Im Kontext der anhaltenden Energiekrise hat Kubas Regierung ein neues Gesetz erlassen, um den Stromverbrauch „zu kontrollieren und effizienter zu gestalten“. Von den Regelungen betroffen sind sowohl staatliche als auch private Großverbraucher sowie Joint-Ventures und ausländische Vertretungen. Diese müssen künftig einen Teil ihrer Energie auf Basis erneuerbarer Quellen selbst produzieren oder entsprechende Ausgleichszahlungen leisten.
Nutzung erneuerbarer Energien wird obligatorisch
Das am Dienstag im Amtsblatt veröffentlichte Dekret definiert als „Großverbraucher“ all jene Wirtschaftsakteure und Einrichtungen, die im vergangenen Jahr einen durchschnittlichen Monatsverbrauch von mindestens 30 Megawattstunden oder 50.000 Litern Brennstoff hatten.
Diese haben nun drei Jahre Zeit, um erneuerbare Energiequellen (ihrer Wahl, aber Solar dürfte die Regel sein) zu installieren, mit denen sie mindestens 50 Prozent ihres Strombedarfs während der Spitzenlast am Tag (11 bis 13 Uhr) selbst erzeugen.
Sollte die Installation von Photovoltaikanlagen aus baulichen Gründen nicht möglich sein, müssen die betroffenen Akteure einen Vertrag mit dem Stromversorger UNE abschließen, der dann andernorts für den Ausbau der erforderlichen Solarleistung sorgt. Während bestehende Einrichtungen, die als Großverbraucher eingestuft wurden, noch bis zum Dezember 2027 Zeit haben, gilt die 50-Prozent-Regelung bereits jetzt für neu entstehende Großverbraucher.
Änderung des Strommix
Laut Leisy Hernández González, Generaldirektorin des nationalen Büros für rationalen Energieeinsatz (ONURE), zielt die Verordnung darauf ab, dass jeder dieser Nutzer seinen eigenen Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Dies sei Teil des Plans zur Änderung des Energiemix auf der Insel. Kuba plant, bis 2030 mindestens 37 Prozent des Stroms durch erneuerbare Energien zu erzeugen.
„Neue Investitionen, die heute getätigt werden, müssen unbedingt mit erneuerbaren Energien erfolgen“, bekräftigte ONURE-Leiterin González. Denn „bei der derzeitigen Situation des nationalen Stromnetzes ist es unmöglich, weiterhin eine Last zu tragen, die die Versorgungssituation der Bevölkerung verschärfen wird.“
Das neue Dekret gilt nicht für Privathaushalte, wohl aber für staatliche und private Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen, Genossenschaften, Selbstständige sowie ausländische Vertretungen. Diese sind erstmals angehalten, ein System zur Kontrolle und effizienten Nutzung von Energieträgern und erneuerbaren Quellen einzurichten, „um mehr Effizienz, Rationalität und Einsparungen zu erreichen“, heißt es in dem „Dekret 110“ genannten Gesetz, das am 26. Dezember in Kraft tritt.
Anforderungen an neues Energiemanagement
So müssen Großverbraucher ihre Energiemanagementsysteme künftig „gemäß den Anforderungen der kubanischen und internationalen Norm ISO 50001“ über das nationale Normungsbüro zertifizieren lassen.
„Alle Wirtschaftsakteure, die heute schon existieren, müssen Pläne machen. Sie müssen Programme für die Einführung erneuerbarer Energiequellen in einem Zeitraum von 3 bis 5 Jahren erstellen und in der Lage sein, diese Quellen zu installieren“, sagte González gegenüber dem kubanischen Fernsehen.
In diesem Zusammenhang empfahl sie den Akteuren, sich mit dem neuen Dekret zu befassen, da bei Inspektionen oder der Beantragung neuer Genehmigungen „die Pläne für erneuerbare Energien als eine ihrer Stromquellen verlangt werden.“
Neue Tarife für Spitzenverbrauch
Das Dekret kündigt auch die Einführung eines speziellen, deutlich höheren Tarifs für den Stromverbrauch zu Spitzenzeiten an, der nicht mehr subventioniert ist. Als Referenz dienen „die realen Kosten der Stromerzeugung mit Diesel zum offiziellen, von der kubanischen Zentralbank genehmigten Wechselkurs“. Der Tarif gilt „für neue, als Großverbraucher geltende Investitionen, ab Inbetriebnahme.“
Für bestehende Großverbraucher werden die neuen Tarife erst drei Jahre nach Veröffentlichung des Dekrets, also November 2027, greifen. Ausgenommen sind Unternehmen in der Sonderwirtschaftszone Mariel (ZEDM).
Das Dekret legt außerdem die verschiedenen Verstöße und Sanktionen fest, die auf staatliche und private Wirtschaftsakteure zukommen können.
Zu den möglichen Verstößen gehören beispielsweise die „Nichteinhaltung oder das Fehlen eines monatlichen Verbrauchsplans für jeden Energieträger“, der „Betrieb von Klimaanlagen in nicht technischen Räumen bei Temperaturen unter 24 Grad Celsius“, „Nichteinhaltung oder Fehlen einer Studie zur Anpassung der elektrischen Lasten“ und „Besitz von energieverbrauchenden Geräten, die ohne produktive Unterstützung betrieben werden“.
Bei erneuerbaren Energien gilt es als Verstoß, wenn die Systeme und Geräte einen „unangemessenen technischen Zustand“ für ihre „effiziente Nutzung und ihren korrekten Betrieb“ aufweisen.
Die Maßnahmen bei Verstößen reichen von einer dreimonatigen Kürzung des Treibstoffs für staatliche Akteure um 50 Prozent und der Unterbrechung der Stromversorgung für bis zu 72 Stunden. Für den Privatsektor sind Geldstrafen von bis zu 15.000 Pesos (ca. 120 Euro nach offiziellem Wechselkurs) vorgesehen, die auf 20.000 Pesos erhöht werden können, wenn sich das Land im „Energienotstand“ befindet.
Energienotstand als Blackout-Prävention
Das Dekret legt erstmals konkrete Verfahren für ein solches Krisenregime fest. Demnach wird der Minister für Energie und Bergbau verpflichtet, dem Ministerrat ein spezielles Notfallregime für die Elektrizitätsversorgung vorzuschlagen, wenn „das nationale Stromsystem die Nachfrage nicht mehr mit der verfügbaren Kapazität decken kann“.
Der Energienotstand bringt eine Reihe von Einsparmaßnahmen mit sich. So müssen, solange das Notfallregime gilt, unter anderem Elektroöfen und Klimaanlagen während der Spitzenlastzeit komplett abgeschaltet und Klimaanlagen generell auf eine Temperatur von mindestens 25 Grad eingestellt werden. Die Straßenbeleuchtung wird nur in priorisierten Gebieten aktiviert, und Büros sind verpflichtet, die Raumbeleuchtung um 50 Prozent zu reduzieren. Wasserpumpen müssen den nächtlichen Betrieb einstellen. Falls notwendig, kann eine geplante Abschaltung von Stromkreisen auch über einen Zeitraum von 72 Stunden hinaus durchgeführt werden.
Wie das Gesetz ausführt, hat der Ministerrat 48 Stunden Zeit, um über den Vorschlag zur Verkündung des Energienotstands zu entscheiden. Bei Zustimmung informiert der Energieminister innerhalb von 24 Stunden die zentralen Staatsorgane sowie die Provinzverwaltungen. Parallel dazu sorgt die zuständige Aufsichtsbehörde (ONURE) für die landesweite Bekanntmachung des Notfallregimes über regionale Energieräte und kommunale Organisationen.
Mit der Möglichkeit, die Stromversorgung im Bedarfsfall schnell in einen Krisenmodus zu versetzen, soll ein erneuter landesweiter Blackout, wie er sich am 18. Oktober ereignet hat, in Zukunft vermieden werden.