18. April 2024

Corona-Update für Kuba (18): Impfung nach Plan

Corona und (noch) kein Ende in Sicht: Während die Neuinfektionen in Havanna im letzten Monat leicht rückläufig waren, nahmen die Fälle in anderen Provinzen und mit ihnen die landesweiten Inzidenzwerte wieder zu. Die Zahl der Todesopfer hat auf Kuba erstmals vierstelliges Niveau erreicht. Ungewöhnlich scharf kritisierte Präsident Miguel Díaz-Canel zuletzt das Krisenmanagement seiner Regierung. Die Impfkampagne verläuft indes nach Zeitplan: Fast jeder Fünfte Kubaner hat inzwischen mindestens die Erstimpfung erhalten, mehr als drei Millionen Dosen wurden innerhalb weniger Wochen verabreicht. Noch fehlt allerdings die für diesen Monat angestrebte Notfallzulassung, nach der die Massenimpfung weiter an Fahrt aufnehmen soll.

Covid-19 Fälle auf Kuba vom 11. März 2020 bis einschließlich 14. Juni ’21: Akkumuliert (beige), aktive Fälle (rot) und tägliche Neuinfektionen (blau), (Quelle: Covid19-Dashboard Cuba)

  • Bis zum 14. Juni wurden auf Kuba insgesamt 160.594 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet+1537 zum Vortag, darunter 375 in Havanna, 215 in Santiago de Cuba und 174 in Camagüey. 1107 Personen sind bisher an den Folgen des Virus gestorben. 30.834 Personen befinden sich zur Gesundheitsüberwachung in medizinischen Einrichtungen, 152.014 gelten als genesen. Nachdem die Fallzahlen im Mai leicht Rückläufig waren steigen sie Anfang Juni wieder an. Die Anzahl der aktiven Fälle liegt mit 7414 auf einem Allzeithoch seit Beginn der Pandemie (siehe Grafik oben).
  • Die Inzidenz pro 100.000 Einwohner auf 15 Tage hat sich im letzten Monat von 137,7 (13. Mai) auf 163,5 (14. Juni) erhöht und befindet sich auf langsamem WachstumskursDer bei uns gebräuchliche 7-Tage-Inzidenzwert stieg von 70,2 auf 82,3. Die Zahl der durchgeführten PCR-Tests liegt bei durchschnittlich 20.000 pro Tag. Die insgesamt am stärksten betroffene Provinz ist mit Abstand Havanna (48,6 Prozent aller Fälle), gefolgt von Santiago de Cuba (9,2) und Matanzas (5,5).
  • Kritik von höchster Stelle: „Wir machen die Dinge nicht gut“, kritisierte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel auf der wöchentlichen Tagung des Corona-Krisenstabs am Montag. Während die Fallzahlen in Havanna im letzten Monat leicht rückläufig waren, steigen sie in anderen Provinzen umso stärker. Für die kommenden Wochen wird ein weiteres Anwachsen der Inzidenzwerte erwartet. Díaz-Canel mahnte seine Landsleute zu einem höheren Risikobewusstsein und forderte eine deutlichere Beschränkung der Mobilität in den Provinzen mit steigenden Inzidenzwerten. Zu diesen zählen derzeit Matanzas, Cienfuegos, Ciego de Ávila, Camagüey und Santiago de Cuba.

Stand der Impfkampagne

Kubas Impffortschritt (Erstimpfungen) im Vergleich. Der sprunghafte Anstieg beim weltweiten Durchschnitt ergibt sich aus der erst kürzlich erfolgten Inkludierung Chinas (Quelle: OWiD)
  • Bis zum 14. Juni, rund einen Monat seit Beginn der Impfkampagne, haben auf Kuba 2,05 Millionen Personen mindestens die Erstimpfung erhalten, was 18,1 Prozent der Bevölkerung entspricht. Weitere 1,79 Millionen (15,8 Prozent) erhielten die zweite bzw. dritte Dosis. Angesichts der angespannten epidemiologischen Situation wurde Anfang des Monats entschieden, bereits ab der zweiten Junihälfte das Vakzin „Abdala“ in der gesamten Hauptstadt zu verimpfen. Ursprünglich war dies für Anfang Juli vorgesehen.
  • Die für diesen Monat erwartete Notfallzulassung von Abdala und Soberana steht weiter aus. In deren Folge soll sich die Impfkampagne nochmals beschleunigen. Bis Ende August will das sozialistische Land 70 Prozent seiner Bevölkerung vollständig immunisiert haben. Wie das Nachrichtenportal „Cubadebate“ berichtet, könnte Soberana 02, welches in Kooperation mit dem Pasteur Institut in Teheran erprobt wird, bereits kommende Woche eine Notfallzulassung im Iran erhalten.
  • Beim Impffortschritt ist Kuba, welches allein auf selbst entwickelte Vakzine setzt und kein Empfängerland der COVAX-Allianz ist, derzeit leicht unterdurchschnittlich im weltweiten Vergleich (siehe Grafik). Der Start erfolgte später als in anderen Ländern, das Tempo der Kampagne ist jedoch hoch. Abdala wird in einem dreidosigen Impfschema mit jeweils zwei Wochen Abstand verabreicht, während bei Soberana 02 rund ein Monat zwischen Erst- und Zweitimpfung liegt. Später soll mit „Soberana Plus“ bei dem vom Finlay-Institut entwickelten Vakzin eine zusätzliche Dosis als „Booster“ zum Einsatz kommen. Genesene sollen ebenfalls eine Dosis Soberana Plus erhalten. Die Bekanntgabe der genauen Wirksamkeit der Vakzine wird mit den Ergebnissen der dritten Studienphase diesen Monat erwartet, vorläufige Daten weisen auf Werte von über 80 Prozent hin. Von Herdenimmunität wird auf Kuba ab einer Impfquote von mindestens 90 Prozent gesprochen. Details zum konkreten organisatorischen Ablauf der Impfkampagne → siehe das letzte Corona-Update vom Mai. Seitdem sind in Havanna mehrere hundert impfende Familienarztpraxen hinzugekommen.
  • Am Montag hat in Havanna eine klinische Studie des Impfstoffs „Soberana 02“ für Kinder und Jugendliche begonnen. Ziel ist es, Sicherheit und Wirksamkeit des Vakzins für die Altersgruppen 3 bis 11 und 12 bis 18 nachzuweisen, um wie geplant bis Ende des Jahres auch die pädiatrische Bevölkerung impfen zu können. Die Studienteilnahme ist freiwillig und bedarf der Zustimmung durch die Eltern.
  • Kooperation mit Argentinien und China: Ende Mai unterzeichneten Kuba und Argentinien ein Abkommen zur Kooperation bei der Impfstoffproduktion. „Wir haben über das gemeinsame Projekt gesprochen und darüber, dass wir nicht nur daran arbeiten, einen Impfstoff zu fördern, der vollständig in Lateinamerika entwickelt, produziert und angewendet wird, sondern auch über eine Zusammenarbeit in anderen Bereichen der Gesundheit, Wissenschaft und Technologie“, so Argentiniens Gesundheitsministerin Carla Vizzotti. In der chinesischen Provinz Hunan wurde fast zeitgleich ein neues sino-kubanisches Forschungszentrum für Biotechnologie in Betrieb genommen, bei dem neben diversen künftigen Vorhaben als erstes ein neuer Corona-Impfstoff entwickelt werden soll, der sich speziell gegen die jüngeren Mutationen richtet.
  • Song zur kubanischen Impfkampagne: Die bekannte Band „Buena Fé“ hat mit dem Lied „La fuerza de un país“ (span.: Die Stärke eines Landes) inzwischen die (in)offizielle Hymne zur kubanischen Impfkampagne geschaffen, die zuletzt mehrmals täglich im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Corona-Maßnahmen

  • Update des Hygieneprotokolls für Reisende: Am 5. Juni ist auf Kuba eine Aktualisierung des Corona-Protokolls für ankommende Reisende in Kraft getreten. Viel hat sich nicht geändert, es gilt weiterhin für alle ankommenden Passagiere einen negativen PCR-Test mitzubringen, der bei der Landung nicht älter als 72 Stunden sein darf. Direkt nach der Ankunft am Flughafen wird ein weiterer PCR-Test durchgeführt. Pauschaltouristen müssen sich für 24 Stunden in ihrem Hotelzimmer isolieren bis das Ergebnis des zweiten Tests vorliegt. Für Individualreisende gelten je nach Ankunftsflughafen etwas andere Bestimmungen. Zu den Details der Regelung siehe die → offizielle Übersetzung in der „Granma“.
  • Verschärfungen in Havanna: Angesichts der weiterhin dreistelligen Inzidenzwerte in der Hauptstadt wurden dort die Coronaregeln zum 11. Juni erneut verschärft. So soll die Frequenz der Fallrückverfolgung durch die Familienärzte in besonders betroffenen Stadtteilen verdoppelt werden. Bereits ab fünf Personen zählt ein Cluster in Havanna jetzt als eigenes Übertragungsereignis. Verbotene Aktivitäten, wie längere Aufenthalte und Spiele in Parks oder an Stränden werden strikter geahndet. Die nächtliche Ausgangssperre soll auch für staatliche Fahrzeuge besser durchgesetzt und ihre Einhaltung insgesamt konsequenter überprüft werden. Inländische Geschäftsreisen von und nach Havanna erfordern jetzt eine Ausnahmegenehmigung durch die Behörden. Die Anzahl der (stehenden) Fahrgäste wird im ÖPNV je nach Bustyp auf 30 bzw. 20 beschränkt. Forderungen nach einem vollständigen „Shutdown“ von Produktion und Handel erteilte Havannas Erster Parteisekretär eine Absage, da dies weitreichende negative Folgen für die Versorgung anderer Provinzen mit sich brächte.

Weitere Entwicklungen

Vorschau des kubanischen E-Impfpasses (Quelle: Granma)
  • Digitaler Impfpass in der Mache: Kuba arbeitet derzeit mit Hochdruck an der Bereitstellung eines digitalen Impfnachweises. Die Entwickler der Informatikuniversität UCI haben dafür internationale Erfahrungen aus China, Europa, den USA und Israel ausgewertet. Das Zertifikat soll die Standards der WHO erfüllen und auch für Reisen eingesetzt werden können. Nach der Digitalisierung und Verifizierung der Daten wird der Nachweis sowohl als Smartphone-App, als auch in analoger Form zu Verfügung stehen und soll darüber hinaus einfach per Mail versendet werden können.
  • CUC erhält Gnadenfrist: Nach der Ankündigung der Zentralbank, den US-Dollar auf Kuba nur noch bis zum 21. Juni für die Einzahlung auf Bankkonten zu akzeptieren, erhält der konvertible Peso eine weitere Gnadenfrist: Statt wie ursprünglich bis zum 1. Juli können CUC-Bestände jetzt noch bis zum 30. Dezember 2021 in ausgewählten Banken und Wechselstuben zum offiziellen Kurs von 24:1 in Pesos eingetauscht werden. Die staatlichen Geschäfte, welche den CUC noch als Zahlungsmittel akzeptieren, werden dies allerdings wie angekündigt nur noch bis zum 1. Juli tun. Begründet wurde der Schritt mit der aktuellen Coronalage: Die kurze Frist für den Dollareintausch dürfte die Schlangen vor den Banken in den nächsten Tagen weiter verlängern.
  • Nachspielzeit für Gemeindeparlamente: In einer Sondersitzung hat Kubas Staatsrat mit einer Ausnahmeregelung die Verlängerung der laufenden Legislaturperiode der Kommunalversammlungen (Asambleas Municipales) beschlossen. Die pandemische Situation werde die Kandidatenaufstellung in Nachbarschaftsversammlungen erschweren, weshalb der ursprünglich für den 17. Dezember angesetzte Wahltermin um ein Jahr nach hinten verlegt wird.
  • Präsenzunterricht ab September? Kubas Hochschulen gehen davon aus, zu Beginn des Wintersemesters im September den Präsenzunterricht wieder aufnehmen zu können, erklärte Hochschulminister José Ramón Saborido. Wie es nach dem Sommer für Grund- und weiterführende Schulen aussieht ist noch unklar, das Bildungsministerium analysiert derzeit verschiedene Varianten.
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