Vier Monate nach der internationalen Handelsmesse von Havanna (FIHAV) befinden sich einige Projekte in der Umsetzung. Darunter auch in Bereichen, die lange Zeit für Investoren tabu waren. Wie das staaatliche Nachrichtenportal Cubadebate berichtet, sollen ab April die ersten Groß- und Einzelhandelszentren mit ausländischen Partnern eröffnen. Auch in anderen Bereichen sind neue Vorhaben zustande gekommen.
Die ersten Joint-Ventures im Handel
So wird das spanisch-kubanische Joint-Venture Gran Ferretero S.A kommenden Monat einen Baumarkt eröffnen. Die Firma hatte sich bereits vergangenen April konstituiert und wird unter anderem Baumaterialien und Eisenwaren in Großhandelsform verkaufen. Damit sollen vor allem die rund 7000 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Inputgütern versorgt werden, doch auch Staatsbetriebe dürften profitieren.
Der Großhändler Emi Foods L.L.C. und die argentinische Grupo Sur wollen in den kommenden Wochen Geschäfte für Lebensmittel, Textilien, Haushaltswaren und Hygieneartikel in Kuba aufbauen. Für September plant die italienische Firma Italsav die Eröffnung eines Einkaufszentrums in Havanna auf Basis eines Joint-Ventures, „wobei wir den Verkauf und das Personal dem kubanischen Staat überlassen, wir hingegen das Management und die Auswahl der Produkte vornehmen“, erklärte Italsav-Inhaber Berto Savina. Das Unternehmen fungiert bereits seit vielen Jahren als Lieferant für die staatliche Drogeriemarktkette „Agua y Jábon“ (deutsch: Wasser und Seife). Während der Hochphase der Pandemie erwies sich die Firma als zuverlässiger Lieferant von Lebensmitteln und Hygieneprodukten, zudem unterstüzte Italsav die Impfkamapgne des Landes mit einer Spende von Einwegspritzen. Hinter dem Unternehmen steht der italienische Geschäftsmann Mauro Fusano, dessen Maury’s-Märkte seit 40 Jahren im italienischen Einzelhandel etabliert sind.
Eine russische Firma plant die Eröffnung eines „Sonderkaufhauses“ für chemische Produkte und Haushaltsartikel. Diese sollen im Rahmen eines Joint-Ventures mit dem staatlichen Handelsriesen Cimex abgesetzt werden. Die Preise „sowohl für den Groß- als auch den Einzelhandel werden unabhängig durch die Firma bestimmt“, heißt es in der Ankündigung. Darüber hinaus soll ein neues Hotel errichtet werden, das sich speziell an russische Gäste richtet.
Sämtliche Verkäufe finden in Devisen statt, das Angebot soll viele stark nachgefragte Produkte umfassen. Vizehaußenhandelsministerin Ana Teresita González erklärte bei der Vorstellung der Reform vergangenen Herbst, dass bei Auslandsinvestitionen im Handel „langjährige Partner und Unternehmen aus befreundeten Ländern“ bevorzugt würden.
Wie Wirtschaftsminister Alejandro Gil betonte, sollen in der zweiten Jahreshälfte weitere Handels- und Importgesellschaften hinzukommen. Sie werden sich zunächst in den Immobilien staatlicher Supermärkte ansiedeln und deren Lagerhäuser anmieten. Mit der 2022 erfolgten Öffnung des Binnenhandels für ausländische Investoren will Kuba die Inflation über eine Ausweitung des Angebots bekämpfen. „Maßnahmen wie diese können dazu beitragen, unsere Industrie zu reaktivieren“, sagte Gil, der die zuständigen Stellen zur Geschwindigkeit bei der Erteilung neuer Genehmigungen mahnte.
Weitere Projekte im Transport & Logistikbereich
Neben dem Handel wurden zuletzt auch in den Bereichen Biotechnologie und Transport neue Kooperationen mit ausländischen Partnern bekannt gegeben. Eines der Projekte, über die derzeit verhandelt wird, ist ein Joint Venture über Management und Ausbau der internationalen Flughäfen Juan Gualberto Gómez in Varadero, Abel Santamaría in Santa Clara und Cayo Las Brujas. Für Havannas Flughafen José Martí wurden Abkommen in den Bereichen Catering und Gastronomie geschlossen. Darüber hinaus sind nicht näher spefizifierte Leasingverträge für Flugzeuge ausländischer Linien für den Inlandsflugbetrieb und Verträge über Fracht-, Gepäck- und Flugkraftstoffversicherungsdienste unterzeichnet worden.
Die staatliche Gemar-Unternehmensgruppe, die sich maritimer Logistik widmnet, hat Projekte für den Paket- und Postversand, über die Errichtung und den Betrieb eines Mehrzweck-Seeterminals in der Gegend um La Bajada (Pinar del Río) und ein drittes Joint Venture für die Verwaltung der Cabañas-Werft in der Sonderwirtschaftszone von Mariel (ZEDM) unterzeichnet.
Kubas Eisenbahn, die Unión de Ferrocarriles de Cuba (UFC), hat eine Absichtserklärung mit der chinesischen Beijing Fanglian Tech Co., Ltd. über den Erwerb von Ersatzteilen für chinesische Lokomotiven unterzeichnet. Ein anderer Vertrag mit einem unbekannten ausländischen Unternehmen hat die Installation von Solarpaneelen in den Bahnwerkstätten von Mariel zum Gegenstand.
Die staatliche Automobilgruppe GEA will ihrerseits mit dem südkoreanischen Hyundai-Konzern, der bereits seit vielen Jahren auf Kuba vertreten ist, neue Wartungs- und Servicekapazitäten aufbauen. Eine eigene Fabrik soll sich um die Herstellung von Ersatzteilen und Ausrüstungsgegenständen für die Autoindustrie kümmern.
Einen Dämpfer gab es für das Joint-Venture des mexikanischen Fleischherstellers Richmeat in der Sonderwirtschaftszone von Mariel: Offennbar musste die Produktion des beliebten Schweinehacks („picadillo“) aufgrund fehlender Finanzierung zeitweise eingestellt werden. Die kubanische Nachrichtenagentur ACN sprach von einer geplanten Wartungsaktion, inzwischen ist die Produktion wieder angelaufen. Seit Eröffnung im November 2019 hat das Unternehmen seine Produktion von 30 auf 160 Tonnen pro Monat ausweiten können, angepeilt waren 300 Tonnen.
Kuba plant jährlich zwischen 2,5 und 3 Milliarden an Zuflüssen ausländischer Investitionen zu gewinnen, bleibt aber bislang hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. Die wesentlichen Gründe sind neben Problemen wie der Mangel an Devisen und bürokratische Hemmnisse nicht zuletzt die geltenden US-Sanktionen, zu denen in den vergangenen Jahren neue hinzugekommen sind, die vor allem den Finanzsektor und ausländische Investitionen betreffen.
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Was auf einmal alles geht, wenn man innere Hürden und Blockaden abbaut (hoffentlich), da treten die Sanktionen plötzlich völlig in den Hintergrund.
Wie bereits im Artikel beschrieben: Dass man bisher keine Joint-Ventures im Handel wollte war eine politische Entscheidung. Hätte man schon vor 10 Jahren haben können, anstatt erstmal jahrelang vergeblich zu versuchen mit ohnehin knappen Mitteln staatliche Großmärkte aufzubauen, absolut. Das ändert aber nichts daran, dass ausländische Firmen aufgrund der Sanktionen trotzdem Probleme haben, Kredite zu bekommen, ihre Finanzströme mit westlichen Ländern abzuwickeln, dass die Opportunitäts- und Frachtkosten für Kuba höher sind, dass Banken und wichtige Lieferanten plötzlich abspringen nachdem eine US-Firma in den Mutterkonzern eingestiegen ist und nicht wenige potentielle Investitionspartner aufgrund des Minenfelds der US-Blockade von vornherein gar nicht erst investieren.
Die Sanktionen werden überhöht. Dass Unternehmen von US-Firmen übernommen werden, kommt nur gelegentlich vor, es gibt auch Alternativen. Und ja, manchmal müssen auch unkonventionelle Wege beschritten werden, die die Beschaffung erschweren. Man sollte abdr auch der affirmativen und sehr lauten, meist gebetsmühlenartig vorgetragenen und in der eigenen Echokammer stetig wiedergekäuten Propaganda nicht allzu sehr auf den Leim gehen. Eine echte Investitionssicherheit herzustellen, das ist eigentliche Problem. Das fängt mit dem Business-Modell an, das abseits des Tourismus bisher nur funktionierte, wenn internationale Träger oder der Staat direkt beauftragten und in Devisen bezahlten.
Stichwort Eigentum an Immobilien und Liegenschaften, Stichwort Währungsrisiken (Konvertierbarkeit), Stichwort Rechtsstaatlichkeit, Stichwort Behördensumpf.
Dass Firmen von US-Unternehmen gekauft werden ist nicht die Regel, kommt aber vor. Größtes Problem ist halt nach wie vor die Thematik der Finanzierung (Stichwort Terrorliste, Strafzahlungen an Banken, die mit Kuba Geschäfte machen) und die Unwägbarkeiten in Zusammenhang mit anderen Sanktionen (Helms-Burton, etc.). Nach sämtlichen Umfragen, die der „Cuba Standard“ in seiner Business-Survey seit Jahren erhebt, kommt jedenfalls immer wieder raus, dass die Sanktionen aus Sicht von Investoren ähnlich schwer wiegen wie die internen Hemmnisse. Ganz so leicht kann man es sich also nicht machen.
In der Tat sind das grösste Risiko die Amerikaner !°. Im Falle Kuba leisten sich die USA seit über 50 Jahren einen lächerlichen „Neidkampf“ gegen Kuba. Das die Kubaner seinerseits die Amis rausgeschmisen haben – war mehr als richtig – wenn man bedenkt, wieviel Grundstücke und Eigentum mit Mafia,- und Schmiergeld und kriminellen Methoden erworben wurden.
Hinzukommt der unsägliche Neid der Amerikaner. Überall in der Welt begehen Sie schwerstkriminelle Straftaten – natürlich immer unter irgendwelchen geschickt gestrickten Vorwänden bzw. Gesetzten, die notfalls auch selbst geschrieben oder schnell nachgeschoben werden. Allein die Tatsache, das die USA Banken mit massiven Strafzahlungen belegen – hat nichts mit Kuba zu tun, sondern in den USA stammen mittlerweile mit die höchsten Einnahmen aus Strafzahlungen aller Art. Jährlich müssen Banken, Industrie und viele andere Unternehmen Milliarden an Strafzahlungen leisten für angebliche Verfehlungen !. Neid ist in den USA eine der grössten Triebfedern … deswegen bleibt das mit Kuba schwierig !