18. April 2024

Kuba im Film: Ernesto’s Island

Nach längerer Zeit ist Kuba wieder Protagonist im deutschen Kino. Und das gleich zweimal: Neben „Vamos a la Playa“ von Bettina Blümner steht gerade auch „Ernesto’s Island“, das Regiedebüt von Ronald Vietz, in den Startlöchern.

Worum geht es? Der Berliner Enddreißiger Matthias ist in Ost-Berlin aufgewachsen, in der vermutlich „einzigen internationalen WG“ der Stadt, wie er selbst sagt. Seine Eltern sind überzeugte Kommunisten, die sich in den 1980er Jahren in der Nicaragua-Solidarität engagieren. Ihre Wohnung: ein Treffpunkt für Genossen aus aller Welt. Ständig wird gefeiert, gesungen und politisch gearbeitet. Sehr zum leidwesen des jungen Matthias, der in der quirligen WG kaum Schlaf findet. Die Verbindung zu seiner Mutter bricht aus nicht erklärten Gründen ab. Matthias macht Karriere in einer Berliner Werbeagentur, die Arbeit bildet seinen Lebensmittelpunkt. Für ein selbstbestimmtes Leben bleibt dem modernen „Homo Faber“ keine Zeit. Bis auf einmal die Asche seiner Toten Mutter vor der Tür steht, verbunden mit dem letzten Wunsch, diese auf der Insel zu verstreuen. Eine Odyssee durch Kuba beginnt, bei der Matthias seine Vergangenheit mit Wucht wieder einholt…

Vietz portraitiert in dem Film ein Stück deutsch-kubanische Geschichte. Die Ernst-Thälmann-Insel, welche Fidel Castro einst symbolisch der DDR schenkte, bildet den Aufhänger für ein vielschichtiges Geflecht aus Freundschaft, Sehnsucht, Liebe und der Frage danach, was ein glückliches Leben eigentlich ausmacht. Der Film hat sich viel vorgenommen für lediglich 112 Minuten, was man ihm leider anmerkt: Die Darstellung der komplexen kubanischen Wirklichkeit und der inneren Transformationsprozesse des Protagonisten wirken manchmal holzschnittartig und kratzen (zu) oft an der Oberfläche. Die zahlreichen Rückblenden sind gut gemacht und erinnern an „Good bye, Lenin!“, in dessen große Fußstapfen zu treten „Ernesto’s Island“ nicht gelingt. Dennoch schafft es Vietz, ein glaubwürdiges Portrait einer Mensch-Werdung auf Kuba zu zeichnen, die über manch andere Aufschläge hinausragt. Besonders hervorzuheben ist die schauspielerische Leistung von Marion Duranona und der vielen kubanischen Nebendarsteller, die dem Roadtrip durch halb Kuba Authentizität verleihen.

„Ernesto’s Island“ ist noch bis zum 13. Juni in der Arte-Mediathek verfügbar. Wer eine kurzweilige Unterhaltung mit Kuba-Bezug fürs Wochenende sucht, wird hier fündig:

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2 Gedanken zu “Kuba im Film: Ernesto’s Island

  1. Leider ein Film, nach dem man sich fragt, warum dieser unbedingt gedreht werden musste.
    Die Geschichte ist ein Müßiggang, bereits x-fach und mit wenigen Worten erzählt, bei diesem Film leider ohne einen neuen Aspekt oder Finesse einzubringen. Max Riemelt ist unbestritten ein guter Schauspieler, aber nicht einmal er und die Hauptdarstellerin können wirklich überzeugen. Ob das an Vietz Regie-Anweisungen lag, lässt sich nicht klären, die holzschnittartige Zeichnung einiger Sitationen tragen dazu jedenfalls bei. An keiner Stelle aber ist eine organische Anziehungskraft der Partner in der behaupteten Liebesgeschichte zu spüren, die die beiden darstellen sollen. Die Dialoge sind oft leer, wirken wie mal eben fix ausgedacht, schlecht improvisiert. Hinzu kommen einige Filmfehler, die aber nur dem Kuba-Kenner auffallen dürften, trotzdem aber eher ärgerlich sind. Manchmal wirkt es, als würde Vries im Willen, die gängigen Urlauber-Klischees über Kuba zu vermeiden, einfach andere Kuba-Klischees bedienen.
    Schlussendlich dient Kuba in diesem auch nur als Kulisse, die Story hätte ähnlich so oder so ähnlich auch an fast jedem beliebigen anderen Ort der Welt stattfinden können. Ein überflüssiges Filmchen mit verheizten Hauptdarstellern.

  2. Ich fand diesen Film sehr gut und habe ihn mir schon 3-mal angesehen. Vielleicht gefällt mit der Film so gut, weil ich noch Kuba-Anfänger bin und somit noch viele Fragen habe. Da waren die Film-Dialoge für mich sehr erhellend. Ja, sie klingen etwas aufgesetzt, aber ich habe mir das Interview mit Max Riemelt angehört und dort wird gut erklärt, wie dies zustande kam.
    https://www.youtube.com/watch?v=pJ-cKwTDFQs
    Nachdem ich das wusste, fand ich den Film noch beachtlicher. Tolle Leistung unter den Umständen. Irgendwie reflektiert das sehr knappe Budget für den Film und die Schwierigkeiten einen Verleih zu finden, ironischer Weise auch die Misere von Kuba: kein Geld – Furcht vor Sanktionen.
    Ernesto’s Island ist noch bis zum 30. Juni in der Mediathek bei ARTE.TV
    https://www.arte.tv/de/videos/075148-000-A/ernesto-s-island/

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