29. März 2024

Corona-Update für Kuba (2): Einzelhandel und Transport gehen in den „Shutdown“

Die Anzahl der Covid-19 Erkrankten auf Kuba steigt weiter. Die langen Schlangen vor den Geschäften gelten als eines der Hauptprobleme bei der Verhinderung von Neuinfektionen, wie Vertreter des Gesundheitsministeriums zuletzt immer häufiger betonten. Jetzt hat die Regierung mit neuen Maßnahmen reagiert, die den Einzelhandel und Transportsektor betreffen. Beide Bereiche werden ab morgen in eine Art Notbetrieb umstellen, welcher den Kontakt im öffentlichen Raum drastisch reduzieren soll. Dabei könnte der Onlinehandel, der auf Kuba noch in den Kinderschuhen steckt, von einem Aufschwung profitieren. Erstmals wurden gestern auch die offiziellen Modellierungen des Gesundheitsministeriums über mögliche Szenarien zum weiteren Verlauf der Pandemie auf der Insel veröffentlicht.

  • Bis zum 9. April wurden auf Kuba insgesamt 564 Personen positiv auf das neuartige Coronavirus getestet (+49 zum Vortag), 15 Personen sind an den Folgen des Virus gestorben. 1867 Personen stehen unter Quarantäne, 51 gelten als geheilt. Die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests konnte seit einer Woche auf nun durchschnittlich über 1000 Tests pro Tag gesteigert werden. Von den 49 neu positiv getesteten Personen waren 26 asymptomatisch, sie wurden als Kontaktpersonen zu bekannten Fällen idenztifiziert. Am stärksten betroffen ist weiterhin die Hauptstadt Havanna mit 32 Prozent aller Infizierten.
    → Weitere Zahlen und Daten im offiziellen „Covid-19 Dashboard“ für Kuba.
  • Auch Kuba beteiligt sich an der weltweiten Forschung zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen das SARS-CoV-2-Virus. Derzeit würden vier mögliche Impfstoff-Designs erarbeitet, welche „zügig“ an Tieren getestet werden sollen, erklärte der Leiter des staatlichen Pharmakonzerns „BioCubaPharma“, Eduardo Martínez Díaz. Weitere Details über Wirkmechanismen und Art der Impfstoffe wurden nicht bekannt.
  • Kuba hat gestern erstmals die offiziellen nationalen Modellierungen über den weiteren Verlauf der Epidemie veröffentlicht. Es wurden drei Szenarien entwickelt. Der Höhepunkt der Infektionen wird nach allen drei Szenarien für die erste Maihälfte erwartet. Während beim mittleren Szenario von 2000 Fällen ausgegangen wird, sind es im „worst-case“ etwa 4500. Allen Szenarien zugrunde liegt die verschieden geglückte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen samt der unten geschilderten Erweiterungen über einen Zeitraum von vier Monaten. Die aktuelle Entwicklung verlaufe derzeit zwischen dem mittleren und dem „worst-case“-Szenario.

Weitere Entwicklungen:

  • Neue Maßnahmen gegen Schlangen im Einzelhandel: wie die Ministerin für Binnenhandel gestern in der allabendlichen Informationssendung „Mesa Redonda“ (span.: „runder Tisch“ ) ankündigte, stehen noch in dieser Woche umfassende Veränderungen beim Einzelhandel bevor. Sie haben das Ziel, die zuletzt immer länger gewordenen Schlangen, vor allem für Hühnchen und andere Lebensmittel, zu beseitigen und damit eines der bisherigen Hauptinfektionsrisiken zu minimieren:
    • Alle Supermärkte verkaufen ab sofort nur noch Lebensmittel und Hygieneprodukte. Läden mit anderem Sortiment werden auf diese beiden Kategorien umstellen. Zudem sollen alle verfügbaren Produkte auch an allen Kassen verkauft werden (bisher wurden z.B. Tiefkühlprodukte in kubanischen Supermärkten häufig an eigenen Kassen abgerechnet). Ausgenommen sind die im Oktober eingeführten Dollar-Läden.
    • Um die Verkäufe zu beschleunigen werden einzelne Produkte zu Warenkörben zusammengefasst. Vereinzelt sollen in Havanna neue Verkaufsstellen auf der Straße und in den Betrieben eingerichtet werden.
    • Die größten Supermärkte Havannas sind seit heute geschlossen, hierzu zählen: Cuatro Caminos, Carlos III, La Época, La Puntilla, 3ra y 70 und 5ta y 42. Entsprechende Maßnahmen in anderen Provinzen werden zur Zeit evaluiert.
    • Der Verkauf von Alkohol in gastronomischen Einrichtungen wurde verboten, diese müssen zudem jetzt um 20 Uhr schließen. Geschäfte, die bisher rund um die Uhr geöffnet haben dürfen maximal für 12 Stunden öffnen.
    • Der Onlinehandel, welcher die Lager von 13 Läden mit der Plattform „TuEnvio“ verbindet, soll schnell ausgebaut werden. Bargeldloses bezahlen per Smartphone wird mit bis zu 10 Prozent Rabatt gefördert.
  • ÖPNV wird landesweit eingestellt: Bereits Ende März wurde der Fernverkehr auf der Insel zum Erliegen gebracht. Ab Morgen wird auch der komplette Nahverkehr herunterfahren. Dies betrifft sowohl den ÖPNV in den Städten als auch regionale Bus- und Zugverbindungen. Private Transportdienstleister, deren Lizenz vorübergehend ausgesetzt ist, müssen während des Shutdowns keine Steuern bezahlen. Viele Arbeiter wurden inzwischen in die Ferien bzw. wenn möglich ins Home-Office geschickt. Wer noch zur Arbeit muss, wird per Werktransport befördert.
Teile von Havannas Stadtteil Cerro sind seit heute in sozialer Isolierung (Quelle: Cubadebate)
  • Weitere Isolierung von Stadtteilen: Kuba versucht im Rahmen der Rückverfolgung von Infektionsketten lokale Hotspots auszumachen und gezielt einzudämmen. Zur Identifizierung der Risikozonen werden neben demographischen Angaben auch Bewegungsdaten von Mobiltelefonen ausgewertet. Nachdem vergangenen Freitag bereits Teile von Havannas Stadtteil Vedado in „soziale Isolierung“ gegangen sind kam am Mittwoch ein weiteres Gebiet im Stadtteil Cerro hinzu. Soziale Isolierung bedeutet auf Kuba, dass der öffentliche Raum nur noch für Einkäufe und den Gang zur Arbeit betreten werden darf. Entsprechende Gebiete dürfen nur noch über ausgewiesene Ein- und Ausgangsschleusen betreten oder verlassen werden. Es finden verstärkte Polizeikontrollen statt. Die Zone „Naranjal“ in der Provinzhauptstadt Matanzas steht seit heute als erstes Gebiet in Kuba unter strikter Quarantäne, d.h. die Bewohner müssen ständig in ihren Wohnungen bleiben und werden über die staatlichen Massenorganisationen mit Lebensmittelpaketen versorgt.
  • Keine Demo am 1. Mai: die weltweit größte Demonstration zum Tag der Arbeit mit sonst rund 700.000 Teilnehmern wird dieses Jahr nicht stattfinden. Stattdessen soll es Online-Kundgebungen und andere Aktionen im Netz geben.
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