Am Sonntag ist auf Kuba ein neues Parlament gewählt worden. Die alle fünf Jahre stattfindende Wahl der Nationalversammlung (Asamblea Nacional del Poder Popular) gilt inmitten der aktuellen Wirtschaftskrise als wichtiger Stimmungstest für die Regierung. Nach ihrer Konstituierung am 19. April kommt Kubas oberstem gesetzgebendem Gremium die Wahl des Präsidenten zu.
Laut dem vorläufigen Endergebnis, das am Montagmorgen von der nationalen Wahlkommission CEN bekanntgegeben wurde, beteiligten sich 75,9 Prozent der 8,12 Millionen Wahlberechtigten an der Abstimmung. Gegenüber der vergangenen Parlamentswahl 2018 ging die Wahlbeteiligung damit um knapp sieben Prozent zurück, lag jedoch deutlich über der historisch niedrigen Beteiligung von 68,5 Prozent bei den Kommunalwahlen im vergangenen November. Bis 2008 waren in Kuba Wahlbeteiligungen von 90 Prozent und mehr die Regel. Eine massive Wahlenthaltung, wie von einigen Beobachtern erwartet worden war, fand jedoch nicht statt.
Zur Wahl standen 470 Kandidaten, die sich auf die gleiche Anzahl an Listenplätzen bewarben. Alle Kandidaten erhielten die notwendige Mehrheit von 50 Prozent der gültigen Stimmen. 114 von ihnen wurden auf nationaler Ebene durch die Wahlkommission und gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften und Berufsverbände aufgestellt, 135 entstammen der Provinzebene. 221, knapp die Hälfte, wurden im Rahmen von Nachbarschaftsversammlungen auf der Basisebene nominiert.
64 Prozent der Parlamentssitze werden neu besetzt. 20 Prozent der Delegierten arbeiten im Bildungs- oder Gesundheitswesen. Der Frauenanteil beträgt 55,3 Prozent, womit Kuba nach Ruanda weiterhin über das weiblichste Parlament der Welt verfügen wird. Das Durchschnittsalter der Kandidaten ging von 49 auf 46 Jahre zurück. Unter den künftigen Abgeordneten finden sich bekannte Persönlichkeiten wie der Musiker Raúl Torres sowie Leiter von staatlichen Betrieben, Institutionen und Bildungseinrichtungen. Die Kandidaten der Basisebene sind in der Regel außerhalb ihrer Wahlkreise unbekannt. Präsident Miguel Díaz-Canel bezeichnete die Nominierten im Vorfeld der Wahl als „vielfältiges und umfassendes Portrait unseres Volkes“.
Die Kommunistische Partei (PCC) darf sich laut Gesetz nicht an der Kandidatenaufstellung beteiligen, die meisten Kandidaten sind jedoch Mitglieder der PCC, der laut Verfassung die „führende Rolle in Staat und Gesellschaft“ zukommt. Oppositionskandidaten, die in der Vergangenheit vereinzelt bei Kommunalwahlen aufgestellt worden sind, wurden nicht nominiert. Als wichtigste Auswahlkriterien für die Nominierung auf nationaler und Provinzebene gelten „Verdienste, moralische Autorität, Akzeptanz in der Bevölkerung sowie angemessenes gesellschaftliches Engagement“.
Wahlkämpfe sind im sozialistischen System Kubas nicht vorgesehen, um den Einfluss von Korruption und Geld in der Politik auszuklammern, so die offizielle Begründung. Stattdessen werden die Kurzbiographien der Nominierten im Vorfeld mehrere Monate lang öffentlich ausgehängt. Die Abgeordneten erhalten keine besondere Vergütung für ihre Tätigkeit und sind verpflichtet, sowohl vor den Wahlen als auch während der Legislatur regelmäßig mit ihren Wählern in Austausch zu treten und Rechenschaft abzulegen.
Wohl auch angesichts der zuletzt weiter zurückgegangenen Wahlbeteiligung fiel die Mobilisierung im Vorfeld der diesjährigen Parlamentswahl intensiver als üblich aus. Präsident Díaz-Canel besuchte seinen Wahlkreis in Villa Clara gleich mehrere Male, auch andere hochrangige Funktionäre suchten in ihren Wahlkreisen oft das Gespräch mit Bürgern und Delegierten.
Die Regierung warb im Vorfeld wie üblich für die Wahl aller Kandidaten (voto unido). Der langjährige Revolutionsführer Fidel Castro begründete diese Haltung in einer Rede vor der Nationalversammlung 1993 einst damit, dass auf diese Weise auch weniger bekannte Kandidaten die gleiche Chance erhielten und ein Zeichen der Geschlossenheit nach außen gesendet werde.
Bei der Wahl am Sonntag entfielen 72,1 Prozent der Stimmen auf alle Kandidaten, 7,9 Prozent weniger als bei den Parlamentswahlen 2018. Insgesamt folgten damit 49,4 Prozent der Wahlberechtigten dem Aufruf zum voto unido – ein historisches Tief bei einer nationalen Wahl in Kuba. Seit Einführung des Systems der Volksmacht (Poder Popular) im Jahr 1976 war eine Zustimmung von über 80 Prozent der Wählerschaft zur Einheitsliste die Regel.
27,9 Prozent der gültigen Stimmen wurden selektiv abgegeben, also für einen oder mehrere der Kandidaten. 6,2 Prozent der Stimmzettel sind ohne sichtbare Willensbekundung („blanco“) eingeworfen worden, 3,5 Prozent waren ungültig. Die Anzahl der gültigen Stimmen hat sich im Vergleich zu 2018 von 94,4 auf 90,3 Prozent leicht reduziert.
Oppositionsgruppen bezeichneten die Wahl in dem Einparteiensystem als „Farce“ und riefen dazu auf, der Abstimmung fernzubleiben. Oppositionelle Wahlbeobachtergruppen kritisierten unter anderem die Verlängerung der Abstimmungszeit um eine Stunde ohne Angabe von Gründen höherer Gewalt sowie die übliche Möglichkeit für kranke und ältere Personen, von zu Hause abzustimmen. Eine Briefwahl gibt es in Kuba nicht. Darüber hinaus sei einigen Aktivsten bei der öffentlichen Auszählung der Stimmzettel der Zutritt ins Wahlbüro verwehrt worden.
Laut Berichten kubanischer Medien verlief der Wahltag ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Anders als bei den Kommunalwahlen im vergangenen November fanden während der Parlamentswahl keine größeren Einschränkungen der sozialen Medien statt. Damals hatte der US-amerikanische Meta-Konzern die Seite der größten staatlichen Nachrichtenplattform „Cubadebate“ ohne Angabe von Gründen für den Wahltag gesperrt.
Nach der Konstituierung am 19. April wird die Nationalversammlung den 23-köpfigen Staatsrat und den Präsidenten wählen, anschließend ernennt sie den Premierminister auf Vorschlag des Präsidenten. Es gilt als wahrscheinlich, dass Díaz-Canel eine zweite Amtszeit anstreben wird. (Amerika21)
Es standen 470 so genannte „Kandidaten“, die von der CDR vorgeschlagen wurden, für genau 470 Abgeordnetenplätze „zur Wahl“. Na so ein Zufall aber auch. Auf dem Wahlzettel fanden sich keine Alternativen. Die PCC hat als einzige zugelassene Partei Zugriff auf alle Ressourcen des Staates auf allen Organisations-Ebenen und nutzt diese auch, um das Land und seine Menschen Affirmationshandlungen und Indoktrination ideologisch abzurichten und zu binden, sie gießt ihre eigenen von außen unumstößlichen Gesetze, während Abgeordnete nicht die Freiheit haben, sich außerhalb des PCC-Denk- und Organisationsraums als Interessengruppen zu organisieren und für ihre Ideen zu werben. Und so etwas nennen Vertreter Kubas Demokratie, ist das nicht putzig? Einfach nur Wahnsinn, erst recht, wenn man das Repressionsmoment in Kuba gegen Andersdenkende kennt!