16. April 2024

Was bringt die Währungsreform für ausländische Investoren?

Die 2014 eröffnete Sonderwirtschaftszone Mariel soll weiter wachsen (Quelle: ACN)

Kubas größte Handelsmesse FIHAV musste dieses Jahr Corona-bedingt zum Online-Event umfunktioniert werden. Die Neuerungen, welche Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca dort vorzustellen hatte, fielen dafür umso bemerkenswerter aus. In einer Sondersendung zur Währungsreform wurden nur wenige Tage später weitere Änderungen für Investoren angekündigt, die ab dem 1. Januar in dem Sektor gelten. Was hält das Jahr 2021 für Joint Ventures und ausländische Betriebe auf Kuba bereit?

→ In einer mehrteiligen Serie hat „Cuba heute“ bereits die mit der Währungsreform anstehenden Veränderungen für Privathaushalte und Unternehmen beleuchtet (Link zu: Teil 1, Teil 2, Teil 3). Last but not least sollen in diesem Artikel die elementaren Neuerungen für Investoren vorgestellt werden.

Die wohl wichtigste Änderung in Zusammenhang mit der Währungsreform betrifft die Bezahlung der Arbeitskräfte in ausländischen Unternehmen und Joint Ventures. Diese müssen weiterhin über eine staatliche Vermittlungsagentur angestellt werden, allerdings wird diese künftig nicht mehr den Löwenanteil des Lohns als Gebühr einbehalten. Bisher wurden dort zur Entlohnung kubanischer Arbeiter Devisenwährungen mit einem Kurs von 1:2 verrechnet: Bezahlt ein Betrieb beispielsweise 500 Euro als Lohn, erhält der Angestellte 1000 Pesos (34 €). Die übrigen 93 Prozent werden von der Agentur an den Staatshauhalt weitergegeben, weswegen sich trotz diverser Stimuli-Systeme in CUC die Lohnkosten auf Kuba für Investoren auf hohem Niveau bewegen.

Höhere Löhne dank einheitlichem Wechselkurs

Um Investitionen attraktiver und rentabler zu gestalten, galt in der Sonderwirtschaftszone von Mariel (ZEDM) seit ihrer Eröffnung 2014 von Anfang an ein anderer Kurs von 1:10. Dortige Angestellte bekommen also mit dem Rechenbeispiel von 500 € durch die Firma einen Lohn von 6100 Pesos ausbezahlt (207 €). Mit der Währungsreform wird jetzt für ausländische Unternehmen überall der offizielle Wechselkurs von 1:24 gelten. Überweist ein Joint-Venture oder ein ausländischer Betrieb 500 € an die Agentur, erhält der Beschäftigte ab dem 1. Januar die vollen 14.600 Pesos. Damit können ausländische Firmen „mehr an ihre Arbeiter zahlen und müssen zugleich weniger Devisen ausgeben“, wie Malmierca erklärte. Der Minister betonte, dass die Agenturen anders als bisher keine Gewinne mehr einfahren sollen, sondern sich als Dienstleister verstehen werden. Aktuell arbeiten mehr als 40.000 Kubaner in ausländischen Unternehmen, die ab dem kommenden Jahr mit deutlich attraktiveren Löhnen rechnen dürften.

Der neue einheitliche Wechselkurs solle zugleich die Zusammenarbeit zwischen ausländischen Unternehmen und kubanischen Betrieben erleichtern, indem ein „transparentes und stabileres makroökonomisches Umfeld geschaffen wird“ und Verzerrungen in der Buchhaltung beseitigt werden, so Malmierca. Betriebe in der Sonderwirtschaftszone von Mariel müssen ihre Geschäfte untereinander künftig in Pesos abwickeln. Joint-Ventures und ausländische Betriebe dürfen wie gewohnt Konten in Devisenwährungen unterhalten und sollen verstärkt mit Staatsbetrieben in Beziehung treten können, die kommendes Jahr erstmals weitgehend autonom über ihre Devisenbestände verfügen können und die Möglichkeit erhalten, sich über Exporte und Verkäufe in Mariel zu rekapitalisieren.

Neues Portfolio erweitert Investitionsmöglichkeiten

Bei der Vorstellung des neuen Investitionsportfolios 2020/21 gab Malmierca weitere Neuerungen bekannt. So werden in den Bereichen Tourismus, Biotechnologie, Pharmazie und Großhandel künftig erstmals explizit Joint Ventures mit ausländischer Mehrheitsbeteiligung akzeptiert. Bisher war Usus, dass die kubanische Seite mindestens zu 50 Prozent an den gemischten Betrieben beteiligt ist (obwohl die Gesetze dies nicht vorschrieben). Diese Regel gilt weiterhin bei Investitionen zur Ausbeutung von Bodenschätzen und in öffentliche Dienstleistungen.

Kuba veröffentlichte jüngst das jährliche Update des Investitionsportfolios (Quelle: MINCEX)

Der neue Ausschreibungskatalog (→ Cartera de Oportunidades) für den Zeitraum 2020/21 umfasst insgesamt 503 Projekte mit einer Gesamtsumme von 12 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr kamen 43 Projekte hinzu, die sich vor allem in den Sparten Tourismus, Energie, Baugewerbe, Medikamentenproduktion und Dienstleistungen finden. Dieses Jahr sind erstmals gezielt kleinere Projekte ausgeschrieben worden, mit denen neue Investitionsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) geschaffen werden sollen, so Malmierca. Im Rahmen der im Sommer vorgestellten neuen Wirtschaftsstrategie will das Land künftig verstärkt Kapital von Kleinunternehmern der Exil-Gemeinde anlocken.

Als weitere Neuerung hob der Minister die im September gestartete zentrale Anlaufstelle für Investoren (→ Ventanilla única) hervor, mit der die Genehmigungsverfahren schneller und unbürokratischer ablaufen sollen indem alle Behördengänge an einer Stelle abgewickelt werden. Am 3. November wurde in Havanna das Büro des in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union finanzierten Projekts eröffnet.

Wie Malmierca Ende Dezember bekannt gab, sei es 2020 gelungen, 29 neue Projekte mit ausländischem Kapital in Höhe von 2 Milliarden Dollar anzustoßen. Allein in der Sonderwirtschaftszone von Mariel kamen sieben neue Projekte hinzu, womit sich deren Anzahl auf 55 erhöht. Damit hätte das sozialistische Land trotz mehrfacher Verschärfung der US-Handelssanktionen und Corona-Pandemie in diesem Jahr erstmals das selbst gesteckte Ziel von zwei bis 2,5 Milliarden Dollar FDI pro Jahr erreicht, das als notwendig für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum erachtet wird. Für 2021 seien bereits 30 weitere Projekte mit einer Investitionssumme von 3 Milliarden US-Dollar in der Pipeline.

Ausblick: Biden und Kuba 

Ohne Zweifel wird mit der Währungsreform ein transparenteres Umfeld für Joint Ventures Einzug entstehen. Trotz möglicher Umstellungsschwierigkeiten (wie Malmierca erklärte, werde man jeden Einzelfall prüfen, bei dem die Rentabilität stark gefährdet ist) wird die Maßnahme dem Geschäftsklima zuträglich sein. Mit dem einheitlichen Wechselkurs entledigt sich die Regierung auf elegante Weise der lange kritisierten „Agentur-Gebühr“ bei der Lohnauszahlung. Ab dem 1. Januar sinken damit die Lohnkosten für gemischte und ausländische Betriebe deutlich, wovon zugleich die Beschäftigten in Form von höheren Gehältern profitieren. Derzeit laufen in den entsprechenden Betrieben bereits die Gehaltsverhandlungen.

Inwiefern das reicht, um das ehrgeizige Ziel von 3 Milliarden neuen Auslandsinvestitionen zu erreichen, hängt vor allem von der Verfügbarkeit von Krediten und der Rechtssicherheit für Investoren ab. Dabei dürfte man in Havanna gespannt auf die neue US-Administration blicken, welche knapp drei Wochen nach dem „Día Cero“ das Weiße Haus in Washington übernimmt. Zuletzt hatte Donald Trump vergangenen Montag mit der „Grupo de Administración Empresarial S.A.“, „Financiera Cimex S.A.“ und der in Panama registrierten „Kave Coffee, S.A.“ die US-Sanktionsliste um drei weitere kubanische Staatsunternehmen erweitert. Sollte sich die Biden-Regierung (wie „Bloomberg“ zuletzt unter Berufung von Insiderinformationen aus der Kampagne berichtete) zu einer raschen Rücknahme der Sanktionen aus der Trump-Ära entschließen, könnte dies weitreichende positive Auswirkungen auf Geschäfte im Kuba „Post-Währungsreform“ haben. Mit Blick auf das Investitionsklima, das wesentlich von den Beziehungen mit den Vereinigten Staaten abhängt, wird 2021 in jedem Fall ein entscheidendes Jahr für die Insel.

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