Das kubanische Stromnetz ist am Freitag um 20 Uhr 15 Ortszeit landesweit zusammengebrochen. Wie das Energieministerium in einer Pressenote bekannt gab, hat eine Störung in einem Umspannwerk in Havannas Außenbezirk Diezmero, in deren Folge ein großer Teil der Leistung im Westen des Landes abgekoppelt wurde, den Kollaps verursacht. Dem vorausgegangen war bereits seit mehreren Wochen ein hohes Erzeugungsdefizit, das bei rund 40 bis 50 Prozent des Bedarfs lag, womit die Netzsicherheit nicht mehr gegeben ist.
Der staatliche Stromversorger Unión Eléctrica (UNE) hat für Freitag ein Leistungsdefizit von 1380 Megawatt prognostiziert, was 42,4 Prozent des Spitzenbedarfs von 3250 Megawatt entsprach. Bei Defiziten in diesem Bereich reichen bereits kleine Störungen und Ausfälle, um das Netz zum Zusammenbruch zu bringen.
Kuba befindet sich seit mehreren Jahren in einer schweren Energiekrise. Neben dem Mangel an Treibstoff ist hierfür auch der schlechte technische Zustand der acht Großkraftwerke verantwortlich. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation zuletzt weiter zugespitzt. Anfang Februar verhängte die Regierung aufgrund eines extrem hohen Defizits von über 1500 Megawatt temporäre Sparmaßnahmen, womit ein Netzzusammenbruch zunächst abgewendet werden konnte (Cubaheute berichtete). Jetzt hat ein unerwarteter Ausfall dieses Szenario nicht verhindern können.
Zuletzt kollabierte das kubanische Stromnetz im Oktober und Dezember 2024 aufgrund des Energiemangels, im November ereignete sich ein Blackout in Folge eines Hurrikans. Die Wiederherstellungsarbeiten dauerten jeweils mehrere Tage. Dabei müssen beträchtliche Ressourcen mobilisiert werden, um die angeschlagenen Kraftwerke wieder mit dem Netz zu synchronisieren. Krankenhäuser, Flughäfen, Hotels und einige private Geschäfte verfügen über Generatoren für die Notstromversorgung.
Anders als bei den beiden vorangegangenen Blackouts ist diesmal offenbar kein Kraftwerk (mit folgenden langwierigen Reparaturarbeiten) havariert, was die Dauer der Wiederherstellungsarbeiten verkürzen dürfte.
Update Samstag 15h: 225 Megawatt wiederhergestellt
Unmittelbar nach dem Zusammenbruch wurden die Arbeiten zur Wiederherstellung des Netzes aufgenommen. Der neue Tag hat mit dem Blackout begonnen – Kuba ist, bis auf Orte mit Generator, landesweit noch immer ohne Strom. Bis 8.30 Uhr (Ortszeit) waren lediglich 225 Megawatt wieder am Netz. In einigen Provinzen konnten erste Mikrosysteme gebildet werden, die als Grundlage für die Netzwiederherstellung dienen.
In der Provinz Granma werden so 42 Megawatt bereitgestellt, die vor allem zur Versorgung vitaler Dienste wie Krankenhäuser dienen. Das Mikrosystem von Santiago de Cuba wird das Kraftwerke Renté mit Energie versorgen, um die Synchronisation von Block 3 zu ermöglichen, der sich bereits im Hochfahrprozess befindet. Anschließend wird Energie in das Kraftwerk Felton geleitet, um dessen Hochfahren zu ermöglichen.
Update 17:30h: Vorbereitungen in der Guiteras

Kubas leistungsfähigstes Kraftwerk, die CTE Antonio Guiteras in Matanzas, bereitet sich auf den Start vor. Hierfür werden initial 10 Megawatt Leistung benötigt. Der Start soll am Nachmittag (Ortszeit) erfolgen und ist für die Wiederherstellung des Westnetzes von großer Bedeutung. Die Energie für den Start der Guiteras soll von Energás-Gaskraftwerken kommen, über die heute auch die Kraftwerke Mariel und Santa Cruz del Norte gestartet werden sollen.
Indes gab der Telekommunikationsversorger ETECSA bekannt, dass 70 Prozent der Notstromgeneratoren für das Mobilfunknetz gestartet sind, welches bislang in weiten Teilen des Landes weiter funktioniert. Auch alle für heute geplanten Flüge können abgewickelt werden, informierte das Transportministerium. Kubas Flughäfen verfügen ebenso wie Hotels und andere Infrastruktur über eigene Generatoren. Auch das neu eröffnete Hotel K-23 (Iberostar Selection La Habana), Kubas höchstes Gebäude, hat Strom über eigene Generatoren, macht sich jedoch damit gerade keine Fans: Cafés und andere Einrichtungen in dem Gebäude sind für Nicht-Übernachtungsgäste während des Blackouts geschlossen.
Update 19h: Start der Guiteras verzögert sich
Bei der Wiederherstellung des Westnetzes kommt es zu Verzögerungen. Das Gaskraftwerk Energás Boca de Jaruco, welches für den Start der thermischen Kraftwerke zuerst laufen muss, springt nicht an. „Diese Probleme werden derzeit gelöst, und wir gehen davon aus, dass wir im Laufe des Nachmittags Fortschritte bei der Wiederherstellung des westlichen Teils des Landes machen können. Wir arbeiten an weiteren Varianten, um Energás Boca de Jaruco mit den Standorten von Regla und dem schwimmenden Kraftwerk zu erreichen“, erklärte Lázaro Guerra Hernández, Direktor für Elektrizität beim Energieministerium, gegenüber den kubanischen Nachrichten.
Update 21h: Erstes Mikronetz in Havanna, erneuert Ausfall in Santiago

Der Start der Guiteras lässt noch auf sich warten. Doch immerhin: die Vorbereitung dafür, das Hochfahren von Energás Boca de Jaruco, ist gelungen. Damit konnte auch in der Hauptstadt ein Mikronetz geschaffen werden, das erste Stromkreise in den Stadtteilen Centro, Cerro und San Miguel del Padrón mit 6,3 Megawatt versorgt. Damit erhalten jetzt rund 1,5 Prozent der Bewohner Havannas Strom. Für eine stabile Versorgung größerer Teile müssen jedoch erst die thermischen Großkraftwerke hochgefahren werden.
Einen Rückschlag gab es indes in Santiago de Cuba. Das dortige Mikrosystem mit 42 Megawatt ist gegen halb 12 vormittags wieder kollabiert. Das hinter dem lokalen Mikronetz stehende Kraftwerk Renté sei „sehr anfällig für Nachfragespitzen“ und „nicht in der Lage, Schwankungen auszugleichen oder die Last effektiv zu verteilen“, berichten kubanische Medien. Die erste Parteisekretärin, Beatriz Johnson Urrutia, besuchte die Zentrale des Kraftwerks.
Wie der lokale Fernsehsender „Perlavision“ der Provinz Cienfuegos berichtet, leisteten die Ärzte im Krankenhaus „Dr. Gustavo Aldereguía Lima“ wahrhaft außerordentliches: Als der Strom mitten während einer Operation ausfiel, setzten sie diese mit Handybeleuchtung fort, um konnten damit dem Patienten das Leben retten.
Update Sonntag 1h: Mikrosystem in Havanna wieder zusammengebrochen
Das lokale Mikrosystem Havannas ist kurz vor 20 Uhr Ortszeit wieder kollabiert, wie der Stromversorger UNE informierte. Indes ist es gelungen, dem Kraftwerk Antonio Guiteras Strom für den Start zuzuführen. Dessen erfolgreicher Betrieb gilt als Voraussetzung für ein stabiles Teilnetz im Westen des Landes. Die Arbeiten hierfür werden die ganze Nacht fortgesetzt.
Update 14h: Erste Kraftwerke wieder am Netz
Das Energie- und Bergbauministerium gab über seine sozialen Netzwerke bekannt, dass die Kraftwerksblöcke Felton 1, Nuevitas 5 und 6 in Betrieb genommen wurden. Die Antonio Guiteras, Mariel 8 und Rente 3 werden zur Stunde hochgefahren. Weitere Einheiten sollen im Laufe des Tages hinzukommen. In Havanna konnte das lokale Mikronetz wiederhergestellt werden, dieses versorgt mit seinen 68 Megawatt jetzt 19 Prozent der Kunden mit Strom. Auch im Zentrum und Osten kommt die Wiederherstellung voran, in der Provinz Cienfuegos haben 103.000 Kunden wieder Strom.
Update 15h: Netz von Havanna bis Guantánamo wieder verbunden
Wie Lázaro Guerra Hernández, Direktor für Elektrizität beim Energieministerium, am Sonntagmorgen (Ortszeit) erklärte, ist das Stromnetz mit einer Leistung von 935 Megawatt wieder von Mariel westlich von Havanna bis Guantánamo im Osten des Landes verbunden. Außen vor bleiben noch Artemisa und Pinar del Río, die mit dem Start der Guiteras wieder ins Gesamtnetz integriert werden können.
Update 21h: Stromerzeugung bei 1115 Megawatt, Schulschließung in Pinar del Río
Laut jüngsten Informationen des Energieministeriums werden inzwischen landesweit 1115 Megawatt erzeugt. Sechs Kraftwerke befinden sich im Prozess des Hochfahrens. Während in mehreren Provinzen bereits ein signifikanter Teil der Haushalte wieder versorgt ist, gestaltet sich die Lage im äußersten Westen des Landes am schwierigsten. Behörden der Provinz Pinar del Río kündigten an, dass der Schulbetrieb morgen bis auf Weiteres ausgesetzt wird. In der zentralkubanischen Provinz Sancti Spíritus soll hingegen der Schulbetrieb wie geplant stattfinden, wobei den Einrichtungen vor Ort die Entscheidung überlassen wird, aufgrund von andauernden Problemen bei der Wasserversorgung die Unterrichtszeiten zu verkürzen. Internate werden in der Provinz deshalb erst ab Dienstag wieder öffnen.
Wie in den sozialen Medien berichtet wird, ist inmitten des Blackouts in Havannas Stadtteil Diez de Octubre ein Gebäude eingestürzt. Laut Augenzeugenberichten seien mehrere Menschen verschüttet worden. Gute Neuigkeiten gibt es für den interprovinziellen Bus- und Zugverkehr: Alle geplanten Abfahrten können wie geplant stattfinden.
Update 22:30h: Guiteras ist wieder am Netz
Kubas leistungsfähigstes Kraftwerk, die CTE Antonio Guiteras in der westlichen Provinz Matanzas, ist seit wenigen Minuten wieder am Netz. Wie kubanische Medien gegen 17 Uhr Ortszeit berichteten, wurde das Kraftwerk erfolgreich synchronisiert. „Wir sind vor etwa 15 oder 20 Minuten eingestiegen. Es ist ein erster Schritt. Wenn wir keine Probleme haben, werden wir zunächst auf 120 Megawatt und dann, in Abstimmung mit dem nationalen Dispatcher, auf 200 MW hochgehen“, sagte der Direktor des Kraftwerks, Rubén Campos Olmos. Damit dürfte das Stromnetz in den kommenden Stunden weiter gestärkt werden, was auch bei der Verbindung der noch abgekoppelten Bereiche von Pinar del Río bis Artemisa hilft.
Update Montag 0:15h: Zwei Drittel der Kunden in Havanna wieder versorgt
Wie der Stromversorger mitteilte, sind in Havanna inzwischen 356 Megawatt verfügbar, mit denen 167 Stromkreise versorgt werden. Dies entspricht mit 575.200 Haushalten rund zwei Drittel der Kunden. Priorität liegt zunächst wie immer auf der vitalen Infrastruktur wie Krankenhäuser und Wasserpumpstationen. Indes gab das Bildungsministerium bekannt, dass in allen Provinzen der Schulbetrieb ab Montag erst allmählich und unter Sonderbedingungen stattfinden wird. Schüler müssen beispielsweise nicht mit Uniform kommen, da während des Blackouts auch die Wasserversorgung zusammengebrochen ist. Ein Problem, das erfahrungsgemäß vielerorts noch einige Tage andauern dürfte.
Update 14h: Havanna wieder unter Strom
Laut dem letzten Update des Stromversorgers am Sonntagabend gegen 22 Uhr Ortszeit sind inzwischen 100 Prozent der Kunden in Havanna wieder versorgt. Der landesweite Blackout ist damit nach rund 48 Stunden überstanden, das Netz wiederhergestellt. Auch das Internet läuft wieder stabiler, der Datenverkehr hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 87 Prozent des Volumens von vor dem Blackout erreicht. Andernorts, z.B. in der Provinz Artemisa, lässt der Strom jedoch (noch) auf sich warten. Das für heute prognostizierte Leistungsdefizit liegt mit hohen 1355 Megawatt wieder im Bereich von vor dem Blackout.
Der Vizegouverneur von Cienfuegos, Rolando José Rajadel Alzuri, mahnte gegenüber dem Lokalsender Perlavision eindringlich die Komplexität der Lage in seiner Provinz an. Kuba habe keine Treibstoffreserven mehr, jede Aktivität in Cienfuegos müsse deshalb händisch genehmigt werden. Dem Beamten zufolge „werden wir auch bei den Notstromaggregaten auf keinen Kraftstoff mehr zurückgreifen können“. „Die Grundbedürfnisse müssen gesichert werden. Der Rest muss eingestellt werden, weil kein Liter Diesel für die Wirtschaft dieser Provinz eingeführt wird“, so Rajadel Alzuri. Präsident Díaz-Canel bedankte sich auf X bei den Arbeitern des Stromversorgers und der Bevölkerung „für das Verständnis in den Stunden der Unsicherheit und des Unbehagens“. „Wir haben noch immer ein Defizit, aber das Netz ist wieder verbunden“, so das Staatsoberhaupt gegen sieben Uhr morgens Ortszeit. Soviel ist sicher: Nach dem Blackout wird die Rationierung von Energie weitergehen.