Am Dienstag hat Kubas Ministerium für Wirtschaft und Planung (MEP) ein Sonderheft zur neuen Wirtschaftsstrategie des Landes veröffentlicht. Die 32-Seitige Broschüre gibt einen Überblick über sämtliche Schritte, die bis zum kommenden VIII. Parteitag der PCC im April 2021 umgesetzt werden sollen. Von kubanischen Medien wurde zuletzt vor allem das Thema der bevorstehenden Währungsreform zunehmend aufgegriffen, so dass inzwischen Havannas größte Bank Gerüchte über angebliche Details des Prozesses dementierte.
Das für zwei Pesos verkaufte Heftchen untergliedert sich in sieben Kapitel, welche alle Kernaspekte des im Juli angekündigten Reformprogramms umfassen:
- Einleitung,
- Prinzipien der neuen Wirtschaftsstrategie
- Schlüsselbereiche (Maßnahmenpakete für 15 verschiedene Sektoren von Landwirtschaft bis zum Finanzwesen)
- Entwicklung von Kooperativen, kleinen und mittleren Unternehmen
- Arbeit auf eigene Rechnung
- Leitung und Verwaltung der Volkswirtschaft
- Fazit
- Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden:
„Cuba y su desafío económico y social“ (PDF, 27MB) (Link von: MEP.cu)
Komprimierte Version von „Directorio Cubano“: PDF, 12MB
Darin werden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Konzepte vorgestellt, zu deren Kerninhalten die Reform der Staatsbetriebe und der Lenkung der Wirtschaft, die Zulassung von kleinen und mittleren Unternehmen, die Erweiterung der Rolle von Produktions- und Dienstleistungsgenossenschaften, Neuerungen in der Landwirtschaftspolitik sowie Änderungen in der Preis- und Steuerpolitik gehören. Teile der Reformen, wie die Abschaffung der 10-prozentigen Strafsteuer auf die Benutzung des US-Dollars, wurden bereits in den vergangenen Wochen umgesetzt.
Mit der Strategie will Kubas Regierung der aktuellen Wirtschafts- und Versorgungskrise begegnen, welche durch den Corona-bedingten Ausfall des Tourismus ausgelöst wurde und zu deren Verschärfung die jüngste Beschneidung von Geldsendungen aus dem Ausland im Rahmen der US-Blockade beiträgt.
Teil der Maßnahmen ist die Ausweitung der Verkäufe in US-Dollar und anderen Devisenwährungen, um die Ausfälle bei den Staatseinnahmen auszugleichen und die Grundversorgung sicherstellen zu können. Inzwischen verkaufen 72 Lebensmittelgeschäfte und Baumärkte ihr Sortiment in US-Dollar, erste Großmärkte für den Privatsektor haben ebenfalls geöffnet. Wie es in der Broschüre heißt, sollen künftig weitere Produkte wie Laptops, Handys und Kabelfernsehen in Fremdwährung vermarktet werden. Der Telefondienstleister ETECSA plant hierzu die Einführung eines bargeldlosen und App-basierten Bezahldienstes auf Devisenbasis, über welchen künftig auch der Kraftstoff für private Transportdienstleister verkauft werden soll. Über neue Anreize für Exporteure, größere Autonomie von Staatsbetrieben und die Aufhebung der Branchenlimitierung privater Geschäfte im Zuge einer Arbeitsmarktreform soll die nationale Produktion durch die Verzahnung aller Akteure gestärkt und von Importen unabhängiger gemacht werden, was neben der Lebensmittelproduktion auch die Kaufkraft des Pesos ankurbeln soll.
In den vergangenen Tagen sind auf der Insel immer wieder neue Gerüchte zur bevorstehenden Währungsreform aufgetaucht, zuletzt im Rahmen eines Artikels der Nachrichtenagentur „Prensa Latina“. Mit dem Ein- und Ausfuhrverbot des CUC am 16. November 2019 und der probeweisen Wechselgeldrückgabe in kubanischen Pesos (CUP) in einigen Geschäften sind im letzten Jahr bereits größere Schritte in Richtung der Vereinheitlichung beider Landeswährungen gegangen worden. Zuvor wurden im Juni 2019 die Gehälter und Pensionen im haushaltsfinanzierten Sektor (Bildung, Verwaltung, etc.) erhöht. Der staatliche Durchschnittslohn stieg von 777 auf 879 Pesos (ca. 31 Euro) bis Dezember 2019 um gut 13 Prozent.
Vieles deutet darauf hin, dass der Prozess vor dem Parteitag im April spürbar an Fahrt aufnehmen dürfte. Es ist geplant, dass der 2004 als Ersatz für den US-Dollar eingeführte konvertible Peso (CUC) aus der Zirkulation verschwinden und der kubanische Peso einen neuen Wechselkurs im Staatssektor und für die Bevölkerung erhalten wird. Dabei soll sich das Preis- und Subventionsgefüge ändern und stärker an den realen Kosten orientieren. „Wir brauchen eine Volkswirtschaft die uns korrekte Signale übermittelt, seien sie gut oder schlecht“, erklärte ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums in einem Ende August erarbeiteten Dossier von „Cubadebate“ zur Währungsreform, welches auszugsweise auf den Seiten der Zentralbank erschien.
Im Juli erklärte Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel, dass derzeit „letzte Analysen“ in Vorbereitungen der Währungsreform ausgewertet würden. Die lang verschobene Vereinheitlichung der Währungen und Wechselkurse solle jetzt „in kürzest möglicher Zeit“ umgesetzt werden, da diese „fast sämtliche Hemmnisse für die Entwicklung der Produktivkräfte“ beseitige, so Díaz-Canel.
Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie nahmen am 19. August Experten der Zentralbank gegenüber der „Granma“ ausführlich Stellung zu der Thematik. Nachdem der spanischsprachigen US-Zeitung „Diario Las Americas“ diese Woche offenbar geleakte Tabellen von neuen Lohnskalen und Preisen zugespielt wurden, dementierte Havannas Regionalbank „Banco Metropolitano“ zuletzt aufgrund häufiger Nachfragen von Kunden entsprechende Gerüchte: „Wir bekräftigen, dass Sie alle entsprechenden Informationen erhalten werden, wenn sich die zuständigen Autoritäten wie üblich in den Massenmedien äußern“, heißt es in dem Statement. Am Donnerstag schloss sich dem die Zentralbank in einer ähnlich lautenden Stellungnahme an und betonte zugleich die Sicherheit von Bargeldbeständen und Spareinlagen im Kontext der Währungsreform.
Viva Cuba
Also ein echtes Dementi liest sich anders!