Eigentlich hätten diesen Montag neue Preisobergrenzen für den Privatsektor in Kuba in Kraft treten sollen. Bereits am Wochenende zirkulierten Gerüchte, denen zu Folge die Preise von sechs Basisprodukten gedeckelt werden sollten. Zur Vorbereitung wurden 3400 Meetings mit kleinen und mittleren Betrieben, Selbstständigen und Kooperativen durchgeführt. Gestern gab dann Kubas Vize-Finanzministerin Lourdes Rodríguez bekannt, dass die Regierung erstmal die Handbremse gezogen hat.
„Die Maßnahme ist am Montag nicht in Kraft getreten, da der Austausch mit den Wirtschaftsakteuren über die Gegebenheiten, mit denen sie bei ihren Einfuhr-, Transport- und Vermarktungsprozessen konfrontiert sind, fortgesetzt wird und auch die öffentliche Meinung berücksichtigt werden muss“, wird Rodríguez vom staatlichen Nachrichtenportal „Cubadebate“ zitiert.
Konkret geht es um die Preise für Hühnchen, Speiseöl, Milchpulver, Nudeln, Wurstwaren und Waschpulver. Häufig nachgefragte Produkte, die heute in privaten Geschäften fast überall erhältlich sind – allerdings zu Preisen, die für viele Kubaner unerschwinglich sind. Die Ursachen dafür sind mannigfaltig und haben vor allem mit dem stark schwankenden informellen Wechselkurs des Pesos zu tun, auf den die Unternehmen zurückgreifen müssen, um an Devisen für Importe zu gelangen. Ein weiterer Faktor sind die (illegalen) Kommissionen, die manchmal unter der Hand von Lieferanten an staatliche Importeure für überteurte Einkäufe bezahlt werden. Ab 1. Juli wurde deren Gewinnmarge deshalb auf 30 Prozent beschränkt. Darüber hinaus steht von staatlicher Seite der Vorwurf „missbräuchlicher“ bzw. spekulativer Preise im Raum.
Das Einführung von allgemeinen Preisobergrenzen für Produkte wäre jedoch ein weitreichender Schritt. Fixe Preisgrenzen galten bereits zeitweise in der Vergangenheit. Sie wurden von kubanischen Ökonomen immer wieder als wenig effektive Maßnahme kritisiert, da die Produkte dann stets von den Verkaufsflächen verschwanden und unter der Hand zum Marktpreis gehandelt wurden. Im schlimmsten Fall waren hohe Verluste und Geschäftsaufgaben die Folge. „Je stärker die Preise kontrolliert werden, umso stärker werden Inflation und Instabilität auf den informellen Märkten, und umso geringer wird der Anreiz für eine Steigerung der eigenen Produktion, was letzten Endes der einzige Weg ist um die Inflation wirklich zu bekämpfen“, sagte der ehemalige Zentralbankökonom Pavel Vidal im Jahr 2019, als zuletzt allgemeine Preisobergrenzen eingeführt worden sind. Der ehemalige Wirtschaftsminister Alejandro Gil erklärte vergangenes Jahr, dass allgemeine Preisobergrenzen von der Regierung „als Instrument verworfen“ worden seien.
Jetzt könnten sie wieder kommen, aber die Regierung scheint dazugelernt zu haben. Im Unterschied zu früher ist jetzt von Anfang an klar, dass es sich nur um eine „zeitweise“ Maßnahme handeln kann, wie Rodríguez erklärte. Außerdem zeugt der Rückzieher davon, dass jetzt (anders als früher) nicht einfach fertige Tabellen aus dem Ministerium vorgelegt werden, sondern in Rücksprache mit den betroffenen Wirtschaftsakteuren vorgegangen werden soll. Auch der Tonfall ist neu: Es gehe darum „einen fairen Konsens für Händler und Verbraucher zu erreichen“, so Rodríguez. Ob dies am Ende gelingen kann, bleibt abzuwarten. Die Unsicherheit im Privatsektor dürfte so lange weiter hoch bleiben.