28. März 2024

Kuba verabschiedet neues UBPC-Gesetz

Flächen einer UBPC bei Viñales
Flächen einer UBPC bei Viñales, Juli 2012

In einer offiziellen Gazette wurde am Dienstag in Kuba eine neue Gesetzgebung für die UBPCs (Unidades Básicas de Producción Cooperativa, deutsch: Basiseinheiten der genossenschaftlichen Produktion) verabschiedet. Diese 1993 als Reaktion auf die Sonderperiode gegründeten landwirtschaftlichen Genossenschaften pachten Land vom Staat und schließen Verträge über Produktionsquoten. Sie verfügen über ein eigenes Budget und wählen ihre Leitung selbst, die erwirtschafteten Gewinne werden gleichmäßig unter den Mitgliedern verteilt. Soweit in der Theorie. Allerdings entwickelten sich diese Genossenschaften im Lauf der Jahre immer mehr in Anhängsel der großen Staatsbetriebe und fungieren heute oft als reine Zulieferer die Abhängig von bestimmten Verträgen sind. Die Anerkennung als eigenes juristisches Subjekt ging dabei immer mehr unter, auch schrumpfte die Gesamtzahl der UBPCs von 2.519 im Jahr 1994 auf 1.989 im Jahr 2012 zusammen. Dennoch bewirtschaften sie heute 28% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Kubas und sind damit die Hauptproduzenten in der Landwirtschaft.

Ein weiteres Problem ist, dass auch die UBPCs knapp ein Vierteil des gepachteten Landes nicht ökonomisch nutzen, was zur Folge hatte dass etwa 15% der Genossenschaften das Jahr 2010 mit Verlusten abschlossen, weitere 6% vermochten nicht einmal annährend ein finanzielles Gleichgewicht herzustellen. Trotzdem waren die UBPCs zu wichtig, um sie ohne Unterstützung zu lassen. Die Genossenschaften erwirtschaften jährlich 3,3 Mrd. Peso (≈ 132 Mio. US$) durch den Verkauf ihrer Produkte an den Staat und erhalten von diesem dennoch zusätzliche finanzielle Unterstützung. Auch wurden Maßnahmen von der Bank zur Schuldtilgung wie die Absenkung des Zinssatzes ergriffen. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums betrugen die Schulden der UBPCs bis zum Jahr 2010 etwa 1,2 Mrd. Peso (≈ 49 Mio. US$), zusammen mit den Verlusten der vergangenen Jahre und den Verlusten aus Auflösungen ist das ein negatives Kapital von 2,1 Mrd. Peso (≈ 84,5 Mio US$). Handlungsbedarf war hier dringend notwendig. Das Gesetz stand schon längere Zeit im Raum und wurde auf der Parlamentssitzung vom 23. Juli in Havanna diskutiert. Am 11. September schließlich verabschiedete das Landwirtschaftsminiterium die neuen Richtlinien in der offiziellen Gazette Nr. 37, diese treten mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Prensa Latina zufolge beinhaltet das Gesetz 17 neue Maßnahmen, die bisherige Einschränkungen der UBPCs aufheben sollen. Damit werden die 2011 vom VI. Parteitag verabschiedeten Leitlinien Nr. 17, 178, 179, 180 und 187 umgesetzt. Durch diese Maßnahmen sollen ein effizienteres Verwaltungsmodell und größere Autonomie für die UBPCs verwirklicht werden. Für die UBPCs des Landes heißt das auch, dass diese jetzt autonom mit Schecks oder in Bar Produkte wie Salz, Zucker, Essig, Verpackungen ebenso wie Baumaterialien in Großmärkten des Ministeriums für Binnehandel erwerben können. Ihre Budgetverwaltung soll stärker autonom erfolgen.

Doch was bedeutet das konkret? Weitere staatliche Betriebe sollen in UBPCs verwandelt werden. Leitlinie 178 beschreibt das neue Management-Modell als „basierend auf einem effektiveren Umgang mit Geld- und Handelsbeziehungen.“ Es soll eine Trennung zwischen den Staats- und Betriebsfunkionen herrschen um die Autonomie der Produzenten sowie die Effizienz zu erhöhen und eine graduelle Dezentralisierung in Richtung lokaler Entscheidungsebene einzuleiten. Auch die anderen Leitlinien weisen stark in Richtung Selbstverwaltung, indem der komplette ökonomische und finanzielle Entscheidungsprozess auf lokaler Ebene staffinden soll. Die Leitung der Betriebe wird, wie auch ursprünglich angedacht, von den Mitgliedern der Genossenschaft wahrgenommen ohne direkte Intervention des Staates, wie es in der Vergangenheit oftmals der Fall war.

Die ökologische Landwirtschaft gehört dabei nach Leitlinie 187 immer noch zum Programm: Nachhaltige Landwirtschaft soll in den UBPCs auch weiterhin entwickelt werden, ebenso soll der Einsatz von Bio-Dünger und Kompost fortgesetzt werden. Diese Leitlinie beinhaltet auch die Forderung nach einer Reduzierung der brachliegenden Fläche. In der Granma wurde näher auf die Neuerungen eingegangen: So wurde eine Kategorisierung der UBPCs nach Wirtschaftlichkeit in Drei verschiedene Typen vorgenommen. In die Gruppe der effizientesten und mit ausreichend Kapital ausgestatten UBPCs fielen 540 Betriebe (27,1% der Gesamtzahl). Die Anzahl der unter finanziellen oder ökonomischen Schwierigkeiten leidenden UBPCs, welche sich allerdings aus eigener Kraft wieder erholen können beträgt 1122 Betriebe (56,4% der Gesamtzahl). Für 16,5% der Betriebe (327 Einheiten) sieht die Perspektive allerdings düster aus, sie befinden sich in einer kritischen Situation.

Im Jahr 2012 wurden im Staatshaushalt 332 Millionen Pesos (≈ 13,3 Mio. US$) für den laufenden Betrieb und die Tilgung von Schulden der UBPCs der Typen I und II eingeplant. Ab dem Jahr 2013 müssen unrentable Genossenschaften eine Steuer von 5% ihrer Bruttoeinnahmen an den Staat abgeben. Bankschulden müssen innerhalb von 25 Jahren beglichen werden. Bei der Umverteilung der Mittel sollen in Zukunft vor allem produktive und finanziell solide Betriebe berücksichtig werden. Ab nächstem Jahr entfällt bis auf wenige Ausnahmen von strategischem Interesse zudem die Finanzierung durch den Staat für alle UBPCs. Dafür genießen diese für die nächsten Fünf Jahre gewisse Steuervorteile, außerdem werden den Typen I und II ihre Schulden erlassen.

Zwar wird bei den UBPCs auch weiterhin primär auf Handelsverträge mit dem Staat gesetzt, im Artikel der Granma wurde allerdings festgehalten, dass alle Überschüsse frei gehandelt werden können. Außerdem können die UBPCs in Zukunft Verträge direkt mit den Lieferfirmen der staatlichen Unternehmen schließen, ohne Vermittlung durch ein Ministerium. Die etwa 300 unrentablen Betriebe sollen mit anderen fusioniert oder geschlossen werden, weitere staatliche Betriebe sollen allerdings in UBPCs verwandelt werden. Der Prozess der Erarbeitung dieser Maßnahmen dauerte den Angaben des Ministeriums zu Folge etwa zwei Jahre und dürfte einige entscheidende Impulse für den Landwirtschaftssektor bringen und wird die UBPCs mehr zu ihrem ursprünglichen Ziel zurückführen: Als eigenständige und autonom agierende juristische Subjekte zur Lebensmittelproduktion des Landes beitragen.

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