Um privaten Transportunternehmen die Existenz weiterhin zu ermöglichen, wird nun der Benzinkauf für sie vereinfacht. Am Ende der Sitzung wurde der im letzten Jahr erhobene Zensus angesprochen, dieser würde derzeit ausgewertet und fristgerecht am 30. Juni veröffentlicht werden.

Insgesamt also eine Menge Detailarbeit, die hier geleistet wurde. Im Wesentlichen dürfte es derzeit um die Optimierung und Steigerung der industriellen Kapazitäten gehen, um in Zukunft stärker exportieren zu können. In diese Richtung weist auch ein heute erschienener Artikel, in dem ein Plan bis 2015 zur Steigerung und Diversifizierung der Exporte erklärt wird. Derzeit werden 80% der kubanischen Exporterlösen von acht Produtken erzeugt. Künftig wird jedes exportierende Unternehmen, je nach Kosten und Bedarf des Rohmateriales, einen bestimmten Anteil der Exporterlöse für sich behalten um in neue Produktionsmittel zu investieren. „Wenn diese Maßnahmen korrekt umgesetzt werden, werden wir in kurzer Zeit eine Erhöhung der Deviseneinnahmen und die Modernisierung des Industrie- und Technologieparks in Kuba sehen.“, schreibt die Agentur ACN. Ein ehrgeiziges Ziel, angesichts der Ausgangslage. Wenn allerdings die jetzigen Aktionen in beide Richtung greifen – bessere Nutzung vorhandener Ressourcen einerseits, Diversifizierung von Exporten und Anschaffung neuer Maschinenparks andererseits – dann könnte diesen Worten durchaus ein realer ökonomischer Erfolg folgen.

Hilfe bekommt Kuba dabei gerade aus Brasilien: Am 6. Mai meldete die Agentur Reuters, dass das Land 6.000 kubanische Ärzte in armen Gegenden beschäftigen will, was einer Steigerung der kubanischen Ärztepräsenz im Ausland um gut ein Drittel gleichkäme. Desweiteren vergab die brasilianische Entwicklungsbank BNDES einen Kredit über 176 Millionen US$ zur Modernisierung der Flughäfen in Havanna, Santa Clara, Holguín, Cayo Coco und Cayo Largo – was den touristischen Schlüsselsektor zusätzlich beflügeln sollte.“Die große Schlacht gegen unsere Einschränkungen und Defizite“, wie der Titel des Eingangs erwähnten Granma-Artikels lautet, muss jedoch erst gewonnen werden, um einen nachhaltigen Aufschwung einzuleiten.

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