Kubas Regierung macht ernst bei der Einführung digitaler Bezahlkanäle. Ab dem 2. Februar müssen sämtliche Geschäfte die Möglichkeit anbieten, Zahlungen bargeldlos per App oder Kartenterminal entgegenzunehmen. Bei Nichteinhaltung drohen ab dem Stichtag hohe Strafen, die bis zur Geschäftsschließung reichen können.
Die Maßnahme ist Teil der Bankarisierungsstrategie des Landes, die vergangenen August begonnen worden ist. Als erstes wurden bis zum Herbst sämtliche Tankstellen auf ausschließlich bargedlose Bezahlmethoden umgestellt. „Wir beschleunigen einen Prozess, der internationalen Standards entspricht. Elektronische Zahlungen gehören in jedem Land zum Alltag der Bürger“, sagte der Vizepräsident der kubanischen Zentralbank, Alberto Quiñones Betancourt, damals auf einer Pressekonferenz.
Im Falle der übrigen Wirtschaft (unabhängig von der Eigentumsform) gilt: Ab dem 2. Februar muss in jedem Geschäft mindestens eine Form bargeldloser Bezahlmethoden angeboten werden. Diese seien eine „Option und ein Recht der Verbraucher“, erklärten Vertreter des Binnenhandelsministeriums gegenüber der Parteizeitung „Granma“.
Ein Streifzug durch den kubanischen Einzelhandel zeigt jedoch, dass anders als von manchen Beobachtern befürchtet, wohl keine Schließungswelle droht: Die allermeisten privaten Geschäfte haben mittlerweile gut sichtbar im Kassenbereich einen QR-Code aufgestellt, mit dem Kubaner über die Apps „EnZona“ und „Transfermóvil“ bezahlen können. Davon wird inzwischen Gebrauch gemacht. Insbesondere ältere Menschen würden gerne mit dem Handy bezahlen, erklärt die Verkäuferin einer privaten Bäckerei in Havanna gegenüber „Cuba heute“. Sie schätzt, dass mittlerweile jede vierte Zahlung in ihrem Geschäft auf diese Weise erfolgt, Tendenz steigend. Als Anreiz für bargeldlose Zahlungen bietet die App „Transfermóvil“ einen Preisnachlass von bis zu 10 Prozent, der von der jeweiligen Bank übernommen wird.
Auch in den Geschäftsbeziehungen zwischen Privatunternehmen sowie zwischen Staats- und Privatsektor kommen zunehmend Überweisungen zum Einsatz. Meist wird jedoch nur ein Teil der Summe überwiesen, da der informelle Tausch von Bargeld weiterhin notwendig ist, um an Devisen zu gelangen. Neue Schemata, die den Einkauf von Ware gegen Ware beinhalten, lassen dies zu. Der ehemalige BBC-Korrespondent Fernando Ravsberg bewertet die Bankarisierung bislang als „überraschend erfolgreich“. Für eine weitgehende Digitalisierung der Zahlungskanäle, wie langfristig von der Regierung geplant, braucht es jedoch einen funktionierenden Währungsmarkt, der derzeit noch in weiter Ferne scheint.
Schwieriger für den Privatsektor dürfte die neue Steuergesetzgebung sein, welche diese Woche im Amtsblatt veröffentlicht worden ist. So müssen Angestellte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ab diesem Fiskaljahr deutlich höhere Einkommenssteuern zahlen. Statt einem Spitzensteuersatz von bislang fünf Prozent ab 9510 Pesos (33 Euro) Monatseinkommen, werden jetzt ab 20.000 Pesos (70 Euro) 10 Prozent Steuer einbehalten. Der neue Spitzensteuersatz von 20 Prozent greift ab 30.000 Pesos (107 Euro), womit sich die Lohnkosten empfindlich erhöhen. Die angekündigten Importzolländerungen sind inzwischen ebenfalls in Kraft. Hinzu kommt, dass die Umsatzsteuer von 10 Prozent, die bislang ausschließlich im staatlichen Einzelhandel erhoben wurde, jetzt für sämtliche Geschäfte gilt. Die private Gastronomie hat sich darauf vorbereitet: Viele Restaurants packen bereits 10 Prozent Servicegebühr auf die Rechnung. Die könnte kurzerhand zur Umsatzsteuer umdeklariert werden. „Es ist wie ein Fußballspiel, bei dem sich die Regeln im Laufe der Partie ständig ändern. Aber irgendwie geht es weiter“, kommentierte der Inhaber eines KMU gegenüber „Cuba heute“.
Aktuell umfasst der kubanische Privatsektor 9747 KMU mit 262.000 Beschäftigten, 464 Produktions- und Dienstleistungskooperativen mit 11.800 Mitgliedern sowie 596.000 Selbstständige. Damit sind rund 19 Prozent aller Beschäftigten in Privatbetrieben tätig. Um den Jahreswechsel wurden mehrere hundert neue KMU zugelassen, deren Anzahl demnächst auf über 10.000 steigen dürfte. Zuletzt hat das Wirtschaftsministerium am Donnerstag grünes Licht für die Gründung von weiteren 133 KMU gegeben.