Wie Vertreter des staatlichen Bankenwesens vergangene Woche bekannt gaben, werden Selbstständige, KMU und Kooperativen auf Kuba über die „Resolution 286“ ab dem 15. Dezember erstmals Zugang zu Krediten in Devisenwährung erhalten. Mit der „Financiera de Microcréditos S.A“ wurde dafür eigens ein neuer Finanzdienstleister ins Leben gerufen, der speziell für den Privatsektor zuständig ist. Weitere Neuerungen im Finanzwesen umfassen unter anderem die Einführung neuer Anlageprodukte für Privatkunden sowie Bargeldabhebungen im Einzelhandel.
Die Mikrokredite sollen die Eingliederung des neu aufgestellten Privatsektors erleichtern und weitere Stimuli für die wirtschaftlichen Erholung liefern. Es handle sich um „eine sehr kubanische Art von Mikrokrediten, welche anders als in der internationalen Praxis üblich nicht auf Subsistenzeinkommen zielen, sondern die neuen Betriebe mit maximalem volkswirtschaftlichen Nutzen voranbringen sollen“, erklärte die Leiterin der neuen Bank, Ayamis Losada García. Was bedeutet das in der Praxis?
Die minimale Kreditsumme beträgt 100.000 Pesos (ca. 3700€) oder 500 US-Dollar. Nach oben gibt es prinzipiell keine Begrenzung. Kredite in Dollar erhalten jedoch nur Exporteure, sowie Firmen, die Produkte in die Sonderwirtschaftszone Mariel oder in staatlichen Devisengeschäfte verkaufen. Für die Bewilligung werden „die Charakteristiken jedes einzelnen Projekts“ geprüft, es gibt keine festgeschriebene Zweckbindung z.B. allein für Investitionen oder laufende Kosten. Der Jahreszins beträgt bis zu 6,5 Prozent. Fremdwährungskredite müssen innerhalb von 120 Tagen beglichen werden, bei Pesos „wird die Laufzeit Verhandlungssache sein“, so Losada García. Nach Bewilligung soll der Kredit innerhalb von 10 Tagen überwiesen werden.
Weitere Neuerungen im Überblick:
- Kredite für die Landwirtschaft: Seit Beginn der Landwirtschaftsreform im Mai wurden Agrarkredite in Höhe von 735 Millionen Pesos (ca. 26 Mio. €) an 287 Produzenten ausgegeben. Der durchschnittliche Zinssatz liegt bei 5 Prozent. Anfang September nahm mit der „Banca de Fomento Agrícola“ eine nationale Agrarentwicklungsbank den Betrieb auf, welche im Rahmen der 63 Reformmaßnahmen neben Krediten auch neue Versicherungen für den Sektor anbietet. Von den Darlehen sollen in erster Linie Reis-, Obst- und Gemüseproduzenten sowie Viehzüchter profitieren.
- Banken erneuern ihr Portfolio: Kubas „Banco Popular de Ahorro“ führt neue Optionen für Festgeldanlagen in Pesos ein. Ein Angebot, das für Personen im mittleren Lebensalter entworfen wurde, bietet eine feste Verzinsung von 7 Prozent bei einer Laufzeit von 10 Jahren. Darüber hinaus sind Anlagen für ein Jahr möglich, die mit 4 Prozent verzinst werden. Guthaben auf Girokonten wird mit 0,5 Prozent pro Jahr verzinst. Der Mindestanlagebetrag für die Kleinsparer-Angebote liegt bei 100 bzw. 200 Pesos (ca. 3,7 bzw. 7,4 €). Es kann damit gerechnet werden, dass andere Banken vergleichbare Angebote liefern werden. Zuletzt wurden am 4. November neue Konsumkredite (ab 5000 Pesos, ca. 185 €) eingeführt. Demnächst sollen Darlehen für den Erwerb von Solarpaneelen hinzukommen, über deren Modalitäten ist bislang allerdings noch nichts bekannt.
- Bargeldlose Bezahlung: Seit 2020 hat die Nutzung von Magnetkarten und Handy-Apps auf der Insel massiv zugenommen: wurden 2019 noch 89 Prozent aller Banktransaktionen mit Bargeld abgewickelt, sank dieser Anteil zunächst auf 70 Prozent 2020 und dann auf 44 Prozent im aktuellen Jahr. Damit wird inzwischen die Mehrzahl aller Bankgeschäfte ohne Münzen und Scheine durchgeführt. Den Prozess beschleunigt haben die 2019 eingeführten Devisenläden mit obligatorischer Kartenzahlung sowie die Verbreitung von Homebanking und Handyübertragungen über Apps wie „Transfermóvil“ und „EnZona“. Die Anzahl der ausgegebenen Magnetkarten ist von 8,9 Millionen im Jahr 2020 auf 11,2 Millionen gewachsen.
- Ein Problem ist der weiterhin schlechte Zustand der Bezahlinfrastruktur in vielen Geschäften: Das Portal „Cubadebate“ berichtete jüngst unter dem Titel „Autorización denegada“ – „Zahlung verweigert“, über die häufigen (Verbindungs-)Probleme bei der Nutzung von Magnetkarten auf Kuba. Vielen Touristen dürfte der Bildschirmtext genauso wie die nicht weniger verbreitete Ansage „No hay connexion“ (keine Verbindung) bekannt vorkommen. „Manchmal geht eine halbe Stunde lang nichts, dann bildet sich eine Menschentraube“, schildert eine Kundin. Nicht selten entlade sich dann der Zorn dann an den Kassiererinnen und Kassierern. Wie ein Vertreter des Finanzdienstleisters FINCIMEX erklärte, habe der sprunghafte Anstieg der Kartenzahlungen in diesem Jahr die Systeme überfordert, geplante Updates hätten sich durch den Lockdown verzögert. Auch die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit der Technik seien bislang nur mangelhaft erfolgt, wobei die Vielzahl der eingesetzten Lesegeräte für zusätzliche Schwierigkeiten sorge. Einige ältere Geräte würden gehäuft Probleme bereiten. Derzeit werden auf Kuba 14.000 Kartenterminals („POS“) betrieben, 3000 mehr als noch 2020. Jetzt soll ein großes Hardwareupgrade Abhilfe schaffen: 10.000 neue Terminals sind bestellt, von denen in den nächsten Monaten die ersten 4.000 installiert werden sollen.
- Auch das Geldautomatennetz auf Kuba benötigt Investitionen: So decken die 1447 ATMs (davon 527 in Havanna) aktuell nur 55 von 168 Gemeinden ab. Ein Viertel von Havannas Bankomaten ist ständig defekt, 76 weitere bereiten täglich Probleme. Wie Bankvertreter erklärten, stünden für den Ausbau derzeit keine Mittel zu Verfügung, es werde versucht die Wartung der vorhanden Maschinen im Rahmen der Möglichkeiten zu verbessern. Als Alternative sollen Bargeldabhebungen an der Ladenkasse („Caja extra“) die Lage lindern. Derzeit bieten 83 Supermärkte in Havanna die neue Dienstleistung an, welche im nächsten Jahr landesweit ausgerollt und auf weitere Geschäftstypen erweitert werden soll.
Gut zu wissen, dass Fremdwährungskredite innerhalb 120 Tage beglichen werden müssen. Ich denke aber mal auch, dass es bei größeren Krediten anders aussieht. Es scheint ja auch eine beliebte Methode zu sein, um Immobilien zu finanzieren.