Kubas Premierminister hat mehr Tempo bei den Wirtschaftsreformen gefordert. Im monatlichen Meeting mit den Provinzgouverneuren äußerte sich Premierminister Manuel Marrero kritisch zum Stand der Dinge und bemängelte unter anderem die anhaltende „Uneinheitlichkeit“ bei der Umsetzung des laufenden Reformprogramms. Man müsse „in eine viel dynamischere Phase eintreten, die deutlich schneller in der Umsetzung ist“, so der Regierungschef, der zugleich kritisierte, dass an vielen Stellen, wo wichtige Dinge unterlassen werden, eine „feste Hand“ fehle.
Bei dem Treffen wurde vor allem das im vergangenen Dezember begonnene „makroökonomische Stabilisierungsprogramm“ erörtert, dessen Kernelemente noch immer ihrer Umsetzung harren. Was ist bisher passiert?
Als erste Schritte wurden im Januar die Gehälter im Gesundheits- und Bildungssektor erhöht. Das Gehalt eines erfahrenen Facharztes in einem Krankenhaus stieg von rund 6500 Pesos (ca. 18 Euro) auf etwa 17.000 Pesos (ca. 47 Euro) pro Monat. Zeitgleich trat eine Zollreform in Kraft, mit der sich die Einfuhr von alkoholischen Getränken und Tabakwaren verteuert hat, während die Tarife für Rohstoffe und Zwischenprodukte gesenkt wurden. Die Umsatzsteuer von 10 Prozent, die bisher nur im staatlichen Einzelhandel erhoben wurde, wird seit 1. Januar für alle Unternehmen fällig. Als nächstes wurden am 1. März die Preise für Treibstoff an den Tankstellen erhöht und der parallele Verkauf von Treibstoff in US-Dollar eingeführt, um die Verfügbarkeit für Touristen und Gewerbe zu verbessern. Auch die Strompreise für Vielverbraucher zogen ab diesem Monat an. Am 12. April folgte eine Erhöhung der Zigarren- und Zigarettenpreise.
Die eigentlich zusammen mit den neuen Treibstoffpreisen geplante Erhöhung der staatlichen Ticketpreise für den Transportsektor steht bislang noch aus. Genau wie die zwei kompliziertesten und tiefgreifendsten Vorhaben des Programms. Diese umfassen zum einen eine Intervention in den Devisenmarkt, mit welcher der Wertverfall des Pesos gestoppt und der Zugang zu Devisen für private Wirtschaftsakteure verbessert werden soll. Zum anderen ist geplant, die Produkte des staatlichen Bezugshefts „Libreta“ künftig nur noch für vulnerable Gruppen stark vergünstigt abzugeben und neue Formen der zielgerichteten Unterstützung zu finden. Die Vorbereitungen für beide Maßnahmen laufen, wobei noch keine konkreten Details über die Umsetzung und den Zeitplan bekannt wurden.
Als weitere Prioritäten nannte Kubas stellvertretende Wirtschaftsministerin Mildrey Granadillo de la Torre: „die Nahrungsmittelproduktion, das strategische Management der territorialen Entwicklung, die Funktionsweise des sozialistischen Staatsunternehmens, die Neudimensionierung des haushaltsfinanzierten Sektors, die Aktualisierung des Entwurfs des Unternehmensgesetzes sowie die Vereinheitlichung der elektronischen Zahlungssysteme“.
Mit dem Unternehmensgesetz, dessen erster Entwurf im September entstanden ist, soll der staatliche Unternehmenssektor über eine stärkere Nutzung von Marktmechanismen und monetären Anreizen effizienter gemacht werden. Das Mikromanagement der Betriebe soll von einer indirekten Steuerung über ein neu zu schaffendes Institut für staatliche Vermögenswerte abgelöst werden. Die Verabschiedung des Gesetzes ist diesen Sommer geplant. Die zweite Säule des Staatssektors, in dem insgesamt rund zwei Drittel der kubanischen Erwerbstätigen beschäftigt sind, ist der haushaltsfinanzierte Sektor. Dieser umfasst Bereiche wie Bildung, Gesundheit, öffentliche Verwaltung, kommunale Dienste und anderes, was nicht direkt im produktiven Bereich angesiedelt ist. Im Rahmen der „Neudimensionierung“ soll die anhaltende Überbeschäftigung in diesem Bereich abgebaut werden. Ursprünglich wurde bereits ab 2011 mit der Entlassung von rund 800.000 Angestellten aus dem Staatsdienst begonnen, diese wurde allerdings nicht vollständig umgesetzt.
„Wir sind dabei, den Aktionsplan inhaltlich, strukturell und programmatisch zu aktualisieren“, erklärte de la Torre.