Havanna. Der Besuch von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Kuba hat in dem sozialistischen Karibikstaat ein verhalten freundliches Echo gefunden. Während des knapp eineinhalbtägigen Aufenthaltes des Sozialdemokraten unterzeichneten Vertreter beider Länder Ende der Woche in Havanna zwei Rahmenabkommen über die politische, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Vereinbarungen blieben jedoch vage, ein seit Jahren geplantes Kulturabkommen wurde nicht in Kraft gesetzt. Dennoch brach der Besuch Steinmeiers mit einer im politischen Berlin lange verteidigten harten Linie gegen Havanna. Kubanische Diplomaten äußerten daher hinter vorgehaltener Hand die Hoffnung, dass sich nach dem Besuch Steinmeiers auch die deutsche Kuba-Politik innerhalb der EU ändert. Dies sei Voraussetzung für eine weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen Berlin und Havanna.
Die Reise von Außenminister Steinmeier war wegen der Iran-Atomverhandlungen in Wien mehrfach verschoben worden. Eine Delegation von Vertretern der vier Bundestagsfraktionen musste wegen der Verzögerung am Ende zu Hause bleiben. Wegen der unklaren Mehrheit bei der Abstimmung über ein Hilfspaket für Griechenland am Freitag hatten die Abgeordneten der Regierungsparteien eine Reisesperre erhalten. Nach Informationen aus diplomatischen Kreisen in Berlin sagte das Außenamt daraufhin auch den Vertretern der Opposition ab. Begleitet wurde Steinmeier em Ende von mehreren Dutzend Journalisten und Wirtschaftsvertretern.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Kuba nach 1990 waren stets kühl und auf ein Minimum beschränkt. Anders mit der DDR, mit der Kuba bis zuletzt rege politische und wirtschaftliche Beziehungen unterhalten hatte. 1976 war der damalige DDR-Außenminister Oskar Fischer (SED) nach Havanna gereist. Der nächste Besuch deutscher Politiker fand erst im Jahr 2000 statt. Damals besuchte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) Kuba, ein Jahr später folgte Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos, für die SPD). Konkrete Resultate gab es nie.
Stattdessen wurden und werden von Deutschland aus Systemoppositionelle unterstützt. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete mehrfach Netzwerktreffen mit kubanischen Regierungsgegnern und Sympathisanten aus den USA sowie der EU. 2005 wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz aus Kuba ausgewiesen, nachdem er mit einem Touristenvisum eingereist war, um sich mit Regierungsgegnern zu treffen.
Auch Steinmeier sprach bei einem Treffen mit Kubas Staats- und Regierungschef Raúl Castro die innenpolitische Situation und die Frage bürgerlicher Freiheitsrechte an. Während dieser Umstand in der deutschen Presse stark akzentuiert wurde, fand er in Kuba und Lateinamerika kaum Widerhall. Das regierungsnahe kubanische Nachrichtenportal cubadebate.cu veröffentlichte lediglich eine protokollarische Notiz zum Besuch.
Der französische Kuba-Kenner und Publizist Salim Lamrani sah den Besuch Steinmeiers im Kontext der Annäherung zwischen Havanna und Washington. Die Reise des deutschen Außenministers sei ein positiver Beitrag zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und westlichen Staaten. „Die deutsche Regierung scheint eingesehen zu haben, dass die seit 1996 praktizierte aggressive EU-Politik gegen Kuba kontraproduktiv war“, so Lamrani auf amerika21-Anfrage.
Der kubanischen Blogger und ehemalige Direktor des Kubanischen Buchinstitutes, Iroel Sánchez, äußerte im Gespräch mit amerika21 seine Hoffnung auf eine „Beziehung, die auf dem gegenseitigen Respekt der Souveränität beruht“. Einen Dialog über Menschenrechte scheue er nicht, so Sánchez, der den Blog „La Pupila insomne“ betreibt: „Ein solcher Dialog ist durchaus üblich, sofern er nicht als Anlass für die Einmischung in innere Angelegenheiten dient“, so Sánchez. Unlängst habe auch die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini das Thema in Havanna angesprochen, „sehr freundlich und respektvoll“. Der Dialog über Menschenrechte sei auch wichtig, weil Kuba die Entwicklung in der EU mitunter kritisch sehe, so Sánchez weiter: „Denken Sie nur an die Lage der Flüchtlinge in der EU.“
von Harald Neuber / Amerika21
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