Eine Delegation aus 45 spanischen Unternehmern ist vergangenen Dienstag in Havanna eingetroffen, um sich über neue Investitionsmöglichkeiten in Kuba zu informieren. Angeführt wurde die Gruppe vom spanischen Staatssekretär für Handel, Jaime García-Legaz. Während Spaniens Wirtschaftsministerium vor kurzem neue Kredite für Geschäfte mit der Insel genehmigt hat, bekundeten die Unternehmer vor Ort ihr Interesse an den vorgestellten Investitionsprojekten. Spanien will an der „vordersten Front der Veränderungen“ in Kuba stehen, sagte García-Legaz am Dienstag.
Kubas wichtigster Handelspartner in Europa
„Spanische Firmen wollen die Insel im aktuellen Veränderungsprozess begleiten und Nutzen aus den neuen Möglichkeiten ziehen, die sich in Kuba eröffnen“, sagte der Staatssekretär gegenüber den Medien und fügte hinzu: „Spanien hat die kubanische Regierung über sein Interesse informiert, die bilateralen Beziehungen auf eine breitere Basis zu stellen.“ Die ehemalige Kolonialmacht ist nach Venezuela und China heute Kubas drittwichtigster Handelspartner. Mehr als 200 spanische Firmen sind derzeit auf der Insel präsent, während der Warenaustausch zwischen beiden Ländern im letzten Jahr bei über einer Milliarde Euro lag – 38% des gesamten Handelsvolumens zwischen Kuba und der EU.
Spanien hat mit dem jüngsten Arbeitstreffen in Havanna sein Interesse an einer Vertiefung dieser Geschäftsbeziehungen bekäftigt. Zu den Teilnehmern der Delegation zählten unter anderem der Vizepräsident der spanischen Geschäftsorganisationen (CEOE), Joaquim Gay Montella sowie Modesto Piñeiro, stellvertretender Vorsitzender der spanischen Handelskammer. Delegationsleiter Jaime García-Legaz war seit dem Besuch von Außenminister José Manuel García-Margallo vergangenen November der höchstrangige spanische Regierungsgast auf der Insel. Verganges Jahr hatte Spanien bereits angekündigt, seine Beziehungen zu Kuba „normalisieren“ zu wollen.
Als Teil des zweitägigen Besuchs stand neben einer Besichtigung der neuen Sonderwirtschaftszone von Mariel auch die Teilnahme an einem von der kubanischen Handelskammer organisierten Geschäftsforum auf dem Programm. Dort stellten die Kubaner ihre aktualisierten Gesetze über ausländische Direktinvestitionen vor, die von den Gästen positiv aufgenommen wurden. Kuba habe eine offenere rechtliche Grundlage mit einer ganzen Reihe neuer Möglichkeiten geschaffen, kommentierte García-Legaz. „Das heißt nicht, dass sich alles schlagartig von null auf hundert entwickelt hat, aber es stimmt dass sie Dinge wie Firmen mit 100 Prozent spanischem Kapital erlauben“, sagte der Staatssekretär.
Neben Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca waren zahlreiche hochrangige kubanische Regierungsvertreter auf dem Geschäftstreffen anwesend, darunter Zentralbankchef Ernesto Medina. Die Kubaner stellten auf dem Forum einige der neuen Investitionsmöglichkeiten vor, insbesondere die Tourismusindustrie stieß auf das Interesse der Gäste. Die Mehrzahl der spanischen Joint-Ventures arbeitet im Tourismussektor. Die Hotelketten Mélia und Iberostar betreiben über 90 Prozent der Hotels auf der Insel in den Kategorien zwischen vier und fünf Sternen. Kuba plant die verfügbaren Übernachtungskapazitäten bis 2020 um gut ein Drittel aufzustocken und sucht hierfür ausländische Partner.
Streichung von US-Terrorliste bringt Erleichterungen
Auch Sektoren wie Transport, Infrastruktur, Telekommunikation und erneuerbare Energien weckten das Interesse der Unternehmer. Spanien will seine Präsenz in Kuba nicht nur ausbauen, sondern auch diversifizieren. García-Legaz gab noch während seines Besuchs auf der Insel zwei neue Investitionsvorhaben auf Kuba bekannt: Ein Projekt zur Errichtung einer Bierfabrik und ein weiteres Projekt zur Errichtung einer Fabrik für Baumaterialien und sanitäre Anlagen. Deborah Vives vom kubanischen Außenhandelsministerium erklärte indes, dass angesichts des großen Investitionsbedarfs in Kuba auch kleinere und mittelständische Unternehmen gefragt seien. In der Vergangenheit hat man sich in Havanna verstärkt auf Deals mit Großkonzernen konzentriert.
Bislang stellt neben dem Handelsembargo auch die Nennung Kubas in der US-Terrorliste eine Belastung für die Geschäftsbeziehungen der Insel dar. Nach der Ankündigung von US-Präsident Obama, Kuba von der Liste streichen zu wollen, stellte das spanische Wirtschaftsministerium bessere Rahmenbedingungen für Projekte mit der Insel in Aussicht. Neben öffentlichen Fonds wollen auch private spanische Banken einfacher Kredite an Unternehmen vergeben, die in Kuba investieren. Die Insel schuldet dem spanischen Kreditinstitut CESCE etwa 2,3 Milliarden Euro, weshalb dieses seit dem Jahr 2000 keine Investitionen mehr gedeckt hat. Im Zuge der fortgeschrittenen Verhandlungen mit dem Pariser und dem Londoner Club, Kubas wichtigste Gläubiger, sollen allerdings wieder neue Mittel freigegeben werden.
Nach der angekündigten Streichung des Landes von der US-Terrorliste hat die „Banco de España“ ihre Sanktionen gegen Kuba ebenfalls aufgehoben. Der Zugang zu internationalen Krediten dürfte für das Land in Zukunft einfacher werden, wovon nicht nur spanische Investoren profitieren werden. Kuba wiederum hat einigen spanischen Unternehmen, die dem Land auch in schlechten Zeiten die Treue gehalten haben, Kompensationsmittel für Teile der verhängten US-Sanktionen angeboten. Die kubanische Regierung habe damit unterstrichen, „dass sie Firmen, die hier in schwierigen Jahren gearbeitet haben, nicht vergessen werden“, sagte García-Legaz über den Schritt.
Fazit
Der jüngste Besuch der spanischen Unternehmerdelegation war für Kuba eines der wichtigsten Geschäftstreffen der letzten Jahre. Die spanischen Firmen zeigten sich optimistisch gegenüber den Investitionsbedingungen in Kuba und planen ihre Präsenz auf der Insel zu verstärken, um weiterhin an der Spitze der ausländischen Partner zu stehen. Auch die spanische Regierung unterstützt diesen Schritt, indem sie den Unternehmen mit neuen Krediten entgegenkommt. Zusammen mit den kubanischen Partnern werde man laut García-Legaz bereits „in den kommenden Monaten“ neue Projekte ins Rollen bringen. Spanien will damit eine neue Etappe der „kontinuierlichen und intensiven“ Beziehungen mit dem sozialistischen Inselstaat einleiten.