29. April 2024

KMU wachsen weiter: Kuba zählt knapp 11.000 kleine und mittlere Unternehmen

Die Energie- und Versorgungskrise hält Kubas Wirtschaft in Schach. Die Lieferung von 90.000 Tonnen Rohöl durch Russland Ende März hat die Lage zwar etwas entspannt und die Stromversorgung stabilisiert. Premierminister Manuel Marrero gab jedoch zu bedenken, dass die Mengen weiterhin nicht ausreichen werden, um „die gesamte Wirtschaft hochzufahren“. Einsparmaßnahmen wie die Stillegung von energieintensiven Betrieben werden die kubanische Ökonomie auf absehbare Zeit weiter hemmen. Hinzu kommen anhaltende US-Sanktionen und ein Tourismussektor, der sich nur mühsam wieder aus dem Tief der Pandemie hervorkämpft.

Zuletzt gab es jedoch auch gute Neuigkeiten zu vermelden: Trotz der extrem schwierigen Rahmenbedingungen wächst der im September 2021 eingeführte Sektor der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auf Kuba weiter. Auch unter dem neuen Wirtschaftsminister Joaquín Alonso Vázquez reißt die Genehmigungswelle nicht ab. Am 3. April gab das Wirtschafts- und Planungsministerium (MEP) grünes Licht für die Gründung von 131 neuen Betrieben, von denen 123 im Privatsektor angesiedelt und sieben staatlich sind. Die Gesamtzahl der genehmigten KMU stieg damit auf 10.994. Seit Mai 2023 ist die Zahl der KMU um 42 Prozent gewachsen. Damals wurden noch 7714 KMU gezählt, bis Dezember waren es 9747.

Der größte Teil der neuen Betriebe ist im Bereich Gastronomie, Baugewerbe sowie bei den Transport- und Reparaturdienstleistungen angesiedelt. Einige werden sich der Herstellung von Lebensmitteln und Konserven widmen. Unter den staatlichen KMU befinden sich unter anderem eine Außenhandelsfirma sowie zwei Landwirtschaftsbetriebe, die Schweinezucht und Süßwasseraquakultur betreiben.

Mit dem Anwachsen der KMU verändert sich auf Kuba allenthalben das Straßenbild. Leerstehende Lagerhäuser und stillgelegte Anlagen werden an den Privatsektor verpachtet, neue Geschäfte entstehen. Kleinere Staatsunternehmen sollen durch die größere Eigenständigkeit profitieren, was beispielsweise in der Gastronomie von Havanna bereits erste Früchte trägt. Das Angebot der staatlichen Gaststätten ist nach der Umwandlung in die neue Rechtsform zumeist deutlich besser geworden. Auch, weil durch die Möglichkeit von gewerblichen Importen inzwischen viele Dinge gut erhältlich sind, die auf Kuba stets Mangelware waren. Die Preise sind allerdings für große Teile der Bevölkerung unerschwinglich hoch.

Auch das Straßenbild wandelt sich durch den Sektor zunehmend. Als eine der wenigen Ausnahmen der US-Wirtschaftssaktionen besteht seit 2022 die Möglichkeit des Imports von Fahrzeugen aus den USA durch Privatbetriebe. 2023 wurden laut Angaben des U.S.-Cuba Trade and Economic Council Fahrzeuge (darunter auch Nutzfahrzeuge wie LKW) im Wert von 10 Millionen US-Dollar eingeführt. Allein diesen Februar lagen die Fahrzeugeinfuhren aus den USA bei vier Millionen US-Dollar, also knapp der Hälfte des Jahreswerts von 2023. Zu erkennen sind gewerbliche Fahrzeuge des KMU-Sektors an einem „M“ am Anfang des Nummernschilds.

Trotz der Unterstützung aus dem Ministerium steht der Privatsektor jedoch von mehreren Seiten unter Beschuss. Reformgegner sehen in den KMU eine Restauration des Kapitalismus und machen sie für die hohe Inflation mitverantwortlich, während Teile der Exilgemeinde und republikanische US-Kongressabgeordnete die Betriebe für ihre angeblichen Verbindungen zur kubanischen Regierung angreifen und dafür werben, auch für den Privatsektor keinerlei Ausnahmen bei den Sanktionen zu machen bzw. die bestehenden zurückzunehmen. Angekündigte Reformen der Rahmenbedingungen, mit denen der legale Zugang zu Devisen für KMU erleichtert werden sollen, lassen bislang ebenso auf sich warten wie Handelserleichterungen durch die Biden-Regierung.

Update (10.04.): Am Mittwoch hat das Wirtschaftsministerium weitere 62 KMU bestätigt, womit die Gesamtzahl jetzt bei 11.056 liegt.

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