29. März 2024

Handelsmesse FIHAV geht zu Ende – neue Investitionen und ein neuer Tonfall

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Eröffnung der FIHAV 2016 in Havanna (Quelle: Cubadebate)

Am heutigen Freitag geht in der kubanischen Hauptstadt die 34. Ausgabe der alljährlichen Handelsmesse Feria Internacional de La Habana (FIHAV) zu Ende. Die diesjährige Ausgabe knackte alle Rekorde. Mehr als 3.500 Aussteller aus 73 verschiedenen Ländern trafen auf dem Messegelände der Expocuba zusammen um Geschäfte mit den 325 anwesenden kubanischen Unternehmen und Institutionen zu machen. Die werden in Zeiten der wirtschaftlichen Krise und der schwierigen Situation in Venezuela auch dringend gebraucht.

Verhandlungen zu langsam

„Ausländische Investitionen sind kein notwendiges Übel, wir wollen ihre Entwicklung begünstigen. Dies ist eine souveräne Entscheidung Kubas, die uns niemand aufzwingt.“ Mit diesen Worten leitete Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca die Messe am vergangenen Dienstag ein. Seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes über ausländische Direktinvestitionen im Jahr 2014 habe das Land insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar an neuen Auslandsinvestitionen erhalten. 83 neue Projekte wurden auf den Weg gebracht. Weit weniger als benötigt, wie Malmierca betont. Um die gesteckten Wachstumsziele zu erreichen, seien jährliche Investitionen von mindestens zwei Milliarden US-Dollar notwendig.

Wir müssen hart daran arbeiten, dass Geschäfte ohne Probleme umgesetzt werden, ohne unnötige Verzögerungen„, sagte Malmierca und gab selbstkritisch zu: „Die Unternehmen beschweren sich mit Recht, wir müssen schneller werden bei den Verhandlungen.“ Viele ausländische Unternehmer klagen über zähe Verhandlungen, hohe bürokratische Hürden und schwierigen Zugang zu Krediten, auch aufgrund der US-Blockade. Die kubanische Seite wiederum gilt als wählerisch und nicht besonders schnell bei der Aushandlung der Deals. Malmierca versprach nun, daran zu arbeiten. Die Schulung der kubanischen Vertragspartner müsse verbessert werden, diese seien oftmals noch zu unerfahren im Umgang mit ausländischen Geschäftsleuten.

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Kubas neuer Hafen in Mariel ist das Kernstück der zugehörigen Sonderwirtschaftszone (Quelle: Cubadebate)

Auf der FIHAV stellt Kuba seit 2014 jedes Jahr das neue Investitionsportfolio vor, eine Art Wunschkatalog mit konkreten Projektvorschlägen und Machbarkeitsstudien. Die diesjährige Ausgabe umfasst 395 Projekte und damit 69 mehr als noch 2015. Das gesamte Investitionsvolumen des Katalogs stieg von 8,2 auf 9,5 Mrd. US-Dollar an. Der Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe liegt auf dem Tourismussektor. In der Altstadt von Havanna werden keine neuen Projekte hinzukommen, dafür sollen bisher wenig erschlossene Gegenden ausgebaut werden. Insbesondere in den Gegenden Guardalavaca (Holguín), Cienfuegos und Camagüey werden Partner für die Errichtung und Unterhaltung von Tourismusinfrastruktur gesucht. Auch der Gesundheitstourismus taucht erstmals in dem Katalog auf.

Neu ist in diesem Jahr, dass erstmals auch Kooperativen direkt mit ausländischen Unternehmen ins Geschäft kommen können, der Umweg über eine staatliche Firma entfällt. Diese Regelung war bereits im neuen Investititonsgesetz von 2014 enthalten, kam bisher aber nicht zur Anwendung. Ebenfalls neu ist das in diesem Jahr erstmals durchgeführte „Foro de negociaciones„, bei dem potentielle Investoren und kubanische Partner zusammengebracht wurden. Alle Informationen wurden zudem auf einer eigens erstellten Website auch in englischer Sprache zusammengefasst.

Neue Projekte in Mariel

Die FIHAV gab den Kubanern eine gute Gelegenheit, einen Überblick über den letzten Stand der Entwicklung auf der 2014 geschaffenen Sonderwirtschaftszone in Mariel (ZEDM) zu geben. Dort haben bisher 19 Projekte grünes Licht von den Behörden bekommen, sieben von ihnen sind bereits in der Durchführungsphase:

  • Das brasilianisch-kubanische Joint-Venture Brascuba ist bereits seit 1993 auf der Insel aktiv und zeigt sich für einen großen Teil der Zigarettenproduktion verantwortlich. Am Dienstag wurde der Grundstein für eine neue Fabrik gelegt, die auf einer Fläche von 10,8 Hektar an der Nordküste der Sonderwirtschaftszone entstehen soll. Das Investitionsvolumen beträgt 100 Mio. US-Dollar, geplante Eröffnung ist die zweite Jahreshälfte 2018. Die Fabrik erfüllt angeblich neueste Umweltstandards und soll die Exportkapazitäten der kubanischen Tabakindustrie deutlich erweitern.
  • Das niederländische Unternehmen Unilever hat am Freitag den Grundstein für eine gemeinsame Fabrik für Hygieneartikel mit dem kubanischen Unternehmen Intersuchel gelegt. Auf einer Fläche von 40.000 Quadratmetern sollen ab 2018 internationale Markenprodukte wie Sedal und Rexona-Deodorant auf Kuba gefertigt werden. Die Fabrik soll etwa 300 Arbeiter beschäftigen, das Investitionsvolumen beträgt 35 Mio. US-Dollar.
  • Als 100 Prozent kubanische Firma soll die neu geschaffene Compañía Industrial Biotecnológico (CIGB-Mariel) für Entwicklung und Herstellung von Medikamenten in der Sonderwirtschaftszone zuständig sein.
  • Die südkoreanische Firma ArCo 33 will medizinisches Zubehör wie Einwegspritzen und anderes in Mariel fertigen.
  • Ein Subunternehmen der brasilianischen Baufirma Odebrecht ist bereits in Mariel ansässig.
  • Die niederländische Firma Womy Equipment will in Mariel Industrie- und Baugerät vermieten.
  • Die französische Baufirma Bouygues, welche sich auch für die Modernisierung des Flughafens José Martí in Havanna verantwortlich zeigt, plant eine Fabrik in Mariel zu eröffnen.
  • Zu diesen Firmen kommen 12 weitere Unternehmen hinzu, die bereits in einer ersten Phase bestätigt wurden. Hierzu zählt z.B. ein geplantes Joint-Venture mit der mexikanischen Fleischerei Richmeat, die in Zukunft Wurstwaren für den kubanischen Markt herstellen wird. Die mexikanische Firma Devox Caribe will Farben und Lacke in Mariel produzieren und die spanische Firma ProFood will in Mariel Lebensmittel und Getränke für die Hotelinfrastruktur des Landes herstellen. Der Produktionsbeginn der meisten Projekte ist für 2018 vorgesehen.

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Von den 19 Projekten werden 10 mit 100% ausländischem Kapital operieren, vier sind Joint-Ventures und weitere vier sind 100% kubanische Unternehmen. Zu guter letzt gibt es noch eine „internationale Wirtschaftsassoziation“ mit einem Unternehmen aus Singapur, welches die Hafenanlage bereits seit ihrer Eröffnung Anfang 2014 betreibt.

Von Spanien bis China – Kuba enthüllt Investitionsvorhaben

Obwohl Spanien mit über 100 Ständen auf der Messe wieder am stärksten präsent war, betonte Kubas Außenhandelsminister in seiner Eröffnungsrede explizit die wichtigen Handelsbeziehungen seines Landes mit Russland und China. Die Volksrepublik ist nach Venezuela der zweitwichtigste Handelspartner der Insel. Peking hat in diesem Jahr seinen Bushersteller Yutong an die vorderste Front geschickt. Seit gut zehn Jahren beliefert das Unternehmen Kuba mit Bussen, über drei Viertel des Fuhrparks setzt sich mittlerweile aus Modellen des Herstellers zusammen. Dieses Jahr präsentierte Yutong erstmals ein Modell für einen neuen Elektrobus, der nach der Messe ausgiebig getestet werden soll. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h schafft der E-Bus Distanzen von bis zu 300 Kilometern ohne Nachladen zu bewältigen. Perspektivisch planen die Chinesen, eine Fabrik zur Herstellung von konventionellen und Elektrobussen auf Kuba zu erreichten.

Der südkoreanische Elektronikgigant Samsung will in den kommenden Monaten seinen ersten Handyladen in Havanna eröffnen. Er soll auf dem Gelände des Supermarkts 3ra y 70 im Stadtteil Playa errichtet werden. Auf ihrem Stand auf der FIHAV stellten die Südkoreaner ihre neuesten Modelle vor.

Auch mit Russland kam es zu neuen Deals. So will die kubanische Aeronautikfirma Aviaimport S.A. zusammen mit russischen Partnern Telekommunikations- und Ausrüstungsgegenstände für die Luftfahrt importieren. Zwischen der russischen Firma Ruselprom und dem kubanischen Partner Azuimport wurde ein nicht näher spezifizierter Vertrag zur Modernisierung der Zuckerindustrie geschlossen. Darüber hinaus wurden die bisherigen Abkommen zum Import mehrere hundert Zugwaggons und LKWs der Marke Kamaz bekräftigt.

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Geschäftiges Treiben auf der 34. Edition der FIHAV (Quelle: Cubadebate)

Auch europäische Institutionen und Banken strömen vermehrt auf die Insel. So hat die französische Entwicklungsagentur (AFD) am 24. Oktober ein Büro auf der Insel eröffnet, auch um die bereits verhandelte Re-Investierung der kubanischen Altschulden zu vereinfachen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) will in Zukunft eine „fundamentale Rolle“ bei europäischen Investitionen auf der Insel spielen und „baldmöglichst“ auf Kuba präsent sein. Eines der Projekte soll die Modernisierung des kubanischen Schienennetzes auf der wichtigen Ost-West-Achse durch das französische Bahnunternehmen SNBC werden.

Wie bereits im letzten Jahr waren heuer auch wieder US-amerikanische Unternehmen präsent, die noch immer über unzureichende Lockerungen der US-Blockade klagen. Doch auch von kubanischer Seite gab es einen Dämpfer. Das bereits von der US-Administration genehmigte Projekt des Kleinunternehmens Cleber zur Herstellung eines sparsamen und einfach zu wartenden Traktors wurde von den Kubanern mit der Begründung abgelehnt, es passe nicht ins Profil der Sonderwirtschaftszone.

Immerhin gab es auch einen Lichtblick: Ein US-Unternehmer verriet gegenüber der AP, dass bis zum Ende des Jahres offenbar weitere Lockerungen der US-Handelsbestimmungen geplant seien, diese würden ihm dann den Export seiner Waren nach Kuba ermöglichen. Und: In Zusammenarbeit mit dem kubanischen Zentrum für molekulare Immunologie (CIM) und des US-amerkianischen Roswell Park Institutes soll demnächst eine Testreihe eines kubanischen Medikaments gegen Lungenkrebs starten. Damit wird erstmals seit 1959 wieder kubanische Medizin in den Vereinigten Staaten zum Einsatz kommen.

Hinweis: Die aktualisierte Fassung des Investitionsportfolios sowie die aktuellen Gesetze bezüglich ausländischer Investitionen sind (auch in Englisch) auf der Webseite der kubanischen Handelskammer verfügbar. 

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