29. März 2024

Havannas neues Einkaufszentrum „Cuatro Caminos“ ist (wieder) eröffnet

Nach Tumulten bei der Eröffnung am 16. November wurde das Einkaufszentrum am Dienstag offiziell wieder eröffnet (Quelle: ACN / Cubadebate)

Kubas Hauptstadt hat zu ihrem 500. Geburtstag nicht nur eine herausgeputzte Altstadt erhalten, sondern verfügt seit dieser Woche auch über eine brandneue Shopping-Mall, die in der historischen Markthalle „Cuatro Caminos“ untergebracht ist. Seit Dienstag ist das Einkaufszentrum wieder zugänglich, nachdem die Eröffnung am Samstag unter einem denkbar schlechten Stern stand.

Cuatro Caminos wurde 1920 errichtet und in den letzten Jahren aufwändig saniert (Quelle: OnCuba)

Die 1920 errichtete Markthalle „Cuatro Caminos“ (zu deutsch: vier Wege, aufgrund der quadratischen Bauweise) diente bis vor einigen Jahren noch als Bauernmarkt. Sie befindet sich (→ Karte) im Viertel „Los Sitios“, südlich von Centro Habana, das als sozialer Brennpunkt bekannt ist und über eine der höchsten Bevölkerungsdichten Kubas verfügt. Ein sinnvoller Ort, um ein großes Einkaufszentrum zu errichten.

Die zahlreichen Sanierungen und Neueröffnungen, welche zu Havannas 500. Geburtstag abgeschlossen wurden, waren nicht nur Prestigeprojekte wie das Kapitol mit seiner goldenen Kuppel. Auch die Wasserinfrastruktur der Altstadt wurde verbessert und viele Krankenhäuser erhielten dringend notwendige Investitionen. Eines der größten Projekte für die Bevölkerung dürfte jedoch das neue Einkaufszentrum „Cuatro Caminos“ sein, welches auf zwei Stockwerken mit einer Grundfläche von je 10.000 m² zahlreiche Geschäfte beherbergt, darunter einen Supermarkt, einen Baumarkt, mehrere Haushaltswarengeschäfte, zwei große Geschäfte für Elektroartikel und einen Ost- und Gemüsemarkt.

Unglücklicher Start

Zur Freude der Kunden sind die Läden der Mall gut bestückt. Vielleicht etwas zu gut im Kontrast zu den überwiegend leeren Regalen der Umgebung. Bei der Eröffnung am 500. Jahrestag der Gründung Havannas folgten viele Menschen dem bereits vorauseilenden Ruf „hay de todo en cuatro caminos“ (es gibt dort alles) und entsprechend bildeten sich lange Schlangen vor den einzelnen Läden, die später bis weit über den Haupteingang hinausreichten. Die Polizei war von Anfang an präsent und ordnete die Schlangen vor den Geschäften, war jedoch ab Mittag zunehmend vom immer größer werdenden Andrang überfordert.

Infoschalter (Quelle: eigene Aufnahme)

Es gab offenbar keine Strategie, wie die Schlangen organisiert werden sollten, weshalb der Polizei am Samstag nichts anderes übrig blieb, als die Eingänge des Einkaufszentrums abzuriegeln. Dabei kam es auch innerhalb der Geschäfte zu tumultartigen Szenen: Leute räumten ganze Regale leer, während sich die Menschentraube vor dem Lebensmittelgeschäft gegen die Wände drückte. Einige Personen versuchten, möglichst große Mengen an knappen Produkten wie Bier und Softdrinks zu kaufen, wobei die Grenze zwischen Einkauf und Plünderung zeitweise nur noch schwer zu erkennen war. Die seit Monaten angestaute überhängende Kaufkraft des Landes entlud sich wie ein Blitz, mit dem keiner gerechnet hatte. Wie das Nachrichtenportal „Cubadebate“ berichtet, sind dabei drei herunterrollbare Metalltüren, eine Glasscheibe sowie mehrere Absperrungen zu Bruch gegangen was Schäden in Höhe von 7000 US-Dollar nach sich zog. „Die historische Schlacht“ von Cuatro Caminos wurde noch am selben Tag zum Meme in den sozialen Medien.

„Die historische Schlacht von Cuatro Caminos“ hat es in die kubanische Meme-Kultur geschafft

Am Sonntag gab die Handelsgesellschaft CIMEX als Betreiber bekannt, dass das „Cuatro Caminos“ fürs erste geschlossen bleibt und im Laufe der Woche wieder öffnen soll. Am Dienstag war es dann schon soweit. Diesmal mit besserer Organisation, mehr Polizeipräsenz in den Geschäften selbst und einem durchdachteren Eingangskonzept. Am Mittwoch Abend war sogar der Eintritt ganz ohne Schlangestehen möglich. Doch was gibt es zu kaufen?

Der Lebensmittelladen

Das Lebensmittelgeschäft (Panamericana in Zusammenarbeit mit dem spanischen Ableger der Supermarktkette Spar) enthält rund 200 verschiedene Artikel, die ständig verfügbar sind, darunter drei verschiedene Sorten Joghurt, drei Sorten Käse, 38 verschiedene Konserven, 15 Tiefkühlprodukte, 13 nicht-alkoholische Getränke und nur selten erhältliche Waren wie Schokocreme und mehrere Sorten Müsli. Damit dürfte der Laden derzeit eines der breitesten Sortimente in ganz Kuba aufweisen. Dennoch sind manche Dinge die man andernorts auf Kuba findet, z.B. H-Milch in flüssiger Form, nicht enthalten. Zum Vergleich: das Standardsortiment von Aldi-Nord umfasst knapp 2000 verschiedene Produkte. Um Szenen wie am Samstag zu vermeiden, bei denen sicherlich auch gewerbliche Hamsterkäufer zugegen waren, wurde die Abgabe vieler Produkte limitiert. So dürfen beispielsweise maximal 6 Joghurts und 2 Klimaanlagen pro Person gekauft werden.

Das Lebensmittelgeschäft in „Cuatro Caminos“ wird zusammen mit der europäischen Kette Spar betrieben (Quelle: eigene Aufnahme)

Die Preise sind zwar für die meisten Kubaner recht teuer, aber durchaus akzeptabel, stellt man die Transportkosten, Gewinnmargen sowie die schwierige externe Situation Kubas in Rechnung: 750ml Olivenöl der Spar-Eigenmarke, die in Spanien 5,26 € kosten, werden im „Cuatro Caminos“ für 8,40 CUC angeboten. Ein Aufschlag von drei Euro für ein Produkt, dass man auf einer wirtschaftlich isolierten Insel gut 7000 Kilometer von seinem Herstellungsort entfernt erwirbt. Ähnlich sind die Relationen bei anderen Lebensmitteln.

Andere Geschäfte

Das Konzept von „Cuatro Caminos“ sieht vor, dass man all seine Einkäufe an einem Ort erledigen kann. Und das geht durchaus auf! Frisches Obst und Gemüse in hervorragender Qualität und zu niedrigen Preisen findet man in einem entsprechenden Geschäft im Erdgeschoss. Dort kostet beispielsweise das Kilogramm Ananas (erste Wahl) lediglich 10 Pesos (ca. 0,37 €), bei anderen Grundnahrungsmitteln verhält es sich ähnlich. Darüber hinaus gibt es auch eine Bäckerei sowie eine private Fleischerei, die eine Vielzahl an Produkten in Pesos Cubanos anbietet.

Das Haushaltswarengeschäft im ersten Stock verkauft neben begehrten Gütern wie Matratzen auch viele der „tausend kleinen Dinge“, die man auf Kuba gerne vergeblich sucht: Tupperware aus China, Teller, Tassen, Teppiche, Stoffe und vieles mehr. Überzeugen kann auch das Bürogeschäft wo neben diversen Heftern auch Textmarker, Eddings, Karteikarten, Scheren und Tacker erhältlich sind. Neben dem Baumarkt, der allerlei Farben und Anstriche feilbietet die in letzter Zeit häufig schwer erhältlich waren, befindet sich ein Spielbereich für Kinder mit modernstem Equipment.

Der Elektromarkt teilt sich in einen Devisenladen (Preise in USD, Bezahlung nur in Fremdwährung) und ein CUC / CUP-Geschäft auf. Dort sind viele der häufig nachgefragten Produkte vorhanden: Reiskocher, Ventilatoren, Herde, Samsung-Fernseher verschiedener Größen, Klimaanlagen (Split), Waschmaschinen, Kühlschränke, Mikrowellen und mehr. Darüber hinaus bietet „Cuatro Caminos“ einige Überraschungen: so befindet sich im Erdgeschoss ein hübsches Blumen- und Planzengeschäft, während im Bürobedarfsgeschäft über einen riesigen Laserdrucker eigene Bilder (über USB-Stick) samt Rahmung (etwa A2-Format) für 15 CUC verkauft werden. Ein Angebot, das von vielen Kubanern gleich am ersten Tag genutzt wurde.

Auch das bauliche Konzept des Einkaufszentrums weiß zu überzeugen: anders als im kafkaesken „Carlos Tercero“, Kubas letztes großes Einkaufszentrum aus den 1990er Jahren, sind die Gänge hier lichtdurchflutet und mit stilvollen LEDs dezent beleuchtet. Ein Informationsschalter gibt Auskunft und lässt Durchsagen machen. An vielen Orten angebrachte Monitore blenden einen interaktiven Lageplan mit allen Geschäften ein. Mehrere Caféterien bieten Snacks und Getränke an. Die Toiletten sind schlicht, schön, kostenlos und sehen so aus, als könnten sie lange so bleiben. Lediglich Mülleimer und Bänke sind zu wenige eingeplant worden.

Fazit

Trotz des missglückten Starts ist Cuatro Caminos der mit Abstand hellste Stern am Firmament des kubanischen Einzelhandels: die Restaurierung, an der auch zwei nicht-agrarische Kooperativen beteiligt waren, gab der altehrwürdigen Markthalle mit robuster, schlichter aber einladender Gestaltung und edlen Materialien ein neues Leben, das ihr hoffentlich noch lange in dieser Qualität erhalten bleibt.

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