Kubas Energiekrise spitzt sich weiter zu. Laut Angaben des staatlichen Stromversorgers Unión Eléctrica (UNE) muss das Land am heutigen Mittwoch mit großflächigen Stromausfällen rechnen, die zur Spitzenzeit am Abend mehr als die Hälfte der Bevölkerung treffen könnten.
Wie die UNE mitteilte, wurde bereits am Montag mit 1882 Megawatt ein neuer Höchstwert beim Defizit erreicht. Heute soll die Unterversorgung zur Spitzenzeit 1835 Megawatt betragen, was 51 Prozent der erwarteten Stromnachfrage entspricht. Bei Defiziten in diesem Bereich steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Netzzusammenbruch, wie er sich zuletzt im März ereignet hat.
Die Ursachen für den akuten Anstieg des Defizits sind vielfältig: Einerseits befinden sich derzeit sechs der 20 wichtigsten Kraftwerksblöcke des Landes wegen technischer Störungen oder Wartungsarbeiten außer Betrieb. Zudem können 97 dezentrale Generatoren aufgrund von Treibstoffmangel nicht ans Netz gehen.
Während die Hauptstadt Havanna derzeit „nur“ vier bis sechs Stunden täglich ohne Strom auskommen muss, sind andere Landesteile deutlich stärker betroffen. In den Großstädten Santiago de Cuba und Holguín kommt es teilweise zu Blackouts von 20 Stunden pro Tag, wie lokale Medien berichten.
Seit vergangenem August hat sich die Energiekrise in Kuba massiv verschärft. Hauptgründe sind der desolate Zustand der überwiegend noch aus Sowjetzeiten stammenden thermoelektrischen Kraftwerke sowie der chronische Devisenmangel, der den Erwerb von Ersatzteilen und Treibstoff erschwert.
Experten sehen die Ursachen in der jahrzehntelangen Unterfinanzierung der Energieinfrastruktur, die sich komplett in staatlicher Hand befindet. Die Kosten für die Sanierung des Stromnetzes werden auf mehrere Milliarden US-Dollar geschätzt. Kubas Regierung verweist zudem auf die unter Donald Trump erneut verschärfte US-Wirtschaftsblockade, die auch wichtige Devisenbringer wie den Tourismus trifft und den Erwerb von Treibstoff auf dem Weltmarkt erschwert.
In den kommenden Wochen droht sich die Situation weiter zuzuspitzen. Im Juli und August steigt der Stromverbrauch in Kuba aufgrund der Schulferien und hoher Temperaturen, in denen die Klimaanlagen stärker und länger laufen, üblicherweise stark an. Zwar hat die Regierung wie in den Vorjahren einen Plan angekündigt, um die Stromausfälle in dieser Zeit zu begrenzen. Doch wenige Tage vor Beginn der heißen Jahreszeit ist davon noch nichts zu spüren. Beobachter rechnen daher mit einem weiteren „dunklen Sommer“.
Die Regierung steht unter Druck, kurzfristig für Besserung zu sorgen. Langfristig könnte die Modernisierung der Infrastruktur durch erneuerbare Energien für Abhilfe sorgen. Noch ist das Land jedoch weit davon entfernt, seinen Strombedarf aus eigener Kraft decken zu können. Zwar sind bisher 17 von 55 für dieses Jahr geplanten Solarparks am Netz – der Ausbau hinkt jedoch aktuell dem steigenden Bedarf hinterher.