19. April 2024

Das Internet in Kuba – Ausbau ohne Eile?

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Vertreter der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft „ETECSA“ bei Cubadebate (Quelle: Cubadebate)

Im Januar 2013 hat in Kuba das Unterseekabel „ALBA-1“ aus Venezuela seinen Dienst aufgenommen um die Insel mit dem weltweiten Netz zu verbinden, die langsamen Satellitenverbindungen sollten fortan schrittweise abgelöst werden. Wenige Monate später eröffnete die staatliche Telekommunikationsgesellschaft ETECSA über 100 neue Internetcafés und kündigte eine Ausdehnung des Netzzugangs an. Anderthalb Jahre danach scheint der Ausbau ins Stocken geraten zu sein. Im Rahmen eines Diskussionsforums des kubanischen Onlinemagazins „Cubadebate„, gaben Vertreter der Firma jüngst Details über die kubanische Netzinfrastruktur bekannt und erklärten ihre Pläne für das Jahr 2015.

Staatseinrichtungen genießen Priorität

Seit den 2000er Jahren investiert Kuba verstärkt in den Ausbau seiner IT-Infrastruktur, so dass bis zum Jahr 2004 sämtliche Kommunen des Landes an das kubanische Intranet angeschlossen werden konnten. Der Zugang zum weltweiten Netz verlief dagegen lange Zeit wie durch ein Nadelöhr: Alle Satellitenverbindungen der Insel verfügten im Jahr 2010 zusammen über gerade einmal 379 Mbps Downloadkapazität und 209 Mbps für den Upload. Der öffentliche Internetzugang war auf einige Hotels beschränkt, die Kosten lagen bei nicht weniger als 6 CUC pro Stunde.

Mit der Inbetriebnahme des ersten Unterseekabels „ALBA-1“, wurde Kuba im Januar 2013 erstmals über eine Leitung mit dem Internet verbunden, das US-Embargo hatte den Anschluss an die bestehenden Unterseekabel bisher verhindert. Die Kapazitäten des Landes haben sich seitdem auf einen Schlag um 350 Prozent für den Download und 700 Prozent für Uploads erhöht. Im April 2013 wurden 118 neue Zugangspunkte und der nationale eMailservice „Nauta“ geschaffen. Bis Ende 2014 unterhielt ETECSA insgesamt 155 Internetcafés mit 573 Computerarbeitsplätzen. Sie sind in allen Provinzen des Landes zu finden, der Preis von 4,50 CUC pro Stunde bleibt allerdings für die meisten Kubaner unerschwinglich.

Nach Angaben von ETECSA wurden zusätzlich etwa 4.000 neue Zugangspunkte pro Jahr in öffentlichen Einrichtungen wie Kliniken, Universitäten und Unternehmen geschaffen – die Priorität liegt seit der Inbetriebnahme des Kabels weiterhin beim staatlichen Sektor. Die meisten Kubaner mit Internetzugang können über solche Einrichtungen auf das Netz zugreifen, da dort der Zugang kostenlos ist. Nur 46.694 Kubaner haben hingegen einen permanenten Nutzeraccount bei den Nauta-Internetcafés. Bei den günstigeren eMail-Dienstleistungen sind es etwa 521.000.

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Mittlerweile gibt es 155 staatliche Internetcafés in Kuba (Quelle: Martí Noticias)

Die Rolle des Intranets

Schätzungsweise 60 Prozent des gesamten innerkubanischen Datenverkehrs entfällt auf das Intranet, zu dem zahlreiche Institutionen und Unternehmen Zugang haben. In den Internetcafés kostet der Zugang 0,60 CUC pro Stunde. In den letzten Jahren hat sich das Angebot stark erweitert, mittlerweile verfügt das kubanische Intranet über eine eigene Enzyklopädie, eine Suchmaschine sowie ein soziales Netzwerk mit immerhin 35.000 Nutzern. Genau wie im weltweiten Netz werden hier Filme, Musik und andere Dateien zum Download angeboten, auch eine Plattform für private Blogs existiert bereits.

Eines der interessantesten Projekte ist das Medizinportal „Infomed“, das seit 1992 aktuelle Informationen, Schulungen und weitere Dienstleistungen (z.B. eMail-Adressen) für Angehörige des Gesundheitswesens anbietet. Die 170.000 Nutzer haben Zugriff auf Datenbanken und Materialien von etwa 2.000 anderen Institutionen, welche ebenfalls mit dem Netzwerk verbunden sind. Hierzu zählen beispielsweise die Archive von Fachzeitschriften oder die Datenbanken von Bibliotheken und Forschungseinrichtungen.

Auch der kubanische Kultursektor ist gut mit dem Intranet vernetzt. Über 600 Seiten bieten Medien, Zeitschriften, Bücher und vieles mehr für Künstler und Kunstinteressierte zum Download an, etwa 200 Bibliotheken sind mit dem Netzwerk verbunden und bieten öffentliche Zugangspunkte. Von den 445 Kulturinstitutionen haben allerdings nur 118 eine Verbindung zum Internet. Beim Ausbau der Netzinfrastruktur werden in Kuba Institutionen und kollektive Zugangsmöglichkeiten bevorzugt. Die Einrichtung von Privatanschlüssen wurde zwar mehrfach angekündigt, jedoch immer wieder verschoben.

So haben heute in Kuba nur wenige Personengruppen die Möglichkeit einen privaten Internetanschluss zu beantragen, wenn sie diesen von Berufs wegen benötigen. Hierzu zählen vor allem Ärzte, Künstler und Journalisten. ETECSA gab in der jüngsten Diskussionsrunde erstmals Zahlen zu diesen Zugängen bekannt: Rund 71.000 Ärzte haben von zu Hause aus mindestens Zugang zum kubanischen Intranet. Etwa 2.600 Künstler haben einen privaten Netzanschluss, allerdings nur 221 mit Internetzugang. Offiziell nutzen 26 Prozent der Kubaner das Internet, davon der Großteil jedoch vermutlich eher sporadisch oder auf dem Arbeitsplatz bzw. Campus.

Kubas Regierung hat in der Vergangenheit ihre Bereitschaft zum Internetausbau bekräftigt, die Umsetzung kam dabei jedoch nur schleppend voran. Begründet wurde dies vor allem mit den knappen Devisen bei gleichzeitig hohen Kosten für die Erneuerung der Infrastruktur. Trotz der üppigen Preise für den Zugang zu den staatlichen Internetcafés hat sich im letzten Jahr wenig geändert, weshalb der politische Wille zu einer umfassenden Ausweitung des Internetzugangs in jüngster Zeit immer wieder in Frage gestellt wurde. Doch wie sehen die Pläne für 2015 aus?

Über 130 neue Internetcafés geplant

Die französische Zeitschrift „L’Express“ meldete vor kurzem, dass die kubanische Telekom mit dem französischen Anbieter „Orange“ vergangenen Sommer einen Vertrag über Mitarbeiterschulungen abgeschlossen hat, um den Internetausbau auf der Insel voranzutreiben. ETECSA selbst hüllt sich darüber in Schweigen, jedoch scheint ein wenig Bewegung in den Prozess zu kommen. In diesem Jahr sollen 136 neue Internetcafés mit 538 Zugangspunkten eröffnet werden – was praktisch eine Verdoppelung des bestehenden Angebots bedeutet.

Hierzu werden einige der bereits vorhandenen „Jugendcomputerclubs“ (JCC) mit Internetzugang ausgerüstet. Landesweit gibt es über 600 dieser Einrichtungen, sie wurden 1987 auf Initiative Fidel Castros ins Leben gerufen und bieten kostenlosen Zugang zum Intranet sowie PC-Kurse an. In den kommenden Jahren könnten insgesamt 291 JCCs mit Internet versorgt werden und so über 1.000 neue Zugangspunkte schaffen, die Investitionskosten dürften sich dabei in Grenzen halten. Zu den Preisen für die neuen Angebote wurde indes noch nichts bekannt.

Um die Zuverlässigkeit des Netzes auch bei steigender Nachfrage zu gewährleisten, plant ETECSA die Server- und Rechenzentren des Landes auszubauen. Im vergangenen Jahr kam es nach der Eröffnung des mobilen eMailzugangs zu anhaltenden Pannen bei der Verbindungsstabilität. Bis zum Februar 2014 verfügte die Firma nur über eine einzige Serverfarm mit einer Kapazität von 15 Terrabyte, sie wurde inzwischen um eine weitere mit 100 TB ergänzt. In diesem Jahr soll die Kapazität auf 500 TB erweitert werden.

Fazit

Für die meisten Kubaner sind die angekündigten Schritte nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die für Ende 2014 geplanten Privatanschlüsse wurden auf unbestimmte Zeit verschoben, während das mobile Datennetz noch immer auf eMails beschränkt bleibt. Als der amerikanische Streaminganbieter „Netflix“ sein Angebot vor wenigen Tagen für Kuba öffnete, hoffte die „Washington Post“ damit den Druck auf die Regierung für den Netzausbau erhöhen zu können. Tatsächlich dürften die Kubaner nach den Plänen der kubanischen Telekom kaum von dem neuen Angebot proftieren, für die nächsten Jahre ist zumindest kein rascher Ausbau zu erwarten.

Denn auch mit einer Verdoppelung der Zugangsplätze bliebe das Internet für die allermeisten noch immer ein unerschwinglicher Luxus. So lange keine Änderung der Preispolitik erfolgt, wird auch in Zukunft der Netzzugang in Kuba auf den Arbeitsplatz bzw. die Universität beschränkt bleiben. Schlechte Informationspolitik und schleppende Investitionen prägen heute das Bild vieler Kubaner in Bezug auf den staatlichen Monopolisten. USB-Sticks, die für wenig Geld vollgepackt mit TV-Serien und Filmen unter der Hand kursieren, haben sich längst als Notlösung etabliert um zumindest einen Teil des Internets offline verfügbar zu machen. Vorerst dürfte daher der kubanische Volksmund mit seiner Übersetzung des Akronyms ETECSA recht behalten: „Empresa de telecomunicaciones sin apuro“ – Telekommunikationsunternehmen ohne Eile.

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