27. März 2024

Schwere Explosion erschüttert Havanna

Eine heftige Explosion hat sich am Freitagmorgen gegen 11 Uhr Ortszeit im Hotel Saratoga in Havannas Altstadt ereignet. Bilder und Videos von Augenzeugen zeigen schwere Beschädigungen an der Fassade des Gebäudes, die über drei Stockwerke hinweg komplett zerstört scheint. Laut Angaben der Behörden starben mindestens 22 Personen bei dem Unglück, 50 werden in Krankenhäusern behandelt.

Das Saratoga am 6. Mai (Quelle: eigene Aufnahme / Cubaheute)

Update (13. Mai, 21 Uhr): Nach jüngsten Informationen des kubanischen Gesundheitsministeriums ist die Zahl der Todesopfer auf 46 gestiegen. Am 12. Mai wurde die letzte vermisste Person geborgen. 99 Personen wurden verletzt, davon sind 13 noch in Behandlung. Unter den Toten befinden sich vier Kinder im Alter zwischen 10 und 17 Jahren, eine Schwangere sowie eine 29-jährige spanische Touristin, die auf der Straße vor dem Hotel unterwegs war und deren Partner inzwischen außer Lebensgefahr ist. Am 13. und 14. Mai wird den Opfern im Rahmen einer zweitägigen Staatstrauer gedacht.

Ursache war laut bisherigen Erkenntnissen ein Unfall beim Entladen von Flüssiggas von einem Lastwagen in die Lager des Hotels, wobei es offenbar zu einem Leck gekommen war. Die dabei entstandene Explosion muss überaus heftig gewesen sein. 23 Gebäude in der Gegend haben Schäden erlitten, darunter das Teatro Martí und eine benachbarte Grundschule, die sofort evakuiert wurde. Neben dem beteiligten LKW wurden mehrere Autos unter den Trümmern begraben. Der staatliche Energiekonzern Cupet kündigte noch am Freitag eine Untersuchung an.

Die Suche nach Verletzten wurde am Abend fortgesetzt und dauert zur Stunde weiter an. Spezialteams mit Hunden haben die ganze Nacht über die Trümmer durchkämmt. Laut Berichten lokaler Medien, konnte gegen 0:30 Uhr Kontakt mit einer im Erdgeschoss eingeschlossenen Person hergestellt werden. Kurze Zeit darauf wurde eine weitere Person gefunden. Wie Pedro Enriquez Calzadilla von der staatlichen Gaviota-Gruppe am Samstag Nachmittag erklärte, hätten am Tag der Explosion 51 Angestellte und zwei Restauratoren in dem Gebäude Dienst gehabt um die Eröffnung vorzubereiten. Auch in der Nacht zum Sonntag wurden die Sucharbeiten in den Trümmern fortgesetzt, doch die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, wird von Stunde zu Stunde geringer.

Bergungsarbeiten am frühen Samstagmorgen (Quelle: Cubadebate)

Unmittelbar nach der Explosion machten sich Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel und Havannas erster Parteisekretär Antonio Torres Iríbar ein Bild von der Unglücksstelle.

Die Studentenvereinigung FEU rief am Freitag gemeinsam mit den „Komitees zur Verteidigung der Revolution“ (CDR) zur Blutspende für die Verletzten auf. Innerhalb weniger Stunde bildeten sich lange Schlangen vor den Polikliniken, teilweise wurden Spender:innen mit Bussen befördert. Bis 20 Uhr haben sich mehr als 1500 Personen an der Aktion beteiligt. „Die schönste Schlange Kubas: die Schlange der Solidarität“, kommentierte der ehemalige BBC-Korrespondent Fernando Ravsberg, der seit den 1990er Jahren in Havanna lebt (siehe Tweet).

Das Hotel Saratoga liegt am Rande von Havannas Altstadt, gegenüber des Parque de la Fraternidad in der Nähe des Capitolios. Es wurde 1879 errichtet und 2005 von Investoren umfangreich saniert. Seit 2012 wird das Fünf-Sterne-Hotel vom kubanischen Staat betrieben. Zu seinen berühmtesten Gästen zählen Stars wie Madonna und Beyoncé. Für Besucher war das Saratoga am Freitag noch geschlossen, nach zwei Jahren Coronabedingter Pause hätte die Wiedereröffnung am kommenden Dienstag (10. Mai) stattfinden sollen.

Wie die Gesundheitsbehörden bekannt gaben, erhalten die Angehörigen der vermissten Personen zur Stunde psychologische Betreuung im nahegelegenen Computerpalast. Sozialarbeiterinnen des Frauenverbands (FMC) haben am Samstag sämtliche Familien mit Kindern in der Umgebung besucht und Unterstützung im Umgang mit dem Ereignis angeboten. Für die Schüler der beschädigten Grundschule soll der Unterricht am Montag weitergehen, sie werden auf mehrere Lernanstalten der Umgebung verteilt. Bis Ende des Monats soll ihre alte Schule wieder nutzbar sein, kündigten Vertreter der Stadtregierung an.

Havanna steht indes noch immer unter Schock. Der staatliche Kulturbetrieb Egrem kündigte am Samstagmorgen an, sämtliche Tanz- und Musikveranstaltungen für das Wochenende abzusagen. Kubas Medien nutzen seither schwarze Trauerbeflaggung auf ihren Webseiten und Social-Media Kanälen. Auch international löste das Unglück Bedauern aus. Boliviens Präsident Luis Arce übermittelte den Angehörigen der Opfer auf Twitter seine „Solidarität und Anteilnahme“. Ähnlich äußerten sich Venezuelas Außenminister Félix Plasencia und der ehemalige bolivianische Präsident Evo Morales, der erst vor kurzem in Havanna zu Gast war. China bekräftigte „angesichts dieses Moments der Trauer“ seine Unterstützung und Solidarität mit dem kubanischen Volk, ebenso Vietnam, Mexiko, Nordkorea, Russland und Argentinien. Am Sonntag Morgen übermittelte das spanische Königspaar seine „Traurigkeit und Bestürzung“ in einer Nachricht an den kubanischen Präsidenten. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borell sprach Kubas Außenminister Bruno Rodríguez sein Beileid aus.

Verkehr: Laut Ankündigung der Polizei bleibt der Prado-Abschnitt vom Malecón bis Monte bis auf weiteres für den Verkehr gesperrt. Einschränkungen gibt es auch im Bereich um den Parque de la Fraternidad, Busse verkehren statt von dort aus jetzt im benachbarten Parque Curita.

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