Kraftwerkshavarien sind dieser Tage leider keine Seltenheit auf Kuba. Die Schwerölanlagen aus sowjetischer Zeit werden Mangels Devisen auf Verschleiß gefahren, weshalb es immer wieder zu Ausfällen kommt. Die jüngste Havarie der „Antonio Guiteras“ in Matanzas hatte es jedoch in sich…
Erneut Schlangen vor den Tankstellen
Am 17. März musste die „Central Termoeléctrica Antonio Guiteras“, wie Kubas modernstes und leistungsfähigstes Schwerölkraftwerk heißt, heruntergefahren werden. Ein Schaden im Heizkessel hatte die 1988 errichtete Anlage außer Betrieb gesetzt. Stromausfälle und Rationierungen waren die unmittelbare Folge. Wie Kubas Medien berichteten, wurden die Reparaturarbeiten sofort mit Hochdruck begonnen. Sie konnten wie angekündigt in der Nacht zum Mittwoch abgeschlossen werden.
Soweit so normal. Wenn da nicht das Thema Kraftstoff wäre: Um Stromausfälle so gut es geht zu vermeiden (diese waren einer der Auslöser für die Proteste im vergangenen Juli), wurden unmittelbar nach der Havarie kleinere Dieselkraftwerke hochgefahren. Diese werden normalerweise nur zu Spitzenzeiten betrieben, da Diesel teuer und knapp ist. Wie sehr die Versorgung auf Kante genäht ist, zeigte sich wenige Tage später, als hunderte Taxi- und LKW-Fahrer für das teure Nass Schlange standen. Wie das Nachrichtenportal „OnCuba“ berichtet, dauerten die Schlangen bis zu acht Stunden und waren teils mehrere Kilometer lang. In Havanna und anderen Provinzen wurden zeitweise Rationierungsmaßnahmen eingeführt, der Schwarzmarktpreise für Diesel stieg auf 50 Pesos pro Liter an. Zuletzt war Treibstoff auf Kuba relativ gut verfügbar, weshalb die Dieselknappheit bei vielen Erinnerungen an die Energiekrise von 2019 weckte.
„Wie ein Pulverfass“
„Kuba ist gerade wie ein Pulverfass, jede Unannehmlichkeit kann zur Explosion führen“, heißt es dieser Tage auf der Insel. Und tatsächlich ließ die Dieselkrise die Gemüter (nicht nur) in den sozialen Medien hochkochen. Schließlich weiß niemand, wie lange eine solche „Konjunktur“ anhält und was als nächstes kommt. Die Parteizeitung „Granma“ lieferte hier keine kommunikative Glanzleistung ab, indem sie die Rationierung abstrakt mit „gestiegener Nachfrage“ begründete. Besser erklärte die Studentenzeitschrift „Alma Mater“ auf ihrem Facebook-Kanal die Lage: durch die steigende Nachfrage in Folge der Havarie habe der Treibstoff für die Stromversorgung genutzt werden müssen, was zu den Engpässen an den Zapfsäulen führte.
Einige Tage nachdem die „Antonio Guiteras“ wieder ans Netz gegangen ist, hat sich die Situation an den Tankstellen tatsächlich entspannt. So schnell wie sie entstanden, sind die Schlangen wieder verschwunden. Wie der staatliche Tankstellenbetreiber „Cupet“ am Samstag in einer Pressenote bekannt gab, habe sich die Lage wieder eingependelt, nachdem die Nachfrage vergangene Woche 65 Prozent über dem Normalwert lag.
Die Geschichte dieser Havarie vermittelt zweierlei Erkenntnisse: 1. Der zarte Aufschwung der kubanischen Wirtschaft bewegt sich energietechnisch auf dünnem Eis, 2. dessen Bruchstellen, sobald sie auftreten, weiterhin nicht immer adäquat kommuniziert werden. Die Fähigkeit zum raschen Krisenmanagement scheint dabei allerdings nicht abhanden gekommen zu sein: In der Priorisierung zwischen dunklen Wohngebieten und zeitweisen Schlangen vor den Tankstellen, wurde letztere Option umgesetzt.