28. März 2024

Statistisches Jahrbuch 2011 erschienen: 22% Privatsektor?

Cuentaproposta in Santiago de Cuba
Die Cuentapropistas machen derzeit 7,8% aller Beschäftigten in Kuba aus. (Bild: Cuentapropista in Santiago de Cuba, August 2012)

Letzten Donnerstag wurde das Statistische Jahrbuch Kubas für das Jahr 2011 veröffentlicht und ist nun im Internet einsehbar. Zwar sind bisher noch viele Themenbereiche lückenhaft, diese werden allerdings Schritt für Schritt nachgetragen da das meiste Zahlenmaterial bereits in Form anderer Publikationen veröffentlicht wurde. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind denn auch keine größeren Überraschungen enthalten, allerdings boten die Daten im Bereich „Beschäftigung und Löhne“ für einige Medien Anlass genug von 22% Privatanteil aller Beschäftigten in Kuba auszugehen. So titelte die Huffington Post „Cuba: Private employment now 22 percent of jobs„. Die selbe Meldung fand sich auch bei ABC-News und anderen.

Abgesehen davon, dass die Zahlen schon vor Monaten veröffentlicht wurden, wird in dem Artikel richtig bemerkt, dass von Kubas 5,01 Millionen Beschäftigten 1,1 Millionen ihre Anstellung im nicht-staatlichen Sektor fanden, was in der Tat einem Anteil von 22% entspricht. Dies ist wesentliches Ergebnis der vom VI. Parteitag 2011 eingeleiteten Aktualisierung des Wirtschaftsmodells, bei der durch die Zulassung anderer Formen der Beschäftigung zu mehr wirtschaftlicher Effizienz beitragen werden soll. Interessant ist dabei allerdings, dass in Kuba eine Trennung zwischen dem nicht-staatlichen Sektor, auf den auch Kooperativen entfallen, und dem reinen Privatsektor gemacht wird. Der Privatsektor wiederum untergliedert sich in selbständig Beschäftigte (sogenannte „Cuentapropistas“, Arbeiter auf eigene Rechnung) und einen nicht näher spezifizierten Rest, der sich wahrscheinlich aus privaten Kleinbauern und Arbeitern in Joint-Ventures zusammensetzt. Die Zahl der Cuentapropistas im Privatsektor stieg von 2,9% im Jahr 2010 auf 7,8% im Jahr 2011. Die Gesamtzahl der Beschäftigten im Privatsektor fiel allerdings von 11,8% im Jahr 2010 auf 9,7% 2011.

Trotzdem konnte sich der nicht-staatliche Sektor erheblich ausdehnen und wuchs um 6%, hauptsächlich wegen des starken Zuwachs bei den Genossenschaften. In diesen arbeiteten im Jahr 2011 etwa 652.100 Menschen, was einem prozentualen Anteil von 13% aller Beschäftigten des Landes entspricht. Ein deutlicher Zuwachs gegenüber den 4,3% im Jahr 2010. Dies ist insbesondere auf die „Kooperatisierung“ verschiedener staatlicher Unternehmen wie beispielsweise Taxigesellschaften oder Friseursalons zurückzuführen. Der Trend bestätigt auch den Kurs der Regierung, den Genossenschaften Vorrang gegenüber reinen Privatbetrieben einzuräumen. Ab nächstem Jahr sollen verstärkt Kooperativen im nicht-agrarischen Bereich gefördert werden.

Das genossenschaftliche Eigentum bietet in Kuba vor allem den Vorteil effizienterer Wirtschaftsführung durch autonomes Budget und dezentrale Kompetenzverlagerung bei gleichzeitiger Beibehaltung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln. Die Entscheidungen des Betriebs werden von den Mitgliedern der Genossenschaft selbst getroffen, die anteilsmäßig Miteigentümer sind – nicht von einzelnen Besitzern wie in reinen Privatbetrieben. Dadurch leisten sie als mittelständische Unternehmen einen wichtigen Beitrag zu mehr Produktivität und verhindern die Konzentration von Reichtum in Privathand.

Wenn in Kuba also von einer Ausdehnung der privaten Beschäftigung auf 22% die Rede ist, dann sind damit vor allem die Genossenschaftsmitglieder gemeint. Der reine Privatsektor bleibt bisher noch eher marginal.

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