Die diesjährige Frühjahrsbilanz war für Kubas neuen Wirtschaftsminister Joaquín Alonso Vázquez alles andere als angenehm. Gut ein Jahr, nachdem dieser das Amt von seinem wegen Korruptionsvorwürfen geschassten Vorgänger Alejandro Gil übernommen hat, fiel das vergangene Woche gezogene Zwischenfazit düster aus.
Wie die Parteizeitung Granma über die Sitzung berichtet, seien „die erwarteten Auswirkungen“ der umgesetzten Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft im vergangenen Jahr ausgeblieben. „Die Deviseneinnahmen entwickelten sich ungünstig, die Produktionsniveaus reichten nicht aus, um die Grundversorgung zu decken, und die Industrie war von Finanzierungsengpässen geprägt“, heißt es in dem Bericht, der auch Kritik an Alonso Vázquez enthält: „Die Wirtschaft schrumpft, und es gelingt nicht, ihr neuen Schwung zu verleihen“, äußerte Premierminister Manuel Marrero, und fügte hinzu, dass das Ministerium hierbei „einen Teil der Verantwortung“ bei der Umsetzung der entsprechenden Programme trage. Es müsse ein „Wirtschaftsministerium auf der Höhe der Zeit“ geschaffen werden, mahnte das staatliche Portal CubaSí, was im Umkehrschluss nahelegt, dass das Ministerium bislang offenbar nicht auf der Höhe der Zeit agiert.
Marrero forderte außerdem dazu auf, „die Steuerung der Wirtschaft neu zu gestalten und das Machbare zu maximieren“ und verwies unter anderem auf die angestrebte Dezentralisierung von Kompetenzen und Zuständigkeiten. Alonso Vázquez nannte als drei Prioritäten für dieses Jahr: die Einführung eines neuen Mechanismus für die Zuteilung und Kontrolle von Devisen, die Fortsetzung der Teildollarisierung der Wirtschaft und die Reform der Staatsunternehmen, die Ende des Jahres in einem neuen Unternehmensgesetz münden soll. Über konkrete Details und weitere Maßnahmen (wie sie beispielsweise Anfang des Jahres von mehreren Ökonomen vorgeschlagen wurden), hüllten sich die Berichte in Schweigen. Ökonomen bemängeln immer wieder mangelnde Kohärenz und Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Reformen.
Weitere bislang vorliegende Daten zur Lage der Wirtschaft bestätigen das auf der Sitzung gezeichnete düstere Bild: So fiel die Zuckerrohrernte mit einem Produktionsergebnis von lediglich 160.000 Tonnen im Jahr 2024 katastrophal aus und lag 61 Prozent unter dem ohnehin bereits niedrigen Plan. Wie es in einem Bericht des ehemaligen Wirtschaftsminister José Luis Rodríguez heißt, müssen inzwischen 100 Prozent der Produkte des staatlichen Bezugshefts Libreta importiert werden. Der Trend zum Rückgang der Industrieproduktion, die 2023 auf 38,6 Prozent des Niveaus von 1989 fiel, konnte auch 2024 nicht gedreht werden. Hinzu kommen die anhaltenden massiven Probleme bei der Stromversorgung aufgrund von Treibstoffmangel und Kraftwerksausfällen, die im letzten Jahr zu drei landesweiten Blackouts geführt haben. Ein positives Signal gab es immerhin im Bereich der Tabakexporte: Mit Einnahmen von 820 Millionen US-Dollar konnte das staatliche Unternehmen Habanos S.A. seinen Umsatz vergangenes Jahr um 16 Prozent steigern.