19. März 2024

FIHAV 2022: Erste Post-Corona Ausgabe der Handelsmesse geht zu Ende

Am Freitag ist in Kubas Hauptstadt Havanna die 38. Ausgabe der internationalen Handelsmesse Feria de La Habana (FIHAV) zu Ende gegangen. Mehr als 400 Unternehmen aus 62 Ländern haben an dem fünftägigen Event teilgenommen, das zum ersten Mal seit 2019 wieder in Präsenzform stattfand. Am stärksten vertreten waren dieses Jahr Betriebe aus Spanien, Italien und Kanada. Im deutschen Pavillon waren 15 Unternehmen präsent.

Die FIHAV 2022 sei eine „Möglichkeit des persönlichen Austauschs für Geschäftsleute, Kubaner und Auslandskubaner aus verschiedenen Teilen der Welt, die auf die Entwicklung ihrer Heimat setzen“, sagte Premierminister Manuel Marrero bei der Eröffnung. Der Premier räumte die aktuellen Zahlungsrückstände Kubas ein und bedankte sich für Vertrauen und Geduld der ausländischen Partner. „Es sind harte Jahre, aber wir haben die Voraussetzungen und Zuversicht, dass das Land die Schwierigkeiten überwinden wird“, so Marrero.

Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca gab in der Eröffnungsrede einen Einblick in den Stand der Auslandsinvestitionen. Kuba habe im Laufe dieses Jahres 30 neue Projekte mit ausländischem Kapital in Höhe von 402 Millionen US-Dollar genehmigt, deutlich weniger als das selbstgesteckte Ziel von zwei bis drei Milliarden US-Dollar pro Jahr. Seit Inkrafttreten der neuen Gesetze über ausländische Direktinvestitionen im Jahr 2014 seien insgesamt 323 Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 10 Milliarden US-Dollar realisiert worden, davon 51 in der Sonderwirtschaftszone von Mariel (ZEDM). Im neu eingeführten „One-Stop-Shop“-Verfahren (Ventanilla única) seien dieses Jahr 204 Anfragen eingegangen, allerdings wurden bislang nur 15 Abschlüsse erzielt, erklärte Malmierca. Die Wachstumsprognose für 2022 wurde von vier auf zwei Prozent reduziert.

Die FIHAV 2022 fand vom 14. bis 18. November statt (Quelle: Twitter)

Malmierca bekräftigte den Willen der Regierung „neue Möglichkeiten zu fördern und Hindernisse zu beseitigen“. Zu den wichtigsten Neuerungen in diesem Jahr zählt die Öffnung des Groß- und Einzelhandels für Investoren. Die bisher kaum umgesetzte Option, Assoziationen mit dem Privatsektor einzugehen, werde durch die Beteiligung von mehr als 70 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auf der Messe unterstrichen.

Darüber hinaus ermöglicht das sozialistische Land erstmals Mehrheitsbeteiligungen der Investitionspartner in allen Sektoren mit Ausnahme des Bergbaus, die bisher übliche 51/49-Richtlinie ist aufgehoben. Eine weitere Neuerungen gibt es im Finanzsektor. So können ausländische Betriebe und Joint-Ventures inzwischen Konten im Ausland betreiben. Zahlungsströme lückenlos und bei voller Deckung in Devisen abwickeln dürfen allerdings nur Investoren im Binnenhandel.

Zeitgleich zum Messeauftakt wurde in der Sonderwirtschaftszone von Mariel eine neue Fabrik eingeweiht. Das gemischte Unternehmen „Unilever Suchel S.A.“ wird dort mit 300 Beschäftigten Hygieneprodukte wie Waschmittel, Zahnpasta und Seife herstellen. Trotz weniger Geschäftsansiedlungen während der Pandemie sei in der Zone weitere Infrastruktur wie Unterkünfte, Straßen und Solaranlagen errichtet worden. Im zweiten Quartal 2023 wird in Mariel eine neue Bierfabrik mit einer Kapazität von einer Millionen Hektolitern in Betrieb gehen, in der die eigens für Kuba entwickelte Marke „Parranda“ gebraut wird. Hinter dem Joint-Venture steht die niederländische Brauerei Swinkels Family Brewers. Die japanische Entwicklungsagentur JICA zeigt sich an der Ansiedlung einer Kakao- und Honigproduktion für den Export interessiert.

Am Dienstag fand die Vorstellung des neuen Investitionsportfolios (Cartera de Oportunidades) statt. Die Cartera für den Zeitraum 2022-23 umfasst 708 Projektvorschläge mit einem Volumen von 33,4 Milliarden US-Dollar. Damit sind zwar nur 30 Projekte im Vergleich zum Vorjahr hinzugekommen, die Gesamtinvestitionssumme hat sich jedoch mehr als verdoppelt. Zahlreiche Ausschreibungen wurden mit Blick auf die Öffnung neuer Sektoren überarbeitet. Schwerpunkte sind die Lebensmittelindustrie und der Ausbau der erneuerbaren Energien. Für letztere sollen Anreize über ein verbessertes Kompensationssystem gesetzt werden. In der Peripherie Havannas ist die Gründung von Landwirtschaftsbetrieben mit Hilfe von ausländischem Kapital geplant, die Zentralbank sucht neue Partner für Finanzinstitutionen. Neu sind auch 104 kleinere Projekte von lokalen Regierungen, die mit Blick auf Investoren der kubanischen Exilgemeinde entwickelt worden sind.

Im deutschen Pavillon waren 15 Unternehmen vertreten (Quelle: Cubaheute)

„Kuba setzt weiterhin auf ausländische Investitionen als wichtige Entwicklungsquelle, mit einer Vision, die praktisch alle Sektoren, Projekte im ganzen Land und die Interaktion mit allen Wirtschaftsakteuren umfasst“, erklärte Malmierca. Die mit Abstand größten Restriktionen gingen derzeit von den US-Sanktionen wie dem Helms-Burton Gesetz aus, in dessen Folge US-Bürger Schadensersatzklagen gegen Betriebe auf im Nachgang der kubanischen Revolution 1959 enteigneten Ländereien geltend machen können. „Die allmähliche Erholung der Wirtschaft wird auch zu einem günstigeren Umfeld für Investoren beitragen“, zeigte sich der Minister überzeugt.

In den einzelnen Länderpavillons wurden im Laufe der Woche diverse Workshops, Konferenzen und Unternehmertreffen abgehalten. Am Donnerstag fand der Tag des deutschen Pavillons statt. Wie die deutsche Botschafterin in Kuba, Heidrun Tempel, erklärte, seien aktuell 60 deutsche Betriebe und Lieferanten im kubanischen Markt präsent. Das Interesse kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an deutscher Technologie und Ausrüstung nimmt laut Angaben von Handelsvertretern zu. Die Firma Profümed unterzeichnete ein Abkommen mit dem Honighersteller Apicuba, in dessen Rahmen kubanischer Bio-Honig in Deutschland verkauft werden soll. Die Warsteiner Brauerei schloss einen größeren Exportvertrag mit Kuba ab.

Am Tag der Eröffnung besuchte Präsident Miguel Díaz-Canel das Messegelände „Expocuba“, wo die FIHAV seit 1983 stattfindet. „Schon seit einiger Zeit bestehen wir darauf, dass Auslandsinvestitionen auch US-Unternehmern und Kubanoamerikanern offenstehen, jetzt geht es darum, Mittel und Wege zu finden, wie wir in dieser Richtung vorankommen können“, sagte er am Stand der US-Delegationen gegenüber Medienvertretern. Die Blockade hätte viele dieser Verhandlungen „sowohl auf nordamerikanischer, als auch auf unserer Seite verhindert“, so Díaz-Canel.

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