28. April 2024

Chinesische Militärpräsenz in Kuba – jetzt doch?

Der Krimi um den angeblichen Aufbau einer chinesischen Militäranlage in Kuba geht in die nächste Runde. Wie das Wall Street Journal erfahren haben will, befänden sich Kuba und China gerade in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ über den Aufbau einer gemeinsamen Militärausbildungseinrichtung auf der Insel. Wie die Zeitung schreibt, hätten Vertreter der Biden-Administration die kubanische Regierung kontaktiert und zu einem Abbruch der Verhandlungen geraten.

Der Bericht erschien einen Tag, nachdem US-Außenminister Anthony Blinken von seinem zweitätigen China-Besuch zurückgekehrt ist und beruft sich auf „amtierende und ehemalige US-Sicherheitsbeamte“ als Quelle. Erst vorletzte Woche berichtete die Zeitung über den Aufbau einer chinesischen Abhöranlage in Kuba, die vom kubanischen Außenministerum  als „vollkommen falsch und unbegründet“ zurückgewiesen wurden. „Kuba lehnt die Präsenz von ausländischem Militär in Lateinamerika und der Karibikregion ab“, erklärte Vizeaußenminister de Cossio. Auch der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, dementierte die damalige Behauptung. „Ich habe diesen Pressebericht gesehen. Er ist nicht korrekt“, sagte Kirby im Nachrichtensender MSNBC. 

Kurz nach dem Dementi berichtete das US-Magazin „Politico“, ebenfalls unter Berufung auf anonyme Quellen über bestehende chinesische Geheimdienstaktivitäten auf Kuba, die ab 2019 ausgeweitet worden seien. Auch hier folgte ein Dementi des kubanischen Außenministeriums: „Kuba stellt weder für die Vereinigten Staaten noch für irgendein anderes Land eine Bedrohung dar“, heißt es in der Stellungnahme. „Die Vereinigten Staaten betreiben eine Politik, die die kubanische Bevölkerung als Ganzes täglich bedroht und bestraft […] und unterhalten gegen den Willen des kubanischen Volkes einen Militärstützpunkt in dem von ihnen illegal besetzten Gebiet der Provinz Guantánamo.“

US-Außenminister Blinken betonte auf Nachfrage von Reportern, dass man die Situation „ganz genau beobachten“ werde. „Wir werden unser Heimatland und unsere Interessen schützen“, sagte Blinken.

Der jüngste Bericht des Wall Street Journal blieb von Washington und Havanna bislang unkommentiert. Harte Evidenz für dessen Inhalt gibt es nicht, dafür jede Menge Spekulation. So soll die Einrichtung künftig die Stationierung chinesischer Truppen ermöglichen und Teil von Chinas „Projekt 141“ sein, mit dem die Volksrepublik ihr internationales Militär- und Logistiknetzwerk verstärken will. Eine solche Reaktion würde zumindest nicht vollkommen unplausibel erscheinen, nachdem die Vereinigten Staaten im Februar mit neuen Militärbasen auf den Philippinen „einen Bogen um China geschlossen“ haben, wie die BBC titelte.

Der kubanische Journalist und Herausgeber des Debattenmagazins „Temas“ stellt indes eine andere These auf. „Geht es bei den Nachrichten über eine chinesische Basis in Kuba vielleicht eher darum, die Absichten der Biden-Administration zu torpedieren, die Spannungen mit der VR China abzubauen?“, fragt er in einem Artikel für das Onlinemagazin „OnCuba“ unter Verweis auf den erst kürzlich erfolgten Staatsbesuch Blinkens. „Wenn sie so besorgt über Kubas wachsende Zusammenarbeit und Allianz mit der VR China und Russland wären, könnten sie aufhören, diese zu fördern – wie sie es seit über sechzig Jahren auf eher kontraproduktive Weise getan haben“, fügte er mit Blick auf die unter Biden kaum veränderte Sanktionspolitik gegen Kuba hinzu.

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