4. Dezember 2024

Kuba weiter in der Rezession

Nach Tagen heftiger Regenfälle im Westen der Insel folgte kurz vor der jährlichen Dezembersitzung des Parlaments die nächste schlechte Nachricht: Kubas Wirtschaft befindet sich weiter in der Rezession. Wie Wirtschaftsminister Alejandro Gil in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses der Nationalversammlung bekannt gab, konnte das BIP in diesem Jahr nicht wie geplant um drei Prozent zulegen, sondern schrumpfte zwischen einem und zwei Prozent.

Als Gründe nannte er „die Verschärfung der Wirtschaftsblockade, die multidimensionale globale Krise, die unzureichende Erzielung von Deviseneinnahmen und makroökonomische Ungleichgewichte“. Die anhaltende Energiekrise habe der heimischen Produktion stark zu schaffen gemacht, was sowohl den Binnenkonsum als auch die Exporte beeinträchtigt hat. Insgesamt lagen die Exporte dieses Jahr bei 9,07 Mrd. US-Dollar, 770 Millionen unter dem geplanten Wert. Die Zahl der Touristen dürfte laut Gil bis Ende des Jahres 2,45 Millionen erreichen, knapp 1,1 Millionen weniger als erwartet. Das Haushaltsdefizit soll im kommenden Jahr auf 18 Prozent steigen.

Damit geht in Kuba das vierte Rezessionsjahr in Folge zu Ende, sieht man von einem leichten nominellen Wachstum im Jahr 2022 ab, das aber vor allem dem Hochfahren der Wirtschaft nach der Pandemie geschuldet war. Für kommendes Jahr plant das Ministerium ein leichtes Wachstum von zwei Prozent. Das Haushaltsdefizit wird allerdings auf 18 Prozent des BIP steigen.

Die Beratung der Fachausschüsse ist den Sitzungen der Nationalversammlung vorgeschaltet (Quelle: Granma)

Präsident Miguel Díaz-Canel räumte in der Sitzung „Fehler in Konzeption und Umsetzung der Währungsreform“ ein, mit der Anfang des Jahres 2021 der konvertiblen Peso als Zahlungsmittel abgeschafft und der Wechselkurs im Staatssektor von 1:1 auf 1:24 abgewertet worden ist. In Folge der Reform wurde eine dreistellige Inflationsspirale in Gang gesetzt, die den informellen Wechselkurs des Pesos auf inzwischen 280 zum Euro abschmelzen ließ. Die reale Kaufkraft der Löhne bewegt sich deutlich unter dem Vor-Krisenniveau. Eine Folge davon ist die Abwanderung von Arbeitskräften ins Ausland und vom Staats- in den Privatsektor. Derzeit liefen Studien mit dem Ziel, die Löhne zumindest wieder „in einigen Sektoren zu erhöhen“, kündigte Díaz-Canel an. Dies müsse allerdings mit einer Erhöhung des Angebots an Waren und Dienstleistungen einhergehen, um die Inflation nicht weiter zu befeuern.

Premierminister Marrero gab einen Überblick zum Privatsektor und kündigte mehrere Neuerungen an: Aktuell gibt es auf Kuba 9747 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit 262.000 Beschäftigten. Im Vergleich zum Dezember 2022 hat sich die Zahl der Betriebe um 3762 erhöht (+63 Prozent), während die Zahl der Beschäftigten um 159.774 anstieg (+156 Prozent). Ihr Anteil am kubanischen Bruttoinlandsprodukt ist seitdem von 7,7 auf 13 Prozent gestiegen. 2024 sollen KMU zwischen 16 und 18 Prozent des BIP beitragen.

Marrero kündigte an, das ab Anfang nächsten Jahres „in mehreren Territorien“ mit der Genehmigung neuer Privatunternehmen auf kommunaler Ebene begonnen werden soll. Bislang ist für jede Gründung eine Autorisierung durch das Wirtschaftsministerium (MEP) in Havanna erforderlich. Darüber hinaus wird es neue Regularien in Bezug auf die Importe geben. „Die massive und ungeordnete Einfuhr von Fertigerzeugnissen ist zu einem Problem geworden und trägt nicht zu niedrigeren Preisen bei“, erklärte Marrero, der darüber hinaus auf Phänomene wie die weit verbreitete Unterdeklarierung von Einnahmen vor dem Fiskus verwies. Künftig soll es neue Zollanreize für den Import von Primärrohstoffen geben, um die heimische Produktion zu fördern. Inwiefern damit auch eine Zollerhöhung für den Import von Fertigwaren einhergeht, ist noch unklar.

Im Staatssekor soll wie bereits angekündigt die größte Reform seit 1976 anstehen, mit der die Mechanismen zur Zuteilung von Devisen und das Management der Staatsbetriebe auf eine neue Grundlage gestellt werden. Auch die bereits 2021 angekündigten Joint-Ventures zwischen Staats- und Privatunternehmen sollen dann möglich werden.

Ab morgen werden die 470 Abgeodneten der kubanischen Nationalversammlung zur letzten Sitzung des Jahres zusammenkommen, um unter anderem den Haushalt für kommendes Jahr zu beschließen. Wie immer dürften dann auch nähere Details zur Lage der Wirtschaft und anderen Themen bekannt werden.

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4 Gedanken zu “Kuba weiter in der Rezession

  1. Der kubanischer Premierminister Manuel Marrero Cruz kündigte während seiner Rede in der Plenarsitzung der Nationalversammlung an, dass im kommenden Jahr die Preise unter anderem für Benzin, Elektrizität und Wasser an den informellen Wechselkurs angepasst werden. Dieser beträgt zur Zeit im Verhältnis zum Euro 1 : 280. Dies wird die Inflation weiter in die Höhe schnellen lassen. Zur Bekämpfung der seit langem anhaltenden Lebensmittelkrise sagte er leider nichts. Für Kubaner ohne Zugang zu Devisen wird die Lage also noch katastrophaler.

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