Ein Detail der wichtigsten kubanischen Tageszeitung „Granma“, Zentralorgan der kommunistischen Partei Kubas, machte mich neulich stutzig: Der langjährige Schriftzug auf der Titelseite: „Donde comienza el deber, termina la amistad“ (span.: Wo die Pflicht beginnt, endet die Freundschaft“) wurde vor einigen Wochen ausgetauscht.
Seitdem heißt es auf der Titelseite der Granma: „El ingreso más importante que puede tener nuestro país es el ahorro“ (span.: Die wichtigste Einnahmequelle, die unser Land haben kann, ist das Sparen.“ – Anm.: Danke an Heiko für die Korrektur!)
Was hat diese stillschweigende Veränderung also zu bedeuten? Zunächst einmal nicht viel. Den Schriftzug an dieser Stelle gibt es selbst erst seit einigen Jahren, davor gab es dort lediglich ein Bild (bis mindestens 2009). Auch davor war das Layout der Granma ständig mehr oder minder großen Veränderungen unterworfen und alles andere als konsistent.
Dennoch scheint der Austausch dieses Satzes eine gewisse symbolische Bedeutung zu haben, fällt sie schließlich doch zeitlich in etwa mit der Ernennung Diaz-Canel’s zum neuen Vizepräsidenten und damit de facto Nachfolgers Raúl Castro zusammen. Auch die Ankündigung, dass die Reformen nun in ihre komplexeste Phase treten könnte hierbei eine Rolle spielen. Auch ein Zitat von José Martí, welches Diaz-Canel betonte ist hierbei interessant: „Seeing afterwards is worthless. Foreseeing is what really counts … and being ready.”
Möglicherweise soll mit dem neuen Satz im rechten Titelblatt der Granma nichts bezweckt werden, als den Fokus auf die ökonomische Gegenwart zu verschieben, in der jetzt die größten anstehenden Aufgaben bei der Modernisierung des kubanischen Sozialismus bevorstehen.
Hallo Marcel, zwei kleine Anmerkungen:
1. Du hast das neue Motto auf der ‚Granma‘ falsch verstanden/übersetzt: „el ahorro“ ist das Sparen und hat rein gar nichts zu tun mit „el ahora“ (das Jetzt). Und du hast „tener“ (haben) mit „mantener“ (erhalten) verwechselt. „Die wichtigste Einnahmequelle, die unser Land haben kann, ist das Sparen.“ Das ist zwar immer noch eine holprige Aussage, angesichts hoher Staatsverschuldung und Devisenknappheit aber besser nachvollziehbar und nicht mehr ganz so kryptisch wie „das Jetzt“ als „Quelle“ für unser Land, oder?
2. Der Satz aus der New York Times, den du interessant findest, ist — wie dort nachzulesen — nicht auf dem Mist von Miguel Díaz-Canel gewachsen, sondern ein Zitat von José Martí.
Salu2, Heiko