Auf Kuba kommen stürmische Tage zu. Hurrikan Melissa hat sich zu einem Wirbelsturm der höchsten Kategorie 5 verstärkt und bedroht Kubas Osten mit verheerenden Auswirkungen. Das National Hurrikanzentrum der USA (NHC) meldete am Montagmorgen um 5:00 Uhr Windgeschwindigkeiten von 260 Kilometern pro Stunde und noch stärkeren Böen, womit der Sturm die höchste Kategorie der Saffir-Simpson-Skala erreicht hat.
Der Hurrikan befand sich zu diesem Zeitpunkt 205 Kilometer südwestlich von Kingston (Jamaika) und 505 Kilometer südwestlich von Guantánamo. Mit nur sechs Kilometern pro Stunde bewegt sich Melissa sehr langsam vorwärts, was das Schadenspotential des Sturms für die betroffenen Gebiete erhöht.
Zwölf Stunden Verwüstung erwartet

Dr. Celso Pazos, Direktor des kubanischen Meteorologischen Instituts (Insmet), erklärte am Sonntag, dass Melissas Zentrum voraussichtlich etwa zwölf Stunden über kubanischem Territorium verweilen wird – von seinem Eintritt an der südöstlichen Küste bis zum Austritt an der Nordküste. Der Hurrikan soll am Dienstagabend auf Land treffen und während der Morgenstunden des Mittwochs über die Insel ziehen.
Kubas bekanntester Meteorologe, Dr. José Rubiera, bezeichnete Melissa am Sonntag als „extrem gefährlich“ und warnte, dass die Windböen Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde erreichen könnten.
Massive Evakuierungen eingeleitet
Die kubanische Regierung hat in den betroffenen östlichen Provinzen umfangreiche Schutzmaßnahmen eingeleitet. Vizepremierministerin Inés María Chapman warnte vor schweren Überschwemmungen, insbesondere in den Provinzen Granma und Santiago de Cuba, wo das Wasser aus anderen Gebieten zusammenfließt.

In Granma müssen 110.000 Menschen (15 Prozent der Bevölkerung) in Sicherheit gebracht werden, davon 66.000 in Evakuierungszentren, wie die Provinzpräsidentin Yudelkis Ortiz Barceló mitteilte. Die Provinz identifizierte 98 kritische Gebiete für die Evakuierung.
Santiago de Cuba bereitet den Schutz von 258.573 Menschen vor, berichtete die dortige Erste Parteisekretärin Beatriz Johnson Urrutia. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Gemeinde Guamá, die kürzlich von Tropensturm Imelda getroffen wurde. Die Staudämme Protesta de Baraguá und Carlos Manuel de Céspedes werden überwacht.
In Guantánamo sollen 139.914 Menschen (30 Prozent der Bevölkerung) in 108 Zentren untergebracht werden, erklärte Parteisekretär Yoel Pérez García. Holguín plant die Evakuierung von 69.000 Menschen, während Las Tunas 72.000 Personen in 133 Zentren und bei Verwandten unterbringen will. Insgesamt werden knapp 650.000 Menschen evakuiert.
Präsident mahnt zur Eile
Präsident Miguel Díaz-Canel betonte die Dringlichkeit der Vorbereitungen und wies darauf hin, dass der Sturm nachts oder in den frühen Morgenstunden eintreffen werde. „Was wir jetzt nicht tun, verlieren wir später“, warnte er bei einer erweiterten Sitzung des Nationalen Verteidigungsrats.
Der Staatschef forderte intensive Arbeit für Sonntag und Montag und erklärte: „Wenn wir für das schlimmste Szenario arbeiten, garantieren wir Ruhe in dieser ganzen Angelegenheit.“ Er betonte die Notwendigkeit, alle Menschen in Überschwemmungsgebieten und unterhalb von Staudämmen zu evakuieren.
Infrastruktur und Versorgung im Fokus
Die Regierung konzentriert sich dabei auch auf den Schutz kritischer Infrastruktur. Díaz-Canel ordnete die Überprüfung von Notstromgeneratoren, den Schutz von Wind- und Solarparks sowie die Sicherstellung von Handy-Ladestationen und alternativen Beleuchtungsmitteln für die Bevölkerung an.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Müllsammlung, der Reinigung von Abflüssen und Kanälen sowie der Sicherung der Grundversorgung mit Lebensmitteln. Im Osten des Landes werden die Talsperren geleert, um die bevorstehenden Wassermengen aufnehmen zu können. Der Präsident hob hervor, dass nicht nur Menschen, sondern auch deren Besitz geschützt werden müsse, einschließlich Matratzen, Haushaltsgeräte und Haustiere.
Das Energieministerium kündigte an, die Stromversorgung im Osten des Landes zu priorisieren, damit die Vorbereitungsarbeiten besser vonstatten gehen können, weshalb es im Westen des Landes zu verstärkten Engpässen kommen kann.
Um die Bevölkerung auf allen Kanälen informiert zu halten, wird das Nachrichtenportal Cubadebate für die nächsten Tage erreichbar sein, ohne dass Mobildaten verbraucht werden. Auch der Verband der kubanischen Amateurfunker macht sich bereit und hat seine Notfallfrequenzen aktiviert.
Melissa ist der dritte Hurrikan dieser Saison, der die Kategorie 5 erreicht hat. Das NHC prognostiziert, dass der Sturm trotz möglicher Intensitätsschwankungen beim Durchzug durch Kuba ein Großhurrikan bleiben wird, bevor er zu den Bahamas weiterzieht.

