In Kuba ist es am Sonntag zu Straßenprotesten gekommen. In Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt des Landes, versammelten sich augenscheinlich mehrere hundert Menschen. Laut Videos, die in den sozialen Medien zirkulieren, wurden Parolen wie „Strom und Essen“ (Comida y corriente) gerufen. Teile der Protestierenden skandierten auch die Parole „Patria y Vida“ (Vaterland und Leben), welche erstmals bei den landesweiten Protesten vom 11. Juli 2021 in Anlehnung an den revolutionären Slogan „Patria o Muerte“, Vaterland oder Tod, gerufen wurde.
Die Proteste fanden im Kontext von andauernden täglichen Stromsperren in Folge einer schweren Energiekrise statt (Cuba heute berichtete). Die Informationslage zur aktuellen Stromknappheit war in den vergangenen Wochen spärlich. Erst am Samstag gab Energieminister Vicente de la O Levy in den Abendnachrichten ausführlichere Informationen zur Situation der Stromversorgung bekannt, die sich dem Minister zu Folge nicht vor Anfang April mit neuen Treibstofflieferungen spürbar verbessern soll. Zudem gibt es immer wieder Verzögerungen bei der Grundversorgung über das staatliche Bezugsheft „Libreta“. Wie die örtlichen Behörden erklärten, gab es konkret in Santiago bei den Milchpulverrationen für Kinder und den Zuckerlieferungen Probleme, die jetzt umgehend gelöst würden. Lastwagen haben in Santiago am Sonntag Sonderrationen geliefert. Bereits Ende vergangener Woche ereigneten sich kleinere Protestaktionen in den Provinzen Holguín und Camagüey, die von Regierungsgegnern in den sozialen Netzwerken weiter angefeuert wurden.
Bei der Kundgebung entlang der zentralen Straße in Richtung der Festung Morro versuchte die Erste Parteisekretärin von Santiago, Beatriz Johnson Urrutia, wenig erfolgreich mit den Protestierenden in Dialog zu treten. Sie selbst hob anschließend die respektvolle Haltung der Einwohner von Santiago de Cuba hervor. Die hitzige Situation verlief friedlich, angerückte Sicherheitskräfte ließen die Protestierenden gewähren. Nach Einbruch der Dunkelheit soll es bei kleineren Protesten in Bayamo offenbar zu Festnahmen gekommen sein. Später am Abend ereigneten sich auch in der westkubanischen Stadt Cárdenas Proteste in Form von Topfschlagen. Auch in El Cobre, einem Vorort von Santiago, waren Menschen auf der Straße. Das Internet auf der Insel wurde zeitweise eingeschränkt. Der republikanische kubanoamerikanische Senator und ehemalige Bürgermeister von Miami, Carlos A. Giménez, forderte die Biden-Administration auf dem Kurznachrichtendienst X dazu auf, „sofort“ Satelliteninternet auf Kuba zu Verfügung zu stellen.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel äußerte sich noch am Sonntag auf X zu den Ereignissen. „Mehrere Personen“ hätten ihre Unzufriedenheit mit der Strom- und Lebensmittelversorgung zum Ausdruck gebracht, erklärte der Präsident. „Dieser Kontext wird von den Feinden der Revolution für destabilisierende Zwecke ausgenutzt“, sagte Díaz-Canel, der die Vereinigten Staaten beschuldigte, durch „Terroristen“ gezielt Unruhen zu schüren. Partei, Staat und Regierung seien bereit „stets in einer Atmosphäre der Ruhe auf die Forderungen unseres Volkes einzugehen, zuzuhören, einen Dialog zu führen und die zahlreichen Schritte zu erläutern, die zur Verbesserung der Situation unternommen werden“, so Díaz-Canel. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez schrieb in der Nacht zum Montag auf X, dass „die direkte und grausame Verantwortung der USA für die schwierige wirtschaftliche Situation des Landes“ bekannt sei und forderte die US-Botschaft in Havanna auf, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen.
Am Montag ließ Kubas Vizeaußenminister Carlos Fernández de Cossio den Geschäftsträger der US-Botschaft in Havanna, Benjamin Ziff, ins Außenministerium einbestellen. „Hätte die Regierung der Vereinigten Staaten auch nur die geringste und ehrliche Sorge um das Wohlergehen der kubanischen Bevölkerung, würde sie Kuba von der willkürlichen Liste der Staaten streichen, die angeblich den Terrorismus unterstützen“, erklärte das kubanische Außenministerium anschließend in einer diplomatischen Note. Das US-Außenministerium bezeichnete den Vorwurf, die US-Regierung würde gewalttätige Aktionen gegen die kubanische Regierung unterstützen als „absurd“.
Die Proteste waren die größten in Kuba seit 2021. Zuletzt ereigneten sich vergangenen Mai in der ostkubanischen Kleinstadt Caimanera in Folge von Strom- und Versorgungsengpässen größere Straßenproteste.
Was muss noch passieren? Ich habe erlebt, wie es ist täglich 10-16 Stunden ohne Strom zu sein. Nicht nur Klimageräte und Ventilatoren fallen aus bei 35 Grad, auch der Kühlschrank taut ab und Nahrungsmittel, die es sowie kaum gibt, verderben. Kinder können nicht schlafen, wegen der Hitze. Warum ist ein Land in dem fast 365 Tage im Jahr die Sonne scheint, auf Diesel zur Stromerzeugung angewiesen? Es kommt auch vor, dass die Wasserversorgung ausfällt. Versucht mal ohne Wasser, welches hier auch als Trinkwasser verwendet wird, zu überleben. (Dusche, Toilette, Putzen, Hygiene) Die Grundversorgung über das staatliche Bezugsheft „Libreta“ reicht weder zum Leben und zum Sterben ist es zu viel. Wie soll ein Haushalt ( beispielhaft) mit 200 Gramm Bohnen, 200 Gramm Reis, 1x 500 Gramm Hühnchen, 400 ml Öl, 5 Eier, 1x Zahnpasta und 1x Seife im Monat überleben? Die Kubaner sind echte Überlebenskünstler. Gut dran sind Menschen die eigene Hühner, Obstbäume oder ähnliches haben. Dann können sie diese am Straßenrand verkaufen oder tauschen gegen andere Lebensmittel. Es gibt keine Perspektiven, wenig Jobs, keine Industrie, keine wirkliche Landwirtschaft. Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle überhaupt. Überleben geht nur mit Freunden und Verwandten im Ausland, die Geld senden. Wie lange hält dieses System? Es macht mich unendlich traurig zu sehen, wie die Zustände immer schlimmer werden.
Wer reklamiert weil der Strom ausbleibt kommt in den Bau. Bis zu 15 Jahre Gefängnis erhielten die Nuevitas-Demonstranten.
Die Verbrechen die ihnen diese brutale Diktatur vorwarf waren Volksverhetzung, Feindpropaganda und Handlungen gegen die Staatssicherheit….