Kubas Gesundheitsminister José Angel Portal Miranda hat am Montagnachmittag den ersten Fall einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus in der Hauptstadt Havanna bekanntgegeben. Ein 63-jähriger Mann aus dem Stadtteil Diez de Octubre, der am 8. März von einem Spanien-Aufenthalt zurückgekehrt ist, sei positiv auf den Erreger 2019-nCoV getestet worden, heißt es in einem Pressekommuniqué des Gesundheitsministeriums (MINSAP). Am Dienstag Abend wurden zwei weitere Fälle gemeldet, womit sich die Anzahl der Infizierten in dem sozialistischen Inselstaat auf sieben erhöht.
Das Land hat seit letzter Woche mit den Folgen der weltweiten Pandemie zu kämpfen. Vergangenen Mittwoch hatte Kubas Gesundheitsministerium gemeldet, dass drei italienische Touristen einer Reisegruppe aus der Lombardei positiv auf den Erreger getestet worden seien. Sie befinden sich derzeit zur Isolierung im Institut für Tropenmedizin „Pedro Kourí“ (IPK) in Havanna. Am Donnerstag kam ein weiterer Fall aus dieser Touristengruppe hinzu: Dabei handelt es sich um einen Kubaner, der in Santa Clara lebt. Im Falle des Erkrankten von Havanna haben sich die ersten Symptome drei Tage nach seiner Rückkehr aus Spanien am 11. März bemerkbar gemacht, woraufhin er auf Anweisung eines Arztes am 12. März ins IPK eingeliefert wurde. Bisher seien nur leichte Symptome feststellbar.
Während die Behandlung von drei der vier Infizierten aus der Lombardei gut verläuft, hat sich der Gesundheitszustand von einem der Touristen am Wochenende verschlechtert: Der 61-jährige mit asthmatischer Vorerkrankung wird seit Montag künstlich beatmet und sei in einem „kritischen, aber stabilen Zustand“ heißt es in einem Statement des Gesundheitsministeriums.
Eine weitere Ausbreitung des Virus auf der Insel soll mit einer Reihe von präventiven Maßnahmen verhindert werden, über die das Onlineportal „Cubadebate“ berichtete. So wurden in Folge der Rekonstruktion der Infektionskette der Patienten mehrere Dutzend Personen im IPK isoliert. Darüber hinaus wurden auf der Insel sämtliche Großveranstaltungen abgesagt. Die Bevölkerung soll Chlorlösung über das staatliche Zuteilungssystem erhalten, in Havanna werden die Stadtbusse regelmäßig desinfiziert. Familienärzte und Pflegekräfte sind dazu aufgerufen, Atemwegserkrankungen besonders zu beobachten. Eltern sollen kranke Kinder nicht zur Schule schicken und auch Beschäftigte bei entsprechenden Symptomen zu Hause bleiben.
An allen Eintrittspunkten des Landes werden inzwischen Temperaturscanner eingesetzt. Insgesamt befinden sich auf der Insel derzeit 373 Personen unter epidemiologischer Überwachung, davon 145 Ausländer. Landesweit stehen mehr als 3.100 Betten zur Isolation zu Verfügung. Zur Durchführung von Tests werden drei Labore in Havanna, Santa Clara und Santiago de Cuba rund um die Uhr betrieben, so dass bisher 145 Proben untersucht werden konnten.
Wie der Leiter der staatlichen Unternehmensgruppe BioCubaPharma, Eduardo Martínez Díaz, gegenüber der Tageszeitung „Granma“ erklärte, verfügt die pharmazeutische Industrie des Landes über „alle Kapazitäten, um antivirale Mittel für das nationale Gesundheitswesen zu produzieren“. Dies umfasst 22 Medikamente, welche zur Behandlung des Virus eingesetzt werden. Dazu zählt auch der auf Kuba entwickelte Wirkstoff Interferon alfa-2b, welcher sich in China als effektiv im Kampf gegen das Virus erwiesen hat, wie die Parteizeitung berichtet.
In China wird Interferon alfa-2b mit Hilfe kubanischer Technik im Rahmen des Joint-Ventures „Changchun Heber Biological Technology“ in der nordöstlichen Stadt Jilin hergestellt. Bereits bei der SARS-Epidemie 2002 sowie der MERS-CoV-Epidemie 2012 auf der arabischen Halbinsel wurde der Wirkstoff erfolgreich eingesetzt.
Interferone sind Signalproteine die eine Rolle bei der körpereigenen Immunabwehr spielen. Sie helfen der körpereigenen Immunabwehr, vom Virus befallene Zellen besser zu erkennen, und werden auch bei anderen Virusinfektionen wie Hepatitis C oder bei Krebstherapien eingesetzt. Das rekombinante Interferon alfa-2b hat sich laut einem Handbuch der pharmazeutischen Vereinigung Chinas als effektives Mittel zur Behandlung der Covid-19-Erkrankung herausgestellt und wird dort als erster Wirkstoff empfohlen.
Mit verstärkten Kontrollen an den Grenzen und Schulungen durch das Gesundheitsministerium, die auch private Zimmervermieter umfassen, will Kuba den Tourismus auf der Insel indes weiter sicherstellen. Am Samstag erklärte eine Sprecherin des Tourismusministeriums, Kuba bleibe „ein sicheres Ziel“ und sei in der Lage, das Coronavirus zu kontrollieren. Touristen könnten weiterhin mit allen Leistungen rechnen und seien auf der Insel willkommen. Einige Reiseveranstalter haben jedoch bereits gebuchte Reisen abgesagt. (A21)