7. Oktober 2024

Corona-Update (20): Erst impfen, dann öffnen

Am 15. November will Kuba seine Grenzen wieder für ausländische Besucher öffnen. Schrittweise, wie es heißt, und diesmal ohne obligatorischen PCR-Test. Voraussetzung dafür ist die Umsetzung der Impfkampagne, welche nach letztem Stand gut vorankommt: Anfang des Monats hat Kuba als eines der ersten Länder der Welt angefangen, Kinder ab zwei Jahren zu immunisieren. Bis November sollen 90 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sein. Das ursprüngliche Ziel, bis Ende August eine Impfquote von 70 Prozent zu erreichen, wurde verfehlt. Zuletzt hat die Impfkampagne allerdings wieder deutlich an Fahrt aufgenommen, neben den heimischen Vakzinen wird seit kurzem auch ein chinesicher Impfstoff eingesetzt. Mit durchschnittlich über 1,5 verabreichten Dosen pro Tag und 100 Einwohner bewegt sich die Insel aktuell auf den weltweit vordersten Plätzen bei der Geschwindigkeit der Impfung, doch die Delta-Welle hält das Gesundheitswesen weiterhin in Schach.

  • Bis zum 13. September wurden auf Kuba insgesamt 761.060 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet+7516 zum Vortag, darunter 1973 in Pinar del Río, 989 in Sancti Spíritus und 600 in Camagüey. 6449 Personen sind bisher an den Folgen des Virus gestorben, +76 zum Vortag. 97.737 Personen befinden sich zur Gesundheitsüberwachung in medizinischen Einrichtungen, 715.275 gelten als genesen. Die im Juni begonnene Delta-Welle erreichte Ende August ihren vorläufigen Höhepunkt, seitdem haben sich die Neuinfektionen auf hohem Niveau eingependelt. Die Anzahl der aktiven Fälle liegt bei 39.279, davon werden derzeit 456 intensivmedizinisch behandelt. Die Fallsterblichkeit stieg von 0,74 Prozent auf 0,84 Prozent an.
  • Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner ist seit dem letzten Corona-Update von 551,56 (9. August) auf 700,9 (12. September) angestiegen, der bisherige Spitzenwert wurde am 24. August mit 832 erreicht. Die Zahl der durchgeführten PCR-Tests hat sich von durchschnittlich 45.000 auf rund 55.000 erhöht.
Anteil der in Kuba (grün) und weltweit vollständig geimpften bis einschließlich 13. September (Quelle: OWID)
  • Impfkampagne: Bis zum 13. September haben 63,1 Prozent der KubanerInnen mindestens die Erstimpfung erhalten. Vollständig geimpft sind 38,2 Prozent. Das selbst gesteckte Ziel, 70 Prozent der Bevölkerung bis Ende August zu immunisieren, wurde nicht erreicht. Die Zahl der täglich verabreichten Impfdosen hat inzwischen jedoch stark zugenommen und bewegt sich mit durchschnittlich >1,5 pro 100 Einwohner unter den weltweiten Spitzenplätzen. Ende August wurde auf Kuba mit den Vakzinen von „Sinopharm“ (Effektivität: 79 Prozent) zum ersten Mal ausländischer Impfstoff eingesetzt: Das chinesische Vakzin wird in der Provinz Cienfuegos testweise in Kombination mit dem selbst entwickelten „Soberana Plus“ als dritter Dosis verimpft, womit eine Wirksamkeit von über 90 Prozent erreicht werden soll. Wie viele Dosen die Spende aus Fernost umfasst, ist nicht bekannt. In der Statistik des Gesundheitsministeriums werden bislang nur die heimischen Impfstoffe genannt. Die anfangs schleppende Produktion des schwieriger herzustellenden Impfstoffs „Soberana 02“ hat an Fahrt aufgenommen. Dieser erhielt am 3. September eine Notfallzulassung der Aufsichtsbehörde CECMED für die Impfung von Kindern ab zwei Jahren. Die Impfung von älteren Schülern hat noch am selben Tag begonnen. Die Impfung Altersgruppe 2-11 Jahre soll am 15. September beginnen und bis zum 15. November abgeschlossen sein. Bis dahin sollen 92,6 Prozent der Bevölkerung alle drei Dosen erhalten haben. Im Laufe der Impfkampagne wurden und werden weitere Studien über Wirksamkeit und Sicherheit der Vakzine durchgeführt, deren vorläufige Ergebnisse im Rahmen von Gesprächen mit der WHO über die Zertifizierung von „Abdala“ und „Soberana 02“ übermittelt werden.

Delta-Welle in Zentralkuba

Erweiterung der Bettenplätze in einer Schule in Sancti Spíritus (Quelle: Escambray)
  • Diesen Monat stiegen die Inzidenzen vor allem in den Provinzen Sancti Spíritus und Villa Clara, aber auch andere Regionen in West- und Ostkuba sind massiv von der Delta-Welle betroffen. Wie die Lokalzeitung „Escambray“ berichtet, wurden in Sancti Spíritus inzwischen Schulen zu behelfsmäßigen Krankenhäusern umgebaut. Die lokale Forstwirtschaft zimmerte eiligst neue Betten zusammen, da die Kapazitäten in den Spitälern nicht mehr ausreichen. Vor deren Eingängen muss teilweise über 30 Stunden gewartet werden. Vor kurzem erhielt die Provinz Ersatzteile aus den Nachbarregionen, mit denen sieben zusätzliche Leichenwägen und sechs Ambulanzen reaktiviert werden konnten. Seit dem Sommer hat sich die Lage in Havanna zwar etwas entspannt, die 7-Tage-Inzidenz in der Hauptstadt stagniert mit 211,2 (7. bis 13.09) jedoch auf hohem Niveau. Mehr als 100 neue Fälle pro Tag ereigneten sich zuletzt in der 40.000-Einwohner-Stadt Campechuela in Granma. Santiago de Cuba mit seinen 167 offenen Übertragungsereignissen ist ebenfalls im Fokus der Behörden. Nach Pinar del Río wurden vergangene Woche rund 200 Mediziner und Pflegekräfte entsandt, die von ihren Missionen im Ausland abgezogen wurden.
  • Deutlich verbessert hat sich die Situation in der Provinz Matanzas, wo massiv gegen das Virus angeimpft wurde und die Inzidenz mittlerweile bei 74,6 liegt. „Wenn irgendwo in die ‚Neue Normalität‘ übergegangen werden kann, dann in Matanzas. Aber dies wird im Konsens entschieden werden müssen“, brachte der dortige Erste Parteisekretär Izquierdo Alonso mögliche Lockerungen ins Gespräch.
  • Positive Neuigkeiten gibt es auch bei der Sauerstoffversorgung: Das deutsch-kubanische Joint-Venture „Oxicuba“, welches die einzige Sauerstofffabrik des Landes betreibt, konnte nach Reparaturen unter Hochdruck in Folge einer Havarie am 4. September wieder den Betrieb aufnehmen.

Weitere Themen

  • Öffnung der Grenzen ab 15. November: „Angesichts der Fortschritte bei der Impfung in Kuba, ihrer erwiesenen Wirksamkeit und der Aussicht, dass mehr als 90 % der Bevölkerung im November den Impfzyklus abgeschlossen haben, werden die Voraussetzungen für eine schrittweise Öffnung der Grenzen des Landes ab dem 15. November 2021 geschaffen“, kündigte Kubas Tourismus-Ministerium in einer Note vom 6. September an. Die Hygieneregeln für Einreisende sollen flexibilisert werden und sich auf symptomatische Fälle konzentrieren, die mittels Temperaturmessung und stichprobenartigen Tests ermittelt werden. PCR-Tests als Voraussetzung für die Einreise werden ab diesem Datum entfallen, ausländische Impfzertifikate sollen anerkannt werden. Die Öffnung des Tourismus wird „graduell“ erfolgen, wobei die Hotels & Strände von Varadero zu den ersten gehören dürften, die wieder ausländische Besucher begrüßen. In sämtlichen Touristen-Hotspots soll das Personal bis zur Öffnung vollständig geimpft sein. „Wir müssen das Land und die Wirtschaft öffnen, aber zuerst muss die epidemiologische Lage unter Kontrolle gebracht werden“, gab Premierminister Manuel Marrero die Linie für die Wintersaison aus.
  • Fahrplan für das laufende Schuljahr: Kubas Bildungsministerium hat jüngst neue Details zum kommenden Schuljahr bekannt gegeben. Kinder und Jugendliche sollen bei der Impfkampagne angemessen priorisiert werden um eine möglichst schnelle Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts zu gewährleisten. Das mit den Sommerferien vom 2. Juli pausierte Schuljahr soll in mehreren Phasen wieder anlaufen: Seit dem 6. September und bis zum 2. Oktober findet für alle, wie zuvor auch, Teleunterricht über den Fernseher statt. Vom 4. Oktober an wird für die Oberstufe erstmals wieder Präsenzunterricht stattfinden. 6. bis 9. Klässler werden ab dem 8. November wieder auf Lehrer und Mitschüler treffen, Grundschüler ab dem 15. November. Die Universitäten sollen bis November den Präsenzbetrieb je nach Infektionslage ihrer Provinz schrittweise wieder aufnehmen. Die Umsetzung des Zeitplans wird vom Voranschreiten der Impfungen in den jeweiligen Altersgruppen abhängig gemacht. Wie überall im öffentlichen Raum muss auch im neuen Schuljahr Mund-Nasenschutz getragen werden.
  • Mehr Corona-Tote als gedacht? Wie das Lokalfernsehen der Provinz Guantánamo bei einer Reportage über ein Krematorium berichtet, wurden in der Region zwischen Juli und August mehr als 900 Coronatote bestattet. Die Angabe steht im Widerspruch zu den auf nationaler Ebene gemeldeten Zahlen von 5 bis 10 Toten pro Tag für die Provinz in diesem Zeitraum. Darüber hinaus fällt auf, dass die Fallsterblichkeit mit deutlich unter einem Prozent trotz hoher dreistelliger Inzidenzen mit teilweiser Überlastung des Gesundheitssystems weiterhin weniger als die Hälfte des weltweiten und lateinamerikanischen Durchschnitts beträgt. Oppositionelle Medien griffen das Thema dankbar auf. Eine mögliche Erklärung liefert ein Arzt im Gespräch mit „Diaro de Cuba“, der erklärte, dass nur verstorbene Patienten ohne Komorbiditäten als solche in die Corona-Statistik eingingen. Dem steht allerdings entgegen, dass das Gesundheitsministerium Vorerkrankungen in der Covid-Statistik explizit angibt, trotzdem ist natürlich ein unterschiedliches Reporting auf lokaler Ebene möglich. Eine offizielle Stellungnahme zu den widersprüchlichen Daten liegt noch nicht vor.
  • Technologiespritze für Vietnam: Kuba hat Vietnam seine Impfstoffe und das für die Herstellung nötige Technologiepaket angeboten. Wie das Gesundheitsministerium bekannt gab, soll das sozialistische Bruderland bis zum Ende des Jahres „eine große Anzahl Impfdosen und ein Team für den Technologietransfer“ erhalten. Vietnam verfügt mit lediglich rund zwei Prozent vollständig geimpften über eine der global niedrigsten Impfquoten.
  • Neue Spende aus China: Über 24 Tonnen medizinische Hilfsgüter aus der Volksrepublik China sind heute per Luftfracht in Havanna gelandet. Dies gab Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca auf Twitter bekannt. Worum es sich bei den Materialien genau handelt und ob weitere Impfstoffe darunter sind, geht aus der Meldung nicht hervor.
  • Zuvor trafen Ende letzter Woche Hilfsgüter aus den karibischen Nachbarstaaten St. Vincent und die Grenadinen, St. Kitts und Nevis und Barbados auf Kuba ein.
  • Mehr als 1700 Bußgelder wegen „illegaler Strandnutznug“: Die Strände sind im Rahmen der aktuellen Corona-Maßnahmen eigentlich tabu. Einige hat das trotzdem nicht davor abgeschreckt, sich während der heißen Sommermonate eine Abkühlung zu verschaffen. 1731 von ihnen wurden allein in Havanna erwischt und mit einer saftigen Geldstrafe zwischen 2000 und 3000 Pesos (ca. 80-120 €) belegt, wie lokale Medien berichten.

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