14. Oktober 2024

Meta-Konzern schließt hunderte Accounts in Kuba und Bolivien

Der US-amerikanische Meta-Konzern hat vergangene Woche mehrere hundert Konten, die in Verbindung mit der kubanischen Regierung stehen, gesperrt. Auch Konten, die der bolivanischen Regierung nahestehen sollen, sind betroffen. Der Facebook-Mutterkonzern wirft den Accounts vor, politische Propaganda für die jeweiligen Regierungen zu betreiben.

Auf kubanischer Seite betroffen sind 363 Facebook-Accounts, 270 Seiten, 229 Gruppen und 72 Instagram-Accounts mit insgesamt über 650.000 Followern. Diese hätten sich „vorwiegend an das heimische Publikum sowie die Diaspora“ gerichtet. Meta wirft ihnen im jüngsten „Quartalsbericht zu gegnerischen Bedrohungen“ des Unternehmens vor, Regierungspropaganda zu verbreiteten und Dissidenten zu diskreditieren. Dabei seien auch Fake-Accounts sowie KI-generierte Bilder zum Einsatz gekommen.

Im Falle von Bolivien betraf die Löschung über 1.000 Facebook-Accounts und 450 Seiten, die einer der Regierungspartei „Bewegung zum Sozialismus“ (MAS) nahestehenden Gruppe namens „Digitale Krieger“ (Guerreros digitales) gehören sollen. Insgesamt sind in dem linksregierten Andenland zwei Millionen Follower betroffen.

Die jüngsten Kontenschließungen reihen sich in eine Reihe weiterer Ereignisse in jüngerer Vergangenheit ein. So wurde der Facebook-Account des staatlichen kubanischen Rechercheverbands „Razones de Cuba“ im Oktober vergangenen Jahres ohne Angaben von Gründen geschlossen. Während der Gemeinderatswahlen am 27. November wurde die Facebook-Seite des größten staatlichen Nachrichtenportals „Cubadebate“ für die Dauer des Wahltags gesperrt. Wenige Tage vor dem Twitter-Verkauf an Elon Musk wurden auf der Plattform staatliche und staatsnahe kubanische Medienkanäle mit einer entsprechenden Inhaltswarnung versehen.

„Vier Monate später bestätigten wir, dass es sich nicht um einen ‚Kurzschluss‘ der Facebook-Algorithmen handelte, sondern um eine geplante Aktion zur Einschränkung der Präsenz von Medien, Fachleuten und Unterstützern der Revolution in den Netzwerken“, erklärte das Portal in einem Hintergrundartikel zu dem Thema. Die Autoren verwiesen dabei auch auf die Bot-Kampagne im Vorfeld der Proteste im Juli 2021 sowie auf den Skandal um den Ankauf von Daten des britischen Unternehmens Cambridge Analytica durch Facebook und den Einfluss der Plattform auf die Brexit-Abstimmung 2016.

Was den aktuellen Meta-Bericht zu Kuba betrifft, erklärte der Leiter der Abteilung „Globale Gefahrenabwehr“ des Konzerns, Ben Nimmo, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: „Sie benutzten sehr einfache gefälschte Konten, um regierungsfreundliche Inhalte zu teilen und zu liken. Wenn man so will, waren es Fake-Cheerleader“. Zudem seien gefälschte Identitäten erstellt worden, „um Kritik an Regierungsgegnern“ auf der Insel und im Ausland zu posten.

Wie der Journalist Alan McLeod in einer Recherche für das Portal Mintpress aufdeckte, bestehen offenbar personelle Verquickungen zwischen dem Meta-Konzern und westlichen Sicherheitsdiensten. So arbeitete etwa Nimmo früher als Nato-Presseoffizier und für das britische Statecraft-Institut, das sich nach eigenen Angaben um die „Erneuerung der nationalen Sicherheit“ Großbritanniens bemüht. Dem Institut wird vorgeworfen, gezielt Desinformationskampagnen in den sozialen Medien zu nutzen, die sich unter anderem gegen den britischen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyin gerichtet hatten.

Von Seiten des Meta-Konzerns berichtete David Agranovich auf Twitter über die Sperrungen der kubanischen und bolivianischen Accounts. In Bolivien habe die Untersuchung eine „koordinierte Anstrengung“ aufgedeckt, „gefälschte Konten zu nutzen, um zur Unterstützung der bolivianischen Regierung zu posten und die Opposition zu kritisieren und zu beschimpfen.“

Die Sperrungen seien in beiden Fällen wegen Verletzung der Meta-Regeln gegen „koordiniertes irreführendes Verhalten“ (coordinated inauthentic behavior) erfolgt. Diese sollen sich gegen „koordinierte Bemühungen, die öffentliche Debatte für ein strategisches Ziel zu manipulieren“ richten, sind jedoch nicht genauer definiert. In seinen „Richtliniendetails“ nennt Facebook vor allem Fake-Profile, aber auch die Verwendung von „Seiten, Gruppen oder Veranstaltungen“, mit denen Nutzer getäuscht würden.

Agranovich bezeichnet sich auf seiner Website als „Spezialist für offensive Spionageabwehr, der als Experte für russische Außenpolitik und Geheimdienstangelegenheiten für die US-Regierung gearbeitet hat“. Konkret war er als nachrichtendienstlicher Leiter im „Nationalen Sicherheitsrat der USA“ (United States National Security Council) tätig.

Die US-Tageszeitung „New York Post“ berichtete im Dezember 2022, der Anteil an Ex-CIA-Geheimdienstlern sei bei Meta „besonders ausgeprägt“. Mindestens neun ehemalige CIA-Agenten und sechs ehemalige Geheimdienstmitarbeiter anderer Bundesbehörden seien dort aktuell beschäftigt oder waren es.

So ist etwa Metas oberster Manager für „Fehlinformationen“, Aaron Berman, ein ehemaliger leitender Analytiker der CIA, der 15 Jahre lang für die „Company“ arbeitete. Auf Twitter stellt er sich als „Misinfo @Meta, former @CIA“ vor. Scott Stern, Metas Senior Manager für „Vertrauens- und Sicherheitsrisiko-Intelligenz“, war mehr als sieben Jahre beim FBI und hat laut seiner LinkedIn-Seite „hochriskante operative Entscheidungen für komplexe und mehrdeutige Übersee-Terrorismus-Operationen“ getroffen. Er kam 2020 zum Konzern, um bei der Entwicklung von Algorithmen zur Bekämpfung von „Fehlinformationen“ mitzuarbeiten.

Kubas Regierung warf Meta am Freitag vor, mit „doppelten Standards“ zu arbeiten, indem Regierungskonten „zensiert“, gleichzeitig aber „gegen die Insel gerichtete Desinformations- und Destabilisierungskampagnen“ geduldet würden, erklärte Außenminister Bruno Rodríguez in einem Statement auf Twitter. Statt kubanische Accounts zu löschen, solle die Firma „ihr eigenes irreführendes und parteiisches Verhalten erklären, da sie es zulässt, dass von Florida aus verunglimpfende, stigmatisierende und hasserfüllte Kampagnen gegen unser Land geführt werden.“

Die Kubanerinnen und Kubaner würden trotz der Versuche, die Stimme des Landes zu „zensieren“ und „die Wahrheit unsichtbar zu machen“, weiterhin „unsere Revolution und unser sozialistisches System der sozialen Gerechtigkeit verteidigen, auch in der digitalen Arena, angesichts von Schikanen und destabilisierenden Maßnahmen“, so Rodríguez weiter.

Staatspräsident Miguel Díaz-Canel äußerte Ablehnung „gegenüber der neuen Heuchelei und Komplizenschaft dieser Unternehmen mit einer bekannten Geschichte von Desinformations- und Destabilisierungsoperationen auf digitalen Plattformen gegen Kuba“.

In Bolivien forderte die Ministerin des Präsidialamtes, María Nela Prada, „Transparenz und Klarheit“ von Seiten des Meta-Konzerns. Entscheidungen von dieser Tragweite hätten „zumindest mit unserer demokratisch gewählten Regierung beraten werden müssen“, so Prada. Es sei „mysteriös“, dass solche Entscheidungen ausgerechnet gegen zwei linksgerichtete Regierungen getroffen worden seien. „Mysteriös sage ich, weil man sich wirklich fragen muss, nach welchen Kriterien man zu solchen Schlussfolgerungen und solchen Berichten kommt“, so Prada. (Amerika21)

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Ein Gedanke zu “Meta-Konzern schließt hunderte Accounts in Kuba und Bolivien

  1. „Razones de Cuba“ als Rechercheverband zu bezeichnen ist schon eine sehr gewagte Aussage. Diese Plattform zeichnet sich vor allem dadurch aus unabhängige JournalistInnen und Oppositionelle auf brutale Art zu diffamieren. Selbst kritische unpolitische BürgerInnen kommen ins Visier dieser Hetzer. Die Fake News sind schon wieder fast unterhaltsam. Das Meta dieses Account nicht früher geschlossen hat ist verwunderlich. Eher lustig ist, dass Bruno neuerdings Pressefreiheit anmahnt…. Für interessierte LeserInnen: http://razonesdecuba.cu

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