Wenige Wochen nach der Öffnung des Fremdenverkehrs befindet sich Kuba gerade inmitten einer dritten Corona-Welle. Mit 431 Neuinfektionen meldete das Gesundheitsministerium der Insel am Sonntag einen neuen Rekord seit Beginn der Pandemie. Die meisten Provinzen haben bestehende Lockerungen wieder zurückgenommen, in Havanna gilt ein nächtliches Betretungsverbot für Parks und öffentliche Plätze. Nach einer massiven Reduzierung der Flugverbindungen ab 1. Januar müssen seit Montag sämtliche Besucher wie angekündigt einen negativen PCR-Test vor dem Abflug vorweisen. Gute Neuigkeiten gibt es von der Erprobung der vier kubanischen Impfstoffkandidaten. (Update: 14.01)
- Bis zum 10. Januar wurden auf Kuba insgesamt 15.007 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet: +431 zum Vortag, darunter 123 in Havanna, 89 in Guantánamo und 71 in Matanzas. 151 Personen sind bisher an den Folgen des Virus gestorben. 5715 Personen befinden sich zur Gesundheitsüberwachung in medizinischen Einrichtungen, 12.022 gelten als genesen. Die Anzahl der aktiven Fälle liegt damit auf dem bisherigen Höchststand von 2534 (siehe Grafik oben). Insgesamt am stärksten betroffen ist die Hauptstadt Havanna mit 38,5 Prozent aller bisher diagnostizierten Erkrankungen (5616 Fälle), gefolgt von Pinar del Río (1327 Fälle) und Ciego de Ávila (1156 Fälle). Innerhalb Havannas wurden im Stadtteil Arroyo Naranjo mit 514 Fällen die meisten Infizierten gemeldet, gefolgt von Centro Habana (498 Fälle) und Boyeros (483 Fälle).
- Die Fallinzidenz pro 100.000 Einwohner auf 15 Tage hat sich in den letzten Wochen von 5,19 (22. November) auf 31,5 (9. Januar) mehr als versechsfacht. Die Zahl der durchgeführten PCR-Tests liegt bei durchschnittlich 13.000 pro Tag.
- Nach kontinuierlichen Anstiegen befinden sich die Fallzahlen spätestens seit der Zeit um Weihnachten wieder auf exponentiellem Wachstumskurs. Nach der Öffnung des Fremdenverkehrs haben zuletzt viele Familienangehöre in den Vereinigten Staaten die Option genutzt um über die Feiertage nach Havanna zu fliegen. Dabei haben sich längst nicht alle an die geltenden Hygiene- und Quarantänebestimmungen gehalten, wie Kubas Chefepidemiologe Dr. Francisco Durán kritisierte. 60-70 Prozent der Neuinfektionen in den letzten Wochen des vergangenen Jahres seien von außen eingetragen worden. Zum Jahreswechsel sind deshalb viele Fluglinien mit den USA und anderen Risikogebieten reduziert worden. Inzwischen zirkuliert das Virus wieder innerhalb der Bevölkerung, der Anteil der autochthonen Fälle hat in den vergangenen Tagen rasant zugenommen. Aus diesem Grund wurden Lockerungen in 10 der 16 Provinzen wieder teilweise zurückgenommen und der innerkubanische Verkehr eingeschränkt. Havanna ist weiterhin am stärksten betroffen, doch ab Dezember ereigneten sich auch im bisher fast coronafreien Osten des Landes mehrere schwere Ausbruchsereignisse, die bisher nicht gebremst werden konnten.
Medizinische Entwicklungen
- Fortschritte bei der Impfstoff-Erprobung: Inzwischen testet Kuba vier verschiedene Impfstoffkandidaten, die vom Finlay-Institut für Impfstoffentwicklung sowie dem Zentrum für Genetik und Biotechnologie (CIGB) in Havanna entwickelt wurden und die als die ersten in Lateinamerika entwickelten Corona-Impfstoffe gelten. Das CIGB Serum „Abdala“ soll Anfang Februar in Phase II-Studien starten. Der andere aussichtsreiche Kandidat, „Soberana 02“ vom Finlay-Institut, begann bereits im Dezember die zweite von drei Studienphasen. Inzwischen wurde ein Abkommen mit dem iranischen Pasteur-Institut unterzeichnet, wo „Soberana 02“ in der letzten Phase auf seine Wirksamkeit überprüft werden soll. Die Erprobung des Protein-basierten Vakzins soll bereits bis Ende März abgeschlossen sein. Kuba hat vor, bis zum Ende des Jahres die gesamte Bevölkerung mit einem selbst entwickelten Impfstoff zu immunisieren.
- Immunmodulator für ankommende Reisende: Kuba hat damit begonnen, den selbst entwickelten Immunmodulator „Nasalferon“ an ankommende Passagiere zu verabreichen. Die Nasentropfen beinhalten eine Formel des rekombinanten humanen interferon alpha 2B und sollen aufgrund ihrer antiviralen Eigenschaften einen gewissen Schutz vor der Ansteckung mit dem Virus bieten. Die Nutzung des Angebots ist freiwillig.
„Lockdown light“ in den meisten Provinzen
- Die höchste Inzidenz weist derzeit Havanna auf, gefolgt von Guantánamo und Santiago de Cuba. Wie im neuen Corona-Fahrplan vorgesehen, fällt die Hauptstadt daher von Phase III wieder auf Phase I zurück. Gouverneur Reinaldo García Zapatader deutete an, dass die Maßnahmen in Havanna demnächst nochmals verschärft werden könnten, sollte die Inzidenz weiter steigen. Seit dem Wochenende gilt zunächst:
- Einstellung des ÖPNV und von anderen Transportdiensten zwischen 21 Uhr und 5 Uhr Morgens
- Betretungsverbot von öffentlichen Plätzen und Parks (darunter auch der Malecón) ab 19 Uhr, Durchgangsverkehr blieb erlaubt. Ab dem 14. Januar greift eine vollständige nächtliche Ausgangssperre zwischen 19 und 5 Uhr Morgens mit Ausnahme von Berufspendlern. Darüber hinaus wurde ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum verhängt.
- Geschlossen haben jetzt: Bars, Nachtklubs, Kinos, Theater, Kultureinrichtungen, Sportstätten, Schwimmbäder und Strände
- Offen bleiben:
Schulen,Restaurants(nur noch Liefer- bzw. Abholservice), Einzelhandel, Banken,Museen,Bibliothekenund Wechselstuben - Familienfeste, Gottesdienste und andere Feiern sind verboten, die Fallrückverfolgung wird intensiviert. Auch die Anwendung von Bußgeldern bei Verstößen gegen Hygieneregeln und Maskenpflicht soll ausgedehnt werden
- Produktion und Investitionen werden fortgesetzt. Havannas Flughafen bleibt geöffnet. Betriebe sollen soweit möglich wieder auf Home-Office umstellen und verstärkt Desinfektionsmittel ausgeben.
- Die Öffnungszeiten im Einzelhandel wurden von Montag bis Samstag auf 9 bis 16 Uhr und Sonntags auf 9 bis 13 Uhr reduziert. Geschäfte dürfen nur noch an die Bevölkerung des jeweiligen Stadtteils verkaufen, was über den Personalausweis am Eingang kontrolliert wird.
Update vom 13./14. Januar: Am Dienstag wurde mit 550 Neuinfektionen abermals ein neuer Höchststand erreicht. Havanna geht deshalb wieder in den „harten Lockdown“: ab Donnerstag werden die Schulen in der Hauptstadt (und 34 weiteren Gemeinden) schließen, Kindertagesstätten bleiben eingeschränkt offen. Restaurants dürfen in den Lockdown-Gebieten lediglich Liefer- und Mitnahmeangebote betreiben. Es gilt eine nächtliche Ausgangssperre. Camagüey kehrt in Phase III zurück, Santiago de Cuba in Phase I.
- Die Änderungen in den übrigen Provinzen des Landes:
- Pinar del Río bleibt (mit Ausnahme der Gemeinde Sandino) in Phase III
- Villa Clara kehrt von Phase III in Phase I zurück
- Matanzas wechselt von Phase III auf Phase II. Die gleichnamige Provinzhauptstadt sowie die Gemeinden Los Arabos und Pedro Betancourt, welche sich bisher in Phase II befanden, kehren in den harten Lockdown („autochtone Übertragung“) zurück
- Mayabeque und Artemisa bleiben in Phase I
- Santiago de Cuba kehrt von Phase III in
Phase IIPhase I zurück - Guantánamo kehrt von der letzten Phase („Neue Normalität) in Phase I zurück
- Sancti Spíritus, Ciego de Ávila, Las Tunas, Granma, Holguín, die Insel der Jugend und
Camagüeyverbleiben in der „Neuen Normalität“
- Die Fernbus und Zugverbindungen von Havanna ausgehend in den Rest des Landes sind eingestellt. Details zu den aktualisierten Fahrplänen, siehe hier.
- Für Reisende gilt: Besucher müssen einen negativen Labortest vorlegen, der bei der Einreise nicht älter als 72 Stunden sein darf und von einem dafür zertifizierten Labor des Herkunftslands durchgeführt wurde. Nach der Landung in Kuba müssen Touristen wie gehabt einen (zweiten) PCR-Test durchführen und eine Erklärung über eventuelle Corona-Kontakte abgeben. Bis zum Testergebnis, das nach zwei bis drei Tagen vorliegen soll, müssen sich Reisende in ihrer Unterkunft isolieren. Danach wird die schriftliche Erlaubnis erteilt, sich frei im Land zu bewegen. An Familienbesuchern und rückkehrenden Kubanern wird weiterhin fünf Tage nach der Ankunft ein zusätzlicher, dritter PCR-Test vorgenommen.
Weitere Entwicklungen
- Lange Schlangen: Im Zuge der Währungsreform sind die häufig mehrstündigen Schlangen vor den Banken und Geschäften seit dem Jahreswechsel länger geworden. Das Sortiment auf den Bauernmärkten ist vielerorts stark ausgedünnt. Restaurants und Casas Particulares haben weiterhin geöffnet und verfügen zumeist über das übliche Angebot.
- Tourismus in Varadero: Wie kubanische Medien berichten, haben seit der Öffnung Ende Oktober mehr als 480.000 Besucher in den Hotels von Varadero genächtigt, darunter 69.000 Ausländer. Der Tourismusbetrieb geht dort unter strengen Hygieneauflagen weiter, die Möglichkeiten für Ausflüge in andere Provinzen sind jedoch aktuell stark eingeschränkt.
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Ich denke ein großes Problem sind die langen Schlangen vor den Geschäften. Man sollte einmal darüber nachdenken, wo die Infektionsgefahr größer ist. Wenn man die Menschen in die Geschäfte lässt und sie dort schneller abfertigt. Oder alternativ vor den Geschäften stundenlang ohne Mindestabstand warten lässt. Wie zur Zeit praktiziert.
Wenn man in den Geschäften und Banken die vorhandenen Kapazitäten ausnutzt und gegebenen Falls ausbaut, so dass keine Schlangen entstehen. Wird sich dieses positiv auf das ansteigen der Fallzahlen auswirken.