28. März 2024

Zwei Wochen Währungsreform: Wie läuft die „Neuordnung“ in Kuba an?

Januar 2021: Das Angebot auf Havannas Märkten ist dünn, aber anders als von manchen befürchtet sind die Preise bisher nicht explodiert (Quelle: eigene Aufnahme)

Gut zwei Wochen sind seit dem „Tag Null“ auf Kuba vergangenen, der den Beginn der umfangreichsten Wirtschaftsreform der Insel seit 1959 markierte. Lange Schlangen vor den Banken und Geschäften prägen vielerorts das Straßenbild, wozu auch die aktuell verschärfte Pandemielage beiträgt. Dabei hat sich in dieser kurzen Zeit schon viel getan. „Cuba heute“ versucht die ersten Signale auszuwerten, von denen einige zunächst auf einen verhältnismäßig guten Start der „Aufgabe Neuordnung“ hindeuten.

Bereits an den ersten Tagen des neuen Jahres, die bekanntlich auf ein Wochenende fielen, machten sich die neuen Preise für Kubas Familien bemerkbar: Sieben (statt bisher einem) Peso für die Kugel an den staatlichen Coppelia-Eisdielen war einigen Kubanern viel zu viel. Der Unmut, welcher sich vor allem in den sozialen Medien entlud, führte ähnlich wie bei der Debatte um die Strompreise zu einer Kurskorrektur der Regierung. Diese reagierte mit einer Preissenkung von gut einem Drittel. Interessant ist dabei die Geschwindigkeit des ganzen: Was früher vielleicht monatelange interne Überlegungen nach sich gezogen hätte, wurde jetzt binnen weniger Stunden entschieden. Präsident Díaz-Canel versprach, dass die Regierung auch weiterhin „Offene Ohren und die Füße fest auf dem Boden haben“ werde.

Angebot auf den Märkten

Preise auf dem Markt „19 y B“ am 17. Januar in Havanna (Quelle: eigene Aufnahme)

Die von vielen befürchtete Inflation hält sich bisher in Grenzen. Auf den Bauernmärkten ist das Angebot nach wie vor stark ausgedünnt, der Preisanstieg fiel bisher jedoch eher moderat aus. So kostete das Pfund (= 460g) Tomaten in Havanna zuletzt 8 Pesos (0,28 €), Auberginen 5 Pesos (0,18 €) und Schweinefleisch liegt bei etwa 50 Pesos (1,80 €) pro Pfund. Das günstigste Gemüse in Havanna ist Kohl mit 3 Pesos (0,11 €) pro Pfund. Für Kritik sorgte indes, dass anders als ursprünglich angekündigt lediglich 60 Prozent der ehemaligen CUC-Geschäfte diesen noch bis Juli als Zahlungsmittel akzeptieren werden. Auch hier wurde rasch nachjustiert: Am 11. Januar kündigte die Parteizeitung „Granma“ an, dass 500 weitere Läden für die „CUC-Abschöpfung“ hinzukommen sollen.

Drogerieabteilung im Dollarladen „3ra y 70“ Mitte Januar in Havanna (Quelle: eigene Aufnahme)

Den größten Andrang verzeichnen die rund 80 Dollar-Supermärkte, welche hochwertigere Importlebensmittel und Hygieneprodukte verkaufen und ausschlich Kartenzahlungen von Fremdwährungen wie US-Dollar und Euro entgegennehmen. Eine Packung Barrilla-Spaghetti kostet dort 1,80 US$ oder 1,49 €, 800g Erdbeermarmelade schlagen mit 6,80 US$ bzw. 5,80 € zu Buche. Hier muss teilweise mit mehrstündigen Schlangen vor dem Einlass gerechnet werden, während in vielen ehemaligen CUC-Läden derzeit vor allem ein Überangebot an Flaschenwasser herrscht, das möglicherweise durch die fehlenden Touristen zustandekommt. Auf Kleinanzeigenportalen werden Dollar für 45-60 Pesos angeboten. Die Versorgungslage bleibt weiterhin angespannt.

Trotz der widrigen Umstände haben die Kunden auf die neuen Preise reagiert: statt wie gewohnt immer die gesamte Ration abzuholen, wird jetzt an so mancher Bodega-Schlange überlegt, was wirklich benötigt wird. Gleichzeitig zeigt sich, dass mit den kostendeckenden Preisen auch die Erwartungen an die Qualität steigen. So blieben laut Berichten der Abendnachrichten tausende Brötchen unverkauft, weil das Preis-Leistungsverhältnis nicht mehr den Vorstellungen der Käufer entspricht. In manchen Provinzen betraf dies bis zu 15 Prozent der Brötchen, die jetzt einen Peso statt 5 Centavos kosten. Eine Sonderkommission stellte fest, dass die Backware statt den festgelegten 80 in manchen Fällen nur 60 Gramm wiegt, zudem wurden die hygienischen Verhältnisse in den Bäckereien kritisiert. Laut dem Wirtschaftsjournalisten Ariel Terrero sei dies eine „exzellente Neuigkeit“, denn die Rückkopplung zwischen Konsumtion und Produktion wird dadurch auch im Kerngebiet der Grundversorgung dicker. Staatliche Bäckereien könnten in Kooperativen überführt werden, was ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht und für die Kunden ein besseres Angebot bedeute, so Terrero.

Neuigkeiten vom Arbeitsmarkt

Auch auf dem Arbeitsmarkt macht sich die Neuordnung bemerkbar: Wie Kubas „Chefreformer“ Marino Murillo twitterte, haben in den letzten Wochen mehr als 29.000 Personen auf den Arbeitsämtern aufgeschlagen, rund die Hälfte konnte vermittelt werden. Ein Ziel der Reform ist es, die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit zu erhöhen und den Lohn wieder zur Haupteinkommensquelle zu machen. Bisher gehen auf Kuba nur rund 64% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter einer offiziellen Beschäftigung nach. Zu den 115.000 Haushalten, welche zuvor bereits staatliche Transferleistungen erhielten, kamen in den letzten Tagen 16.000 weitere hinzu.

Ende des Monats startet auf Kuba eine neue Online-Jobörse (Quelle: JR)

Als zusätzliche Unterstützung bietet die Regierung für Personen mit Arbeitsvertrag einen weiteren Lohnkredit in Höhe von 1000 Pesos (36 €) an, der innerhalb von 4 Monaten zurückbezahlt werden muss. Um die Vermittlung von Stellen zu beschleunigen wird das Arbeitsministerium (MTSS) am 28. Januar eine neue App an den Start bringen, welche sowohl für den Staats- als auch den Privatsektor als digitale Jobbörse funktionieren soll. Mittelfristig dürfte der Anstieg der Beschäftigugsquote nur durch die angestrebte Erweiterung des Privatsektors zu bewältigen sein, da viele Staatsunternehmen mit dem neuen Wechselkurs in finanzielle Schieflage geraten werden. Die bisherige Liste von erlaubten Berufen im Privatsektor soll durch eine Negativliste abgelöst werden, zudem sollen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auch im nicht-staatlichen Bereich gründen dürfen. Laut Einschätzung des kubanischen Volkswirtschaftlers Ricardo González von Havannas „Studienzentrum zur kubanischen Ökonomie“ (CEEC) dürfe sich die Umsetzung dieser Schritte jetzt „nicht weiter verzögern“.

Fazit

Zwei Arbeitswochen nach Beginn der Währungsreform deuten sich bereits viele Prozesse an, die im Vorfeld genau so erwartet wurden: Die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit steigen, gleichzeitig müssen Staatsunternehmen kompetitiver agieren um in dem neuen Umfeld bestehen zu können. Die Kosten für Ineffizienz werden nicht mehr vom Staatshaushalt übernommen, zugleich können diese auch nicht an die begrenzte Kaufkraft der Verbraucher weitergegeben werden. Chancen tun sich jedoch über die Verzahnung mit dem Privatsektor auf, der im neuen Modell eine größere Rolle einnehmen soll.

Dass sich die Inflation trotz der äußerst schlechten Rahmenbedingungen (Pandemie, 11-prozentige Rezession im Jahr 2020 und neue Sanktionen) bisher in Grenzen hält, darf als gutes Zeichen gewertet werden. Die mittelfristige Verbesserung der Versorgungslage hängt neben der Lockerung der US-Blockade jedoch nicht zuletzt von der kohärenten Umsetzung der im vergangenen November angekündigten Landwirtschaftsreform ab. Wie die „Granma“ meldet, wird demnächst mit dem Verkauf von Traktoren aus Belarus und Brasilien gegen US-Dollar begonnen. Nur wenige Wochen nach dem 1. Januar scheint die Neuordnung der Wirtschaft auf Kuba rasant an Fahrt aufzunehmen…


Anhang: Streifzug durch Märkte in Vedado und Playa in Havanna (15.-17. Januar)

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18 Gedanken zu “Zwei Wochen Währungsreform: Wie läuft die „Neuordnung“ in Kuba an?

  1. Der Schlüssel für ein Wirtschaftswachstum liegt bei der Automobilindustrie. Die Automobilindustrie sorgt für 85% der Beschäftigung in Deutschland. In diesem Feld bewegt sich anscheinend nichts. Ich verstehe nicht warum Kuba die Chance der Steuereinnahmen durch Kraftfahrzeuge entgehen lässt. In Deutschland verdient der Staat beim Kauf eines Autos 19%. Ein Auto (alt) von Kuba belasten die Umwelt mehr als 50 neue Autos von Deutschland. Der Staatliche Gewinn bei diesen Fahrzeugen ist auf der Minusseite. Sie kosten viel Kraftstoff und keine Reparaturen. Alles wird selbst repariert. Heute befinden sich auf fast allen Straßen der Welt, die Fahrzeuge der neuen Gereration. Das sind Fahrzeuge bei denen der Motor nicht mehr mechanisch gesteuert wird, sondern durch einen Computer. Beispiel ich habe einen Passat mit 190 Ps. Er kann weit über 200 km/h fahren. Dabei verbraucht er keine 5 ltr Kraftstoff auf 100 Km. Ein Kuba Oltimer hingegen schafft gerade mal 120 km /h, benötigt allerdings 25 ltr und mehr an Kraftstoff. Das ist Kraftsoff der bei den öffentlichen Verkehrsmittel fehlt. Es ist leider richtig, dass die USA versuchen Kuba wirschaftlich zu schaden, indem sie die Einfuhr von wichtigen sachen blockieren. Allerdiengs verstehe ich es nicht warum Kuba die Einfuhr von privaten Autos nicht frei gibt. Mit dieser Begrenzung unterstützt Kuba die Blockade Politik der USA. Mein Vorschlag ist, Kuba soll die Einfuhr von Fahrzeugen für ein Jahr zulassen. Nach diesem Jahr kann man Bilanz ziehen ob es für Kuba von Vorteil oder von Nachteil war. Dem entsprechend kann dann weiter neu entschieden werden. Grundsätzlich denke ich, dass der Präsident Miguel Diaz- Canel seine Sache sehr gut macht. Deshalb schreibe ich diese Feststellungen, in der Hoffnung, dass er sie vieleicht einmal ließt. Ich würde mich gerne einmal mit Ihm unterhalten und einige Ideenen mit auf seinen Weg geben. Mit ihm hat Kuba eine neue Revulution begonnen. Sie kann dazu führen, dass Kuba ein ebenso erfolgreiches Land wie die Schweiz wird. Dabei müssen die revulutionären Ziele der Vergangenheit nicht aufgegeben werden.

    1. Ich denke Sie dürfen die Bedingungen eines reichen Industrielandes wie Deutschland nicht mit denen eines Entwicklungslandes verwechseln: Der Grund, warum Deutschland mit seiner Autoindustrie Geld verdienen kann ist zum einen die Tatsache, dass es überhaupt eine gibt — zum anderen, dass Deutschland relativ günstig exportieren kann und reichlich Binnennachfrage vorhanden ist. Sollte Kuba jemals Autos bauen, würden diese wahrscheinlich wenig konkurrenzfähig sein, da viele Zwischenteile importiert werden müssen (Kuba hat keine bedeutsame Stahl- und Zuliefererindustrie für die Automobilbranche) und bisher kein Know-how auf diesem Gebiet vorhanden ist.

      Seit 2014 können PKWs importiert werden, seit einigen Monaten werden sie gegen Dollar verkauft. Damit lässt sich allerdings kaum Geld verdienen, da die wenigsten Kubaner sich dies leisten können. Wachstum durch Automobilindustrie ist m.E. nach kein realistischer Weg für Kuba. Interessanter ist da schon der Import von Elektrorollern, welche deutlich erschwinglicher sind und die seit einigen Jahren bausatzmäßig auf der Insel montiert werden, was die Kosten weiter senkt.

      1. Kuba ist nun mal eine Insel.
        Dies sollte man bei einem Kommentar auch berücksichtigen.
        Wichtig ist wäre vor allem die Produktion im Land von Nahringsmittel
        um die Importkosten dafür zu senken.

      2. Eine Automobilindustrie entsteht nicht ohne Kopfarbeit. Die Chinesen haben Autos zu verkaufen. Diese Autos sind von Deutschen Firmen entworfen und in China gebaut worden. Es gibt keine Land der Welt, welches in der Lage wäre Autos komplett alleine zu Bauen. Die Deutschen Autos bestehen aus Teilen die in China gebaut wurden und in den China Autos sind ganze Baugruppen aus Deutschland verbaut. Ein Auto besteht auf vielen Einzelteilen die auf der ganzen Welt hergestellt werden. In Einer Fabrik werden die Teile aus der ganzel Welt zusammen gesetzt. Das Land gibt danach dem Auto seinen Namen: Seat= in Spanien gebaut, Skoda= in Tschechein gebaut. Aber alle Autos sind Volkswagen.
        Volkswagen sucht ein Land wie Kuba um Autos zu bauen. In Mexico baut Volkswagen bereits Fahrzeuge, aber die kriminelle Landessituation verdindert weitere Investitionen. Das Problem ist. Kuba braucht Politiker die in der Lage sind mit Deutschland und Amerika zu reden. Wobei Angela Merkel, die Kanzlerin von Deutschland, sich bestens mit dem politischen System in Kuba versteht. Sie ist in der Sozialistischen DDR groß geworden. Warum nutzt Kuba diese Chance nicht? Ich würde geren einmal mit einigen verantwortlichen reden. Ich denke der Präsidet gibt sein Bestes, aber bis er Kuba saniert hat wird noch lange dauern.

  2. Kuba hat mit der inflationären Währungsreform mit nunmehr Tausenden von Zahlen einen kapitalen Fehler begangen. Ausserdem sind die CUP Banknoten billigster Schrott, nicht fälschungssicher! Die USA könnte Euch mit Fälschungen zuschütten…innerhalb weniger Monate…Der CUC wäre die geeignete Währung gewesen…aber leider gibts auf meinem geliebten Kuba keine Ökonomen, sondern nur uralte IDEOLOGEN! Ich würde gerne helfen…auch gegen die Blockade…für mich kein Problem….ich liebe Kuba.

    1. Wenn,s bei den alten Cup Scheinen bleibt.
      Ja, sind wirklich Schrott.
      Jedoch ist die Abkehr von 2 Währungen ( CUC)
      nicht verkehrt.
      Wird aber ohne Inflation nicht ganz funktionieren.

      1. Es hätte natürlich der CUC als alleinige Währung eingeführt werden müssen, oder soll man zum Einkaufen ab jetzt mit dem Trolley das Geld transportieren? Schon mal überlegt, wieviel an CUP Scheinen für eine Waschmaschine oder Fernseher nötig ist? Das ist doch völlig absurd. Warum wurde der CUC nicht beibehalten? Ich kann keinen vernünftigen ökonomischen Grund dafür sehen…nur Ideologie alter Nichtökonomen…

  3. Autos alleine bringt nicht viel, es muss auch der Service (Werkstätten) da sein
    Wichtiger ist das voranbringen der Landwirtschaft, des Baues, und der Energiewirtschaft.

  4. Hoffe es ändert sich nun mal was auf Kuba ,sehe da aber doch die Alt eingefahrenen Korruption Gleise.( über Jahrzehnte )
    Ab Heute sollen in Granma Kontrollen in Bäckereien durch geführt werden ( mit Vor Ansage ) die Bäcker haben seit Jahren kleinere Brötchen verkauft .
    Na gut das wird für 14 Tage vorhalten und denn…..Havanna ist weit weg.
    Aber was mich wirklich aufregt ist ein Kinderheim in der gleichen Provinz ( schwer geschädigte Kinder ) die seit Jahren mit schlechterem Essen ( als vorgesehen ) und auch im Hygiene Bereich Bettwäsche usw. nicht das bekommen was ihnen zusteht .
    Die Heimleitung muß so gut vernetzt sein ,das jedes Mal wenn Kontrollen kommen ein Tag vorher die Betten mit richtigen Laken bezogen werden und auch das Essen in Ordnung ist.
    Ich komme aus Ostberlin und habe früher selber im VEB-Betrieb gearbeitet ,,,,,,,
    aber hilflose Kinder das Essen zu stehlen ……da fehlen mir die Worte .
    Hoffe für die Kinder

  5. Kuba ist nur zum Teil auf dem richtigen Weg.
    Neben der verbesserung der Urbanen Redionen und der dafür notwendigen Infrastruktur, sind vor allem die Landwirschaftsflächen wichtig. Denn ein lebensmittelimport von über 65 % ist nicht hinnehmbar. Die dafür benötigten Gerätschaften kosten auf dem Weltmarkt astronomische Summen für kubanische Verhältnisse.
    Da ist die Energiefrage noch nicht geklärt. Denn für 4 Jahre sich bei der Türkei Generatorenschiffe zu mieten, die Schweeröl verfeuern, ist da keine Lösung. Ohne einen bonitäten Kooperationspartner in Fragen der regenerativen Energien, ist das Land am Ende. Denn Kuba wird frühestens in 10 Jahren in der Lage sein, die Zinsen der Altkredite zu bezahlen. Von den neuen Krediten ganz zu schweigen. Es geht also nur über die extreme Verschuldung des Landes.
    Es lohnt sich aber auf jeden Fall. Denn der südamerikanische Kontinent ist der Abnehmermarkt von morgen. Kuba könnte das Handelstor der westlichen Welt werden.

  6. Hallo zusammen,
    wo soll ich anfangen ?
    Ich glaube, zuerst erlaube ich mir mal, die Ausführungen der Reihe nach zu kommentieren, und zwar nicht als „Cubaner“ vor Ort, aber als jemand, der fast täglich mit diversen Cubanern/innen chattet (ich war bis jetzt ca. 15x als Besucher dort und spreche fließend spanisch).
    Die Cub waren und sind natürlich von den immensen Preissteigerungen geschockt: eine Kugel Eis kletterte von 1,5 auf 7 pesos, wurde dann wieder auf 5 reduziert. Was manche als Einsicht des Regimes deuten, kann auch auch Kalkül sein: man signalisiert, auf das Volk zu hören, und senkt eine Preiserhöhung um das 4,7-fache auf das 3,33-fache, was immer noch grotesk ist.
    Die Aussage: „statt wie gewohnt immer die gesamte Ration abzuholen, wird jetzt an so mancher Bodega-Schlange überlegt, was wirklich benötigt wird“ habe ich ganz anderes kommentiert bekommen: „Wir haben oft so wenig Geld, dass wir die ganze Ration gar nicht bezahlen können“.
    Und die verschmähten Brötchen werden als zu klein und als ungenießbar bezeichnet und offenbar deswegen liegen gelassen, was in Hungerzeiten schon krass ist.
    Eine Katastrophe scheint immer noch die Arbeitslosigkeit zu sein, die natürlich weit über der offiziellen Zahl liegt. Man sagt mir, dass viele die Stadt auf Arbeitssuche durchstreifen, aber wer soll ihnen denn Arbeit verschaffen, wenn der Staat der eigentliche Arbeitgeber ist und keine Stellen hat? Und wie toll ist es denn, z.B. in einem Stehimbiss stundenlang als Staatsangestellter zu stehen, wenn es nichts zu verkaufen gibt ?
    Der Staat hat ja nun versprochen, den Privatsektor (cuentapropista= sozusagen Kleingewerbetreibende) zu stärken, was ein Hoffnungsschimmer ist, aber offenbar geht das sehr schleppend vor sich. Und dann scheut man eine freie Preisgestaltung immer noch wie der Teufel das Weihwasser. Wenn den Bauern halt die Verkaufspreise diktiert werden und diese unter den Erzeugerkosten liegen bzw keinerlei Gewinn versprechen, bringt ein Bauer nichts mehr in die Stadt oder verkauft es unter der Hand. Ergebnis ist: kaum was zu finden auf den Märkten.
    Man kann nur hoffen, dass die versprochene Landwirtschaftsreform an Fahrt aufnimmt. Die Cubaner jedenfalls sind da pessimistisch: sie sind schlichtweg abgestumpft von hunderten Versprechungen, die nie erfüllt wurden.
    Dass die Eliminierung des CUC eine wirtschaftliche Notwendigkeit war, kann man in allen fachlichen Kommentaren zum Thema in der Wirtschaftspresse nachlesen, eine Diskussion darüber ist m.E. sinnlos.
    Zusammenfassend ist mein Eindruck momentan:
    Die Cub sind sind voll gefrustet, glauben an keine Besserung, vielen geht es sehr schlecht, da die staatlichen Löhne oft nicht zum Lebensunterhalt reichen. Besonders schlecht geht es natürlich allen, die keine Unterstützung durch Überweisungen von Verwandten etc. aus dem Ausland erhalten. Die ewige Ausrede, dass an der schlimmen Lage nur die Amis schuld sind, glauben inzwischen nur noch einige alte Menschen. Wobei der USA Boykott natürlich sehr unheilvoll (und völkerrechtswidrig) ist, da er dem Staat Devisen entzieht und ihn international isoliert, leiden daran muss dummerweise die Bevölkerung. Dass der Boykott zum großen Teil auf die (Un)Gesetze einer Diktatur zurückzuführen ist, steht auf einem anderen Blatt.
    Jetzt könnte durch Biden eine Wandlung des cub-amerikanischen Verhältnisses zu einer pos. Entwicklung führen, die Hoffnung stirbt ja zuletzt.
    Was große Sorgen macht ist das Versagen der Regierung: durch die unkontrollierte Wiedereinschleppung des Virus‘ ( Cuba ist eine Insel!!) geht der ganze Quarantänemist wieder los, das Auftauchen von geldbringenden Touris rückt in die Ferne, keine wirtschaftliche Entspannung ist damit in Sicht…. wir drücken den Cubanern trotzdem die Daumen und hoffen auf langsames Einsickern in die Hirne der Regierung, dass Sozialismus und Kommunismus keine Lösung sind und waren.

  7. Hallo, vielleicht treffen ihre Aussagen bezüglich der Lebensmittelverfügbarkeit auf Habana und Varadero zu. Unsere Verwandtschaft lebt in Las Tunas, und hier ist mit Peso und/oder Fremdwährung, Geldkarte, nichts zu bekommen. Minimal verfügbare Lebensmittel, über Beziehungen beschafft, sind extrem teuer. Von anderen Artikeln, selbst Wasser wollen wir gar nicht reden.
    Wir wissen nicht, wie das weitergehen soll und sind extrem in Sorge.
    Vielleicht solltet ihr mal ein wenig genauer hinschauen, La Habana ist nicht Cuba.

    1. Danke für die Rückmeldung! Absolut, die Versorgungslage unterscheidet sich teilweise stark von Provinz zu Provinz, von Stadt zu Stadt und selbst innerhalb von Städten wie Havanna. Leider kann ich nur über das berichten, was ich selbst sicher weiß. Havanna ist allerdings häufig kein allzu schlechter Ausgangspunkt: nicht nur, weil dort ein Fünftel der Bevölkerung lebt, sondern auch, weil in Kuba die Versorgungslage in der Hauptstadt (anders als z.B. in der DDR und anderen soz. Staaten) nicht immer üppiger ist als in anderen Landesteilen: Meiner Erfahrung nach scheint das Angebot in Santiago nicht selten besser & günstiger als in Havanna – was logischerweise nichts über Las Tunas und andere Gegenden aussagt und naturgemäß aufgrund zyklischer Schwankungen auch manchmal umgekehrt sein dürfte. Insofern bin ich über jede Rückmeldung froh, die das Bild etwas vervollständigt. Gerne können Sie hier einige Beispiele zu Angebot & Preisen in Las Tunas nennen!

      1. Meinen Informationen nach ist die Versorgungslage überall katastrophal….wie nach einem Krieg…armes Kuba…es tut mir so leid…..

  8. Solange Ideologen und unfähige oder korrupte Beamte entscheiden, sehe ich keine Änderung der Versorgungsprobleme. Nur Ökonomen haben die entsprechenden Kenntnisse…..ALLES WÄRE LEICHT ZU LÖSEN! IN WENIGEN MONATEN!

  9. Viele Leute machen sich Gedanken über Kuba und das ist gut so. Alles was geschrieben wurde ist zum Teil richtig. Richtig ist, dass die Regierung viele Fehler macht. Aber warum macht die Regierung viele Fehler, obwohl sie doch nur das Beste für Kuba will.
    Das Problem liegt in der schulischen Ausbildung. Das beginnt in der ersten Klasse und endet mit dem Abschluss der Schule. Also wo soll nun das Wissen für wirtschaftliche Handlungsweisen herkommen? Aber das Wissen ist die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft.
    Was man selber nicht weiss oder kann muss man kaufen. Das nennt man dann eine Investition. Wenn eine Investition gut war bringt sie einen Gewinn. Die Frage ist nur wo bekommt man solche schlauen Köpfe her. Ich denke die Politiker und verantwortlichen sollten einmal auf die Suche gehen! Ich denke man sollte in den USA anfangen, danach die alten Beziehungen zu Deutschland aufleben lassen und was auch wichtig wäre die guten Beziehungen zu Russland ausnutzen. Dabei müsste Kuba versuchen zwischen allen 3 Partner zu vermitteln. Alle drei Länder haben große Probleme miteinander. Diese Probleme sind aber leicht lösbar, besonders für Kuba. Alle drei Länder haben eine besondere Beziehung zu Kuba. Ich wünsche mir, dass Kuba seine besondere Stellung zwischen diesen drei Ländern ausnutzt. Wenn Kuba diesen Ländern hilft ihre Probleme zu lösen, lösen sich alle anderen Probleme von Kuba automatisch auf. Deutschland und die USA warten nur auf die entsprechenden Signale aus Kuba.
    Ich möchte nicht sagen, dass die Politiker in Kuba dumm sind.
    Sie müssen nur lernen über ihr handeln nachzudenken!

    Albert Einstein, einer der inteligentesten Menschen der Welt, hatte einmal gesagt, ich weiß, dass ich nichts weiß !

  10. „Neuordnung“ in Kuba…War oft in Kuba in den letzten Jahren, zum Thema Auto:
    Anschaffung, Benzinpreis, Straßenqualität…forget it !
    War oft mit dem Fahrrad in Kuba unterwegs, hab auch jedes mal eins oder zwei mitgenommen,
    und zwar ganz einfache, ohne Gangschaltung aber mit solidem Rahmen, nur 26 Zoll Damen
    Räder. Die gabs in Polen neu für 70 Euro, meine kubanischen Freunde sind seit Jahren happy damit. In China oder Indien kriegt man die auch für 30 Euro, in einen Container kriegt man da
    500 Stück rein, Endmontage kann in Kuba erfolgen, am besten in Cooperativen.
    Was in Kuba (Mi Bici) verkauft wird ist aufgemotzter übertechnisierter Schrott, ab 150 Euro
    aufwärts, das kauft niemand, ich wurde laufend gefragt wo s die gibt oder ob ich meins verkaufe.

    Bin kein Fahrradmissionar aber ich denke in dieser Umbruchzeit besteht eine historische Chance die Weichen zu individueller Mobilität zu stellen, und zwar nicht in Richtung Autogesellschaft, wo
    das hinführt sehen wir, mühsam und mit großem Aufwand müssen die Autoländer seit Jahren zurückrudern.
    Fahrradland Kuba, welches globale Signal, auch für den Tourismus.

    Hätte ein ausgereiftes Gesamtkonzept (kein Profitinteresse), wenn sich Gleichgesinnte finden könnte man aktiv werden, allein krieg ich sowas nicht hin, habe schon ein paar kubanische Kontakte die vor Ort aktiv werden könnten, Kontakt müsste wohl über Marcel gehen.

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