29. März 2024

Personen

Gemäß der 2019 verabschiedeten Verfassung versteht sich Kuba heute als sozialistisches Einparteiensystem semipräsidentieller Prägung. Der höchste Repräsentant des Staates ist der Präsident der Republik, welcher alle fünf Jahre von der Nationalversammlung gewählt wird (§125ff.). Er verfügt über weitgehende Exekutivbefugnisse und vertritt das Land nach außen. Die Regierung wird vom Premierminister angeführt, der zugleich dem 33-köpfigen Ministerrat vorsteht (§140ff.). Präsident und Premierminister dürfen für maximal zwei Amtszeiten á fünf Jahren gewählt werden.Die 21 Mitglieder des Staatsrats vertreten die Abgeordneten des Parlaments zwischen den beiden jährlichen Sitzungen und werden ebenfalls auf fünf Jahre gewählt (§107).
(Stand: Dezember 2022)

Wer ist wer“ auf Kuba?

Eine Schlüsselfunktion kommt dem 14-köpfigen Politbüro der Kommunistischen Partei (PCC) zu, die laut Verfassung als „führende Kraft in Staat und Gesellschaft“ fungiert (§5) und parallele Strukturen zur Staatsebene unterhält. Bei der Auswahl und Reihenfolge dieses „Who is who“ war daher die gleichzeitige Mitgliedschaft im Staats- bzw. Ministerrat sowie im Politbüro der PCC wichtiges Kriterium. Letzteres wird auf dem alle fünf Jahre tagenden Parteikongress (zuletzt April 2021) vom derzeit 114-köpfigen Zentralkomitee gewählt. Die aktuelle Legislatur der kubanischen Nationalversammlung begann 2018 und endet 2023.

Miguel Díaz-Canel (geb. am 20. April 1960 in Placetas, Provinz Villa Clara) ist seit dem 19. April 2018 Präsident der Republik Kuba und Nachfolger Raúl Castros. Im April 2021 übernahm er von diesem auch den Posten des Ersten Sekretärs des Politbüros der PCC. Díaz-Canel schloss seine Ausbildung zum Elektronikingenieur im Jahr 1982 ab und unterrichtete ab 1985 an der Universidad Central „Marta Abreu de Las Villas“ (UCLV) in Santa Clara. Zwischen 1987 und 1989 erfüllte er internationalistische Missionen in Nicaragua und war dort unter anderem für die Arbeit des kommunistischen Jugendverbands UJC innerhalb der Streitkräfte zuständig. 1990 bis 1992 war er Erster Sekretär des Jugendverbands in seiner Heimatprovinz Santa Clara, 1994 wurde er zum Leiter des Provinzkomitees der PCC gewählt. Dort erwarb er sich einen Ruf als volksnaher Politiker: statt des etablierten Dresscodes trug er Vokuhila und T-Shirt und fuhr mit dem Fahrrad zur Arbeit – bis ihm die Partei dies aus Sicherheitsgründen untersagte. Während seiner Zeit als Provinzsekretär setzte er sich für die Gründung des ersten schwulen Nachtclubs in Santa Clara ein. 2003 wechselte er auf diesem Posten in die Provinz Holguín und wurde mit 44 Jahren zum jüngsten Mitglied des Politbüros. 2009 bis 2012 war er Minister für Hochschulbildung. Im Februar 2013 stieg er als Vizepräsident des Staatsrats zum Stellvertreter Raúl Castros aus.

Manuel Marrero Cruz (geb. am 11. Juli 1963 in der Provinz Holguín) ist seit Dezember 2019 Premierminister Kubas. Der studierte Architekturingenieur begann seine berufliche Laufbahn 1990 bei der Tourismus-Gruppe „Gaviota“, die von den kubanischen Streitkräften geleitet wird. Im Jahr 1996 wurde er zum Generaldirektor des Varadero Azul Hotelkomplexes ernannt und 1999 zum Vizepräsidenten der Gaviota-Gruppe befördert, deren Präsident er im Jahr 2001 wurde. Zwischen 2004 und 2019 fungierte er als bislang dienstältester Tourismus-Minister des Landes.

Vizepräsidenten des Staats- und Ministerrats

Salvador Antonio Valdés Mesa (geb. am 13. Juni 1945 in der Provinz Camagüey) ist Erster Vizepräsident des Staats- und Ministerrats sowie Mitglied des Politbüros. Er schloss sich als Jugendlicher der Revolution an und beteiligte sich nach der Alphabetisierungskampagne am Aufbau des kommunistischen Jugendverbands. Später bekleidete er mehrere Ämter innerhalb des kubanischen Gewerkschaftsverbands CTC, dessen Vorsitzender er 2006 bis 2013 war. Zwischen 1995 und 1999 war er Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, anschließend Erster Sekretär der PCC in der Provinz Camagüey.

Roberto Tomás Morales Ojeda (geb. am 13. Juni 1967 in der Provinz Cienfuegos) ist seit 2018 Vizepräsident des Ministerrats und leitet seit April 2021 die einflussreiche Kaderabteilung im PCC-Politbüro, dem er seit 2016 angehört. 1991 schloss er sein Medizinstudium in Cienfuegos ab, anschließend arbeitete er als Arzt sowie Leiter des Gesundheitsamts in Rodas und Cienfuegos. Von 2010 bis 2018 war er Kubas Gesundheitsminister. Nach seiner Tätigkeit im Provinzkomitee der PCC von Cienfuegos stieg er 2011 zum Mitglied des Zentralkomitees auf.

Ramiro Valdés Menéndez (geb. am 28. April 1932 in Artemisa) ist Vizepräsident Ministerrats. Mit 21 Jahren nahm er am Überfall auf die Moncada-Kaserne Teil und saß mit Fidel Castro im Gefängnis. Als einer der Führer der Rebellenarmee ist Valdés ein „Comandante“ der Revolution. 1961 wurde er mit der Bildung des Innenministeriums beauftragt, das er bis zum Jahr 1989 leitete. Er war von Gründung des Politbüros bis 1986 in selbigem Mitglied, danach im Staatsrat vertreten. Von 2008 bis 2021 war Valdés erneut Mitglied des Politbüros. 2011 gab er die Leitung des Kommunikationsministeriums auf und hatte die zeitweise die zentrale Aufsicht über das Bau- und Industrieministerium. Als enger Vertrauter Raúl Castros und letzter Vertreter der „historischen Generation“ in leitender Position gilt er als einflussreich.

Juan Esteban Lazo Hernández (geb. am 26. Februar 1944 in Jovellanos, Provinz Matanzas) ist Parlamentspräsident, Mitglied des Politbüros und seit 2018 Erster Präsident des Staatsrats. Er stammt aus einer armen Familie in ländlicher Gegend und arbeitete bis 1963 als Bauer. Danach nahm an der Alphabetisierungskampagne Teil und wurde 1964 Mitglied der PCC. 1967 schloß er sein Wirtschaftsstudium ab und wurde 1971 Mitglied des Parteibüros von Matanzas. 1981 war er Erster Provinzsekretär von Matanzas, 1986 in Santiago und 1994 schließlich in Havanna. 2013 wurde er zum Präsidenten des kubanischen Parlaments gewählt.

Inés María Chapman Waugh (geb. am 9. September 1965 in Havanna) ist studierte Hydraulikingenieurin und seit 2018 Vizepräsidentin Ministerrats. Sie begann ihre berufliche Karriere als Technikerin bei der „Empresa de Hidroeconomía“ in Holguín und fungiert als Leiterin des nationalen Instituts für Wasserressourcen (INRH). 2021 schied sie aus dem Politbüro aus, blieb jedoch Vizepräsidentin des Ministerrats und Mitglied des Zentralkomitees der PCC.

Ulises Guilarte de Nacimiento (geb. am 12. Dezember 1964 in Artemisa) ist Präsident des Gewerkschaftsdachverbands CTC, seit 2018 Mitglied des Staatsrats und seit 2021 Mitglied des Politbüros. Der studierte Automations-Ingenieur begann sein Arbeitsleben 1987 in einer Fabrik in Cienfuegos und war von 1997 bis 2003 Vorsitzender der Baugewerkschafter von Havana. Später nahm er diverse leitende Funktionen innerhalb des kubanischen Gewerkschaftsverbands CTC ein, dessen Vorsitz er seit 2006 innehat. 2011 war er Delegierter beim VI. Parteitag der PCC.

Jorge Luis Tapia Fonseca (geb. 1964 in Palmira, Provinz Cienfuegos) ist seit 2019 Vizepräsident des Ministerrats und Mitglied des Zentralkomitees der PCC. Der studierte Ökonom begann seine Karriere 1986 als Leiter des Jugendverbands in seiner Heimatstadt Palmira arbeitete ab 1993 als Leiter der ideologischen Abteilung der Partei in Cienfuegos. Zwischen 2004 und 2007 zeichnete er für die Basisindustrie in Cienfuegos verantwortlich, danach stieg er zum Provinzsekretär von Ciego de Ávila auf. Zwischen 2012 und 2019 fungierte er als Erster Sekretär der Provinz Camagüey.

Alejandro Gil Fernández (geb. 1960) ist seit 2018 Vizepräsident des Ministerrats und Wirtschaftsminister Kubas. Der studierte Ingenieur begann seine Karriere im Ministerium für Finanzen und Preise und war zwischen 2016 und 2018 die „rechte Hand“ von Ricardo Cabrisas im Wirtschaftsministerium. Seit 2020 steht er auch medial in der vordersten Reihe bei der Umsetzung der neuen Wirtschaftsstrategie des Landes. Er wurde 2021 ins Zentralkomitee der PCC gewählt.

Álvaro López Miera (geb. am 26. Dezember 1943 in Havanna) ist seit April 2021 Verteidigungsminister Kubas und Mitglied des Politbüros. Er wuchs in Santiago de Cuba auf, wo sich seine Eltern an der urbanen Guerilla („lucha clandestina“) beteiligten. Im November 1958 wurde er mit 14 Jahren als eines der jüngsten Mitglieder von Raúl Castro in die Rebellenarmee aufgenommen. Nach dem Sieg der Revolution setzte er seine Karriere im Militär fort und kämpfte in den 1970er und 1980er Jahren in Äthiopien und Angola. 1997 erfolgte die Beförderung zum Divisionsgeneral. Von 2011 bis 2021 fungierte er als Vizeminister der Revolutionären Streitkräfte (FAR).

Ricardo Cabrisas Ruiz (geb. am 21. Januar 1937) ist seit 2019 Vizepräsident des Ministerrats. Zwischen 2016 und 2018 war er Wirtschaftsminister des Landes. Als einer der Chefunterhändler war er an der Neuverhandlung der kubanischen Altschulden beteiligt.






Weitere einflussreiche Politiker

Lázaro Alberto Álvarez Casas (geb. 1963) ist seit 2020 Innenminister Kubas und seit April 2021 Mitglied des Politbüros. Der Angola-Veteran durchlief verschiedene Abteilungen beim Innenministerium und den Streitkräften, unter anderem bei der militärischen Spionageabwehr.


Luis Alberto Rodriguez Lopez-Calleja wurde 2021 Mitglied des Politbüros. Als Leiter der Gaviota-Gruppe (welche rund 70% der Devisenströme im Tourismus verwaltet) und Ex-Schwiegersohn Raúl Castros war er ein Einflussreicher Wirtschaftskader, Vertreter der Streitkräfte und „Graue Eminenz”. Er verstarb nach einer Krebserkrankung am 1. Juli 2022.

Bruno Rodríguez Parrilla (geb. am 22. Januar 1958 in Mexico City) ist seit 2009 Kubas Außenminister sowie Mitglied des Ministerrats und des Politbüros. 1986 wurde er zum internationalen Sekretär der UJC gewählt und koordinierte ab 2004 verschiedene Hilfsmissionen in Haiti und Pakistan. 1995 bis 2003 vertrat er Kuba in den Vereinten Nationen und war von 2004 bis 2009 Vizeaußenminister. 2009 übernahm er das Amt von seinem wegen Korruptionsvorwürfen abgesetzten Vorgänger Felipe Pérez Roque.

Teresa María Amarelle Boué ist seit 2018 Mitglied des Staatsrats sowie Präsidentin des Frauenverbands FMC und Mitglied des Politbüros. Die studierte Historikerin begann ihre berufliche Laufbahn 1985 als Lehrerin einer weiterführenden Schule in ihrer Heimat Puerto Padre (Provinz Las Tunas). 2003 wurde sie Leiterin der Parteiorganisation in der Gemeinde und stieg 2006 in die Provinzorganisation auf. Von 2009 bis 2012 war sie Erste Sekretärin der PCC in Las Tunas. Auf dem VIII. Parteitag der PCC im April 2021 wurde sie erstmals ins Politbüro gewählt.

Marta Ayala Ávila ist Leiterin des Zentrums für Genetik und Biotechnologie (CIGB) in Havanna und seit 2016 Mitglied des Politbüros, 2021 wurde sie als eine von drei Frauen in das von 17 auf 14 Sitze verkleinerte Gremium wiedergewählt. Sie hält einen Doktor in Biologie.




Beatriz Johnson Urrutia (geb. am 5. Dezember 1969) ist Vizepräsidentin des Staatsrats und seit Januar 2020 Gouverneurin von Santiago de Cuba. Die Chemieingenieurin begann ihre Karriere in der Studentenföderation FEU und im Jugendverband UJC. Ab 1993 arbeitete sie im Zementwerk “José Mercerón” in Santiago de Cuba. Im April 2021 wurde sie ins Zentralkomitee der PCC gewählt.


Ana María Mari Machado ist seit 2019 Vizepräsidentin der Nationalversammlung und des Staatsrats und Stellvertreterin von Esteban Lazo Hernández. Im April 2021 wurde die ehemalige Richterin ins Zentralkomitee der PCC gewählt.



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