Havanna. Mit den Klängen der „Internationale“ ist der 7. Parteitag der regierenden Kommunistischen Partei (PCC) am Montag in Kubas Hauptstadt Havanna zu Ende gegangen. Bei der viertägigen Tagung beschlossen die gut 1.000 Delegierten neben dem langfristigen Perspektivplan für das Jahr 2030 auch die Grundzüge des neuen Wirtschaftsmodells, welches den kubanischen Sozialismus ausmachen soll. Beide Dokumente wurden jedoch nur in vorläufiger Form auf den Weg gebracht und sollen nach Diskussionen in allen Bereichen der Gesellschaft von der Nationalversammlung ratifiziert werden.
Von den 2011 beschlossenen Wirtschaftsreformen wurden erst 21 Prozent umgesetzt, wie PCC-Generalsekretär Raúl Castro bei seiner Eröffnungsrede am Samstag feststellen musste. „Obsolete Mentalitäten“ und „nostalgische Gefühle“ für die Zeiten, als Kuba mit der Sowjetunion zusammenarbeitete, wurden von ihm dabei als Hauptgründe für die Verzögerungen genannt. Aus diesem Grund wurden die 313 Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik auf dem Kongress aktualisiert. Er betonte dabei die Kontinuität zum vorangegangenen Kongress. Es werde keine Restauration des Kapitalismus in Kuba geben. Sensibilität bei der Umsetzung der Wirtschaftsaktualisierungen werde gebraucht, um niemanden zurückzulassen und Fehler zu vermeiden.
Selbstkritisch bilanzierte Castro in diesem Kontext das gescheiterte Marktexperiment in Havanna und den Provinzen Artemisa und Mayabeque. Die freie Vermarktung von Lebensmitteln hatte in den vergangenen Monaten zu exorbitanten Preiserhöhungen geführt, weshalb die Reform wieder zurückgezogen werden musste. „Die ökonomischen Entscheidungen können keinesfalls ein Aufgeben der revolutionären Ideale von Gleichheit und Gerechtigkeit bedeuten“, betonte der Parteivorsitzende.
Castro gab in seiner Rede ebenfalls eine kurze Bilanz über die Wirtschaftsentwicklung des vergangenen Jahrfünfts. Kubas Bruttoinlandsprodukt wuchs in diesem Zeitraum um durchschnittlich 2,8 Prozent, was „nicht ausreichend“ sei, um die Bedingungen für einen nachhaltigen Anstieg des Lebensstandards zu schaffen. Dennoch gab es auch positive Ergebnisse, insbesondere der Tourismus- und Dienstleistungssektor konnte kräftig zulegen und auch die Priorisierung von Investitionen schreite voran. Während im Jahr 2011 lediglich 45 Prozent aller Investitionen in den produktiven Sektor, wie Industrie und Infrastruktur, geflossen sind, waren es im vergangenen Jahr gut 70 Prozent. Castro gab sich optimistisch, dass in den kommenden Jahren bessere Bedingungen für Investitionen und nachhaltiges Wachstum gegeben sein werden, um die strukturellen Probleme der kubanischen Wirtschaft in Angriff zu nehmen. Hierzu zählt neben den niedrigen Löhnen auch das System der Doppelwährung welches „schnellstmöglich“ beseitigt werden müsse.
In Bezug auf die Kommunikationspolitik von Staates und Partei erklärte der Regierungschef, dass noch immer nicht alle Formen der „Geheimniskrämerei“ (secretismo) verschwunden seien. Im Vorfeld des Parteitags hatte es großen Unmut über die fehlenden Informationen und Diskussionen über dessen Inhalte gegeben, insbesondere unter den Jüngeren und der Parteibasis. In jüngster Zeit würden Probleme wie Apathie, Entpolitisierung, Individualismus zunehmen und die Werte der Konsumgesellschaft einen großen Einfluss auf die Jugend ausüben, weshalb der Staat gegensteuern müsse.
Neuerungen gab es in Bezug auf die Kaderpolitik. Castro machte sich beispielsweise für die Förderung von Frauen und Menschen dunkler Hautfarbe in den Spitzenfunktionen von Partei und Staat stark. Jede Form der Diskriminierung müsse entschieden bekämpft werden. Alle Änderungen sollen in den nächsten Jahren in Form einer Verfassungsreform in die kubanischen Gesetze beziehungsweise ins Parteistatut aufgenommen werden.
Für spontane Ovationen beim Schlussplenum sorgte der Auftritt des Revolutionsführers Fidel Castro. In seiner kurze Rede beschrieb er seine Entwicklung hin zum Kommunisten und wies auf aktuelle globale Gefahren hin. Die kubanischen Kommunisten hätten den Beweis erbracht, dass „auf diesem Planeten die materiellen und kulturellen Güter produziert werden können, die die Menschen brauchen, wenn mit Hingabe und Würde gearbeitet wird“. Dieser Kampf müsse ständig weitergeführt werden. „Unseren Brüdern in Lateinamerika und der Welt soll übermittelt werden: Das kubanische Volk wird siegen“, so Fidel Castro. Bereits beim Parteitag 2011 besuchte er die Abschlusssitzung. Dort gab er auch seinen Posten als Generalsekretär offiziell auf. Auf dem 7. Parteitag hatte der 89-Jährige die Funktion eines Delegierten.
von Marcel Kunzmann / Amerika21
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