Im Juni 2013 nahm das kubanische Fernsehen zum ersten Mal den digitalen Testbetrieb auf. Seit Mitte des Jahres laufen bereits die ersten Übertragungen in Full-HD auf der Insel. Kuba will in den kommenden Jahren sein analoges Fernsehprogramm schrittweise auf digitalen Funkempfang umstellen. Die Erwartungen in der Bevölkerung sind groß, denn die neue Technik verspricht viele neue Möglichkeiten und könnte sich rasch durchsetzen. Hilfe bekommt das Land dabei aus China.
Technik aus Fernost
Der Prozess begann, als kubanische Experten nach einer Fachkonferenz im Jahr 2009 die Umstellung auf Digitalfernsehen empfohlen und die verschiedenen Übertragungssysteme unter die Lupe nahmen. Als der Umstieg beschlossen wurde, setzte sich als Sieger der chinesische DTMB-Standard durch. In Zusammenarbeit mit der Insel gründete China 2011 eine Arbeitsgruppe mit dem kubanischen Elektronikunternehmen Lacetel, um die schrittweise Aufrüstung der Infrastruktur zu koordinieren. Seitdem werden die Ergebnisse in jährlichen Konferenzen evaluiert.
DTMB wurde 2006 veröffentlicht wurde und gilt als technisch ausgefeilter als die europäischen und amerikanischen TV-Normen, die bereits Ende der 1990er entwickelt wurden. So soll das Signal robuster übertragen werden und über eine größere Bandbreite von bis zu 32 Mbit/s verfügen. Die Nutzung des Standards wurde Kuba ohne Zahlung von Lizenzgebühren ermöglicht, die Insel ist damit das einzige Land außerhalb Asiens, das DTMB nutzt. Dabei soll Kuba nicht nur chinesische Technik importieren, sondern mittelfristig Reciver, Fernsehgeräte und Zubehör auch selbst herstellen können. Im Juni 2013 startete ein sechsmonatiger Probelauf der neuen Technik. Hierfür wurden 45.000 Receiver für 7 Peso Nacional (ca. 0,3 US$) in dutzenden Nachbarschaften der Hauptstadt verteilt.
Zeitgleich wurde der Prototyp des ersten kubanischen HD-Fernsehers vorgestellt, der in Zusammenarbeit mit China entwickelt wurde. Er soll in den kommenden Monaten für 300 CUC erhältlich sein. Hergestellt wird er in einer neu eröffneten Elektronikfabrik, die ebenfalls für die Herstellung der Receiverboxen zuständig ist. Zwischen 50.000 und 100.000 solcher Empfangsgeräte sollen bis zum Ende des Jahres in Kuba gefertigt werden. Nachdem in der Provinz Camagüey die restlichen Geräte aus der chinesischen Schenkung zum Probebetrieb verteilt wurden, begann diesen Sommer der freie Verkauf im Einzelhandel.
Neue Sender und interaktive Inhalte
Zusätzlich zu den fünf staatlichen Sendern können mit dem Digitalreceiver drei neue Programme empfangen werden, die nur über DTMB gesendet werden: Cubavision Internacional, ein Musiksender und ein Programm für Kinder. Außerdem ermöglicht der chinesische Standard die Übertragung interaktiver Inhalte. So wird die kubanische Nachrichtenagentur ACN ebenso wie die Onlineenzyklopädie EcuRed über den Fernseher abrufbar sein, auch eine Wetter-App befindet sich in der Mache. Die Fünf wichtigsten Radiosender des Landes sind ebenfalls mit dem Digitalfernsehen empfangbar. Derzeit sind zwei Receivermodelle erhältlich: „Soyea“ für 38 CUC und die 47-CUC teure Variante „Konka“, welche das Aufzeichnen von Sendungen sowie zeitversetztes Fernsehen ermöglicht.
Mittlerweile wurden vom kubanischen Kommunikationsministerium genaue Spezifikationen zur Zulassung eines Receivers für den heimischen Markt veröffentlicht. Neben der „Tropentauglichkeit“ gehört dazu auch das Abspielen diverser Audio- und Videoformate wie DivX und MPEG, ein USB-Anschluss sowie die Unterstützung der elektronischen Programmzeitschrift (EPG). Derzeit befinden sich verschiedene Geräte in der Prüfung, diese dürften den kubanischen Markt in den kommenden Jahren erreichen. Im nächsten Jahr sollen zunächst 200.000 Receiver produziert werden und passende Antennen das Sortiment ergänzen.
Schrittweise Digitalisierung
Die Umstellung erfolgt in mehreren Etappen. Während im Jahr 2013 das Digitalprogramm lediglich in einigen Stadtteilen Havannas und Camagüeys zu empfangen war, findet seit Januar 2014 die wohl größte Erneuerung des kubanischen Fernsehwesens seit der Sonderperiode statt. Mit der Aufstellung von 24 digitalen Sendestationen konnten bereits alle Provinzhauptstädte und damit 5 Millionen Einwohner mit Digitalempfang abgedeckt werden. Durch kontinuierlichen Ausbau sollen bis Ende 2015 bereits 52 Sendemasten funktionieren, die eine flächendeckende Versorgung sicherstellen.
Ab 2016 beginnt die sogenannte Phase der Adaption, in der die schrittweise Abschaltung des analogen Sendebetriebs bis zum Jahr 2021 erfolgt. Die Abschaltung der Analogmasten erfolgt dabei von Provinz zu Provinz und zieht sich im wesentlichen von West nach Ost, den Anfang macht die Stadt Havanna, gefolgt von den Provinzen Artemisa, Mayabeque und Pínar del Río.
Derzeit überträgt das kubanische Digitalfernsehen wie bei uns im SD-Format, das in Kuba eine Auflösung von 720×480 Pixeln hat. In Havanna senden jedoch zwei Masten probeweise in Full-HD Auflösung. Im Unterschied zum bei uns eingesetzten DVB-T-Standard können mit DTMB immerhin einige der Sender in HD-Qualität ausgestrahlt werden. In Kuba liegt der Flaschenhals heute nicht beim Sendevermögen, sondern vielmehr bei der veralteten Produktionstechnik der Sender. In den nächsten Jahren sollen deshalb neue digitale Fernsehkameras und Produktionsanlagen angeschafft werden, um in HD produzieren zu können. Den Anfang machte eine neue mobile Sendestation, die bereits diesen Sommer ein Konzert in Full-HD übertrug. Auch die Fußball-WM war bereits in einigen kubanischen Haushalten sowie in staatlichen Kinos in hoher Qualität zu sehen.
Die neue Übertragungstechnik scheint sich dabei in Kuba großer Beliebtheit zu erfreuen, schließlich ist der Fernseher mangels Internet eines der wichtigsten Medien für Information und Unterhaltung. Seit der freie Verkauf der Receiver am 21. August landesweit begann, wanderten in den ersten Tagen mehr als 13.000 Geräte über die Ladentische der Hauptstadt. Das Sortiment der größten Kaufhäuser Havannas war binnen weniger Wochen ausverkauft. Und auch in Guantánamo haben bereits über 2.800 Familien Digitalfernsehen zu Hause, die Nachrichtenagentur ACN spricht gar von einem „Boom comercial„.
Große Akzeptanz trotz hoher Preise
Trotz kleinerer Anfangsschwierigkeiten wird der Digitalempfang von der Bevölkerung gut angenommen. Das bessere Signal kommt gerade den entlegeneren Gebieten zu Gute, die Zeiten von Bildrauschen und Artefakten sind für diese vorbei. Die Erweiterung des Programmangebots um drei zusätzliche Sender und interaktive Software sowie eine elektronische Programmzeitschrift dürfte dabei ebenfalls ein Anreiz zur Umstellung für viele Kubaner sein. Zudem soll die neue Technik Strom und Kosten sparen helfen, da weniger Sendemasten benötigt werden.
Dennoch liegt der Preis eines Receivers weit über dem durchschnittlichen Monatsgehalt eines Kubaners, das neue Fernsehen dürfte daher für viele weiterhin unerschwinglich bleiben. Von offizieller Seite heißt es, man sei sich der Problematik bewusst und will im nächsten Jahr noch günstigere Basic-Receiver auf den Markt bringen. Ob es weitere Subventionsprogramme geben wird, bevor im Jahr 2021 in Santiago und Guantánamo die Ära des kubanischen Analogfernsehens beendet wird, ist dennoch offen. Bei den aktuellen Zuwachsraten dürfte sich bis dahin jedoch längst ein Markt für Gebrauchtgeräte etabliert haben.
Nach Angaben des letzten Zensus von 2012 verfügen 97 Prozent der kubanischen Haushalte über einen Fernseher. Die Umstellung auf den Digitalbetrieb ist Teil eines weltweiten Prozesses, der die veraltete kubanische TV-Technik zwangsläufig auf den aktuellen Stand der Technik bringen wird. Kuba bleibt ein Land der Kontraste. Auch wenn heute noch jeder fünfte Fernsehbesitzer ein Schwarz-Weiß Gerät sein eigen nennt, wird in absehbarer Zeit jeder noch so entlegene Winkel der Sierra Maestra mit kostenlosem HD-Programm versorgt sein. Rundfunkgebühren wird es nämlich trotz aller Modernisierung in Kuba auch weiterhin nicht geben.
Jetzt sollten die Bürger auch offiziell die Satellitenschüsseln nutzen können. Nicht die Nutzung der Schüsseln ist illegal sondern das Verbotsgesetz.